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Die Kurtisane des Teufels

Die Kurtisane des Teufels

Titel: Die Kurtisane des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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es?«
    »Leider ist Will nur ein mittelloser Schuhmachergeselle. Ich lernte ihn vor einem Monat im ›Tom Kings‹ kennen. Er ist so charmant und zuvorkommend und behandelt mich wie eine Prinzessin.«
    »Hast du etwa …?«, fragte Kitty bestürzt.
    »Nicht gleich bei unserer ersten Begegnung. Aber als ich ihn wiedersah, wurde mir klar, dass er ungekannte Gefühle in mir geweckt hatte. Es war das erste Mal, dass ich mich in die Arme eines Mannes gegeben habe, der jung und schön ist und den ich wirklich begehre. Du weißt, wie das ist. Du hast es selbst erlebt. Ich habe meinen eigenen Körper nicht wiedererkannt. Meine Haut stand in Flammen, und die Wollust, die er in mir weckte, war wie ein Rausch, der nicht vergehen wollte.«
    Gespannt lauschte Kitty den Worten ihrer Freundin. Ein schmerzhafter Knoten bildete sich in ihrem Bauch, als die Erinnerung an die glückliche Zeit mit Daniel aus ihrem Herzen aufstieg. Tränen trübten ihren Blick.
    »Es tut mir leid«, sagte Polly schuldbewusst. »Ich wollte dich nicht traurig machen.«
    »Es ist nicht deine Schuld«, murmelte Kitty. »Ich dachte, ich wäre längst über den Schuft hinweg. Wenn ihm etwas an mir oder unserer Tochter liegen würde, hätte er in all den Jahren sicherlich einen Weg gefunden, uns eine Nachricht zukommen zu lassen.«
    »Ich denke immer noch, dass ihm etwas zugestoßen ist«, widersprach Polly. »Wie hätte er sonst so spurlos verschwinden können?«
    Kittys Herz krampfte sich zusammen. »Du meinst, Daniel könnte tot sein und irgendwo in einem namenlosen Grab liegen? Diese Vorstellung ist noch schrecklicher als die Vermutung, dass er mich verlassen hat.« Kitty schüttelte den Kopf, um den erschütternden Gedanken zu vertreiben, und wechselte das Thema. »Wirst du Will wiedersehen?«
    Polly drückte ihren Arm. »Ich muss einfach!«
    »Du wirst doch vorsichtig sein und nicht den Kopf verlieren, ja? Wenn Mutter Grimshaw herausfindet, dass du einen Liebhaber hast, bekommst du Ärger!«
    »Ich passe schon auf, dass uns niemand zusammen sieht«, versprach Polly.
    »Mr. Carter ist da«, verkündete Jane, die seit Marys Entlassung im Putzmacherladen die Kunden bediente und die Freier empfing.
    Kitty warf einen Blick auf ihre goldene Taschenuhr, die Polly ihr vor einigen Monaten zum Geburtstag geschenkt hatte.
    »Wie stets ist er pünktlich auf die Minute«, bemerkte sie amüsiert. »Sag Meggie, sie soll den Waschzuber, Seife, einen Kessel heißes Wasser und die schmutzige Wäsche bringen.«
    Den eintretenden Kaufmann begrüßte Kitty mit strenger Miene. »Ich habe heute viel zu tun für Euch, Sir. Ihr solltet Euch gleich an die Arbeit machen.«
    »Ja, Madam«, antwortete der feingekleidete Mann im demütigen Ton eines gehorsamen Dienstboten.
    Als Meggie die Waschutensilien in dem dafür vorgesehenen Gemach zurechtgelegt hatte, zog Carter seinen Rock aus, krempelte die Ärmel über die Ellbogen hoch und schlüpfte in die schmutzige Schürze der Magd. Unter Kittys scharfem Blick nahm er sodann ein Hemd von dem Haufen Wäsche, der sich vor ihm türmte, tauchte es in die Seifenlauge und bearbeitete die darauf befindlichen Flecken, indem er das Kleidungsstück energisch über das Waschbrett rubbelte. Den Hemden folgten Strümpfe, Unterröcke, Tischtücher und Bettlaken. Immer wieder tadelte Kitty ihn, wenn er einen Fleck übersehen hatte, und trieb ihn zu größerer Anstrengung an. Bald trat dem Kaufmann der Schweiß auf die Stirn, und sein Gesicht rötete sich. Er hielt erst inne, als er jedes Wäschestück vom Schmutz befreit und in einem Korb aufgehäuft hatte. Danach zog er die Schürze aus, schlüpfte wieder in seinen feinen Tuchrock und übergab Kitty zehn Guineen, bevor er sich mit einer Verbeugung von ihr verabschiedete und das Gemach verließ. Er kam jeden Samstagnachmittag und war nicht nur bei Kitty und Mutter Grimshaw ein gerngesehener Gast, sondern auch bei der Magd, die die Wäsche nur noch zum Trocknen aufhängen musste, was ihr viel Arbeit ersparte.
    Carter war nicht Kittys einziger Freier mit absonderlichen Vorlieben. Ein griechischer Arzt besuchte sie regelmäßig, um ihr mit Hingabe die Füße zu waschen. Ein Abgeordneter des Unterhauses kroch stets unter den Tisch und ließ sich Knochen zuwerfen, die er dann abnagte wie ein Hund, bevor Kitty ihn bis aufs Blut auspeitschen musste.
    Meggie war gerade dabei, Zuber und Wäsche wegzuräumen, als Polly den Kopf zur Tür hereinsteckte.
    »Hast du Zeit?«, fragte sie Kitty.
    »Natürlich. Mr.

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