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Die Kurtisane des Teufels

Die Kurtisane des Teufels

Titel: Die Kurtisane des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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das ihr französischer Koch gerade zubereitete. Dennoch nahm sie sich die Zeit, in die Kinderstube im obersten Stock hinaufzusteigen, in dem Helen unter der Aufsicht einer Gouvernante untergebracht war. Ihr eigenes Schlafgemach, das sie mit Sam teilte, lag gleich nebenan.
    Helen lief ihr mit strahlender Miene entgegen und umarmte ihre Mutter herzlich. Mit ihren vier Jahren war sie lebhaft und aufgeweckt und selbst von der erfahrenen Kinderfrau kaum noch zu bändigen.
    Als der Gong erschallte, der zum Mittagsmahl rief, fiel es Kitty schwer, sich von ihrer Tochter zu trennen, die ihr unermüdlich von den Geschichten berichtete, die Mistress Bell ihr zur Unterhaltung erzählte.
    Vor der Tür zur Kinderstube traf Kitty auf Sam.
    »Dies ist wirklich kein geeigneter Ort, um ein Kind aufzuziehen«, sagte sie nachdenklich. »Es wird Zeit, dass wir umziehen. Ich habe bereits mit Mr. Robinson gesprochen. Das Geschäft wirft genug Gewinn ab, dass wir es wagen können, uns in einer feinen Gegend ein Haus zu bauen.«
    »Das ist allein deine Entscheidung«, erwiderte Sam zurückhaltend.
    Kitty wusste, dass er recht hatte, denn das Geschäft gehörte ihr. Doch sie wünschte sich, dass er größeren Anteil daran nehmen würde. Ohne seine Hilfe hätte sie ihr Edelbordell nicht aufbauen können. Sie dachte an Jonnys Bemerkung über die Gültigkeit ihrer Ehe mit Daniel. Vielleicht sollte sie Robinson darum bitten, im Fleet-Bezirk Nachforschungen anzustellen, ob es tatsächlich einen Eintrag über ihre Heirat gab. Falls nicht, stand ihrer Hochzeit mit Sam nichts im Wege. Es wäre die beste Lösung für sie.
    Gegen Abend trafen die ersten »Gäste« ein, die von Kitty persönlich im Salon empfangen wurden. Edler französischer Wein und Sherry wurden gereicht, und im Hintergrund spielte eine Gruppe von Musikanten auf Spinett, Violine und Querflöte. Einige der Besucher ließen sich vor dem Essen an den eleganten Kartentischen nieder. Bald herrschte eine ausgelassene Stimmung. Besuchte ein Freier Kittys Haus zum ersten Mal, erhielt er so genug Zeit, ihre »Nonnen« kennenzulernen und in Ruhe seine Wahl zu treffen. Wenn er sich entschieden hatte, bot er der Auserwählten ein Taschentuch an, und wenn sie es akzeptierte, konnte er für den Rest der Nacht ihre Gesellschaft genießen.
    Am folgenden Morgen legte Kitty den Freiern dann eine umfangreiche Rechnung für die genossenen Annehmlichkeiten vor, die sowohl die Dienste ihrer Mädchen als auch die Verköstigung, die dargebotene Musik und die aufgehäuften Spielschulden mit einschloss. Nur Männer mit einem ansehnlichen Vermögen konnten sich einen Abend in Kittys Etablissement leisten.
    Gleich am nächsten Tag bat Kitty den jungen Advokaten Stephen Robinson zu sich, der seit ihrem Prozess des Öfteren rechtliche Angelegenheiten für sie erledigte, um mit ihm über ihre Pläne zum Bau eines Hauses zu sprechen. Robinson stimmte ihr zu, dass dies der beste Weg war, ein Vermögen anzulegen. Eine Immobilie war auch weitaus sicherer als Wertpapiere, wie der katastrophale Verfall der Aktien der South Sea Company vor vier Jahren gezeigt hatte.
    Eigentlich hatte Kitty den Advokaten bitten wollen, Nachforschungen über die Gültigkeit ihrer Ehe mit Daniel anzustellen, doch im letzten Moment brachte sie es doch nicht über sich. Sie wusste selbst nicht, weshalb es ihr noch immer schwerfiel, die endgültige Trennung von einem Mann zu vollziehen, der inzwischen nur noch ein Phantom für sie war.
    Die folgenden Monate verbrachte Kitty damit, in Stephen Robinsons Begleitung Grundstücke zu besichtigen, die sich zur Bebauung eigneten. Sie brauchte nicht lange, um sich zu entscheiden. Schließlich wählte sie ein großes Stück Land an der Chalk Farm, der Landstraße nach Hampstead, und beschloss nach sorgfältiger Überlegung, dort vier Reihenhäuser und eine frei stehende Villa bauen zu lassen. In die Villa wollte sie mit Sam und ihrer Tochter ziehen, die Reihenhäuser würde sie vermieten.

37
    Zufrieden begutachtete Kitty die Baustelle. Es war Mitte Oktober. Die vier Reihenhäuser waren im Rohbau fast fertiggestellt und konnten bald eingerichtet werden. Sobald sie Gewinn abwarfen, würde der Bau der Villa beginnen. Wenn alles gutging, würde sie im Laufe des nächsten Jahres endlich mit ihrer Familie einziehen können.
    Während der gesamten Bauzeit war Kitty regelmäßig zur Chalk Farm gefahren und hatte nach dem Rechten gesehen. Zwar hatte sie einen guten Architekten verpflichtet, doch nach ihren

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