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Die Kurtisane des Teufels

Die Kurtisane des Teufels

Titel: Die Kurtisane des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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von Covent Garden gebummelt war. Der Verkehr zwang Brooks, ihren Kutscher, langsamer zu fahren, und so hatte Kitty Gelegenheit, die Szenerie in Ruhe in sich aufzunehmen. Zwischen den Obst- und Gemüseständen herrschte trotz der fortgeschrittenen Tageszeit noch reges Treiben, aber vor »Tom Kings Kaffeehaus« ging es ruhig zu.
    Inzwischen war Kittys Anwesenheit bemerkt worden. Neugierig blieben die Leute stehen und machten einander auf ihre Kutsche aufmerksam. Fröhlich winkte Kitty ihnen zu. Seit der Eröffnung ihres neuen vornehmen Etablissements auf der King Street in St. James war sie in ganz London zur Berühmtheit geworden. Die Zeitungen griffen jeglichen Klatsch über sie auf und berichteten über ihren Putz und ihre Kleider, wann immer sie sich in der Öffentlichkeit zeigte.
    Plötzlich entdeckte Kitty ein bekanntes Gesicht in der Menge und befahl Brooks, die Pferde anzuhalten. Einladend öffnete die junge Kurtisane den Schlag und winkte den Jungen zu sich, der mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht näher trat.
    »Welch eine Überraschung, Jonny!«, rief Kitty erfreut. »Steig ein.«
    Der ehemalige Fackelträger ließ sich nicht lange bitten und kletterte unter den neidischen Blicken der anwesenden Männer in die Kutsche.
    »Lange nicht gesehen, Herzchen«, sagte Jonny, während er sich genussvoll in die weichen Polster sinken ließ.
    »Seit dem Tag, als man uns beiden den Prozess machte«, bestätigte Kitty. »Ich war erleichtert, als ich hörte, dass du davongekommen bist.«
    »Jonathan Wild hat mich rausgeholt, wie ich es dir prophezeit hatte.«
    »Ich weiß. Aber es hätte auch anders kommen können. Arbeitest du immer noch für ihn?«
    Jonny nickte. »Seit dem Prozess ist das Pflaster in Covent Garden allerdings zu heiß für mich geworden. Deshalb beschränke ich mich nun auf St. Giles und Lincoln’s Inn Fields. Meistens stehe ich für andere Schmiere oder arbeite auf eigene Faust als Vazenhewer.«
    »Als Beutelschneider?«, rief Kitty kopfschüttelnd. »Das ist viel zu gefährlich.«
    »Ich bin flink wie ein Wiesel. Mach dir um mich keine Sorgen, Liebes.«
    »Warum arbeitest du nicht für mich? Mein Angebot von damals steht noch. Ich würde mit Freuden für dich sorgen. Wir sind doch alte Freunde.«
    Jonnys Gesicht wurde ernst. »Das weiß ich zu schätzen. Aber mir gefällt es, frei und unabhängig zu sein, verstehst du? Es macht mir nichts aus, auf der Straße zu leben. Ich wüsste gar nicht, wie ich mich in deinem feinen Haus benehmen sollte.«
    »Überleg es dir«, schlug Kitty vor. »Du kannst jederzeit zu mir kommen.«
    Bewundernd blickte sich der Junge in der Kutsche um und strich mit der Hand über die zinnoberroten Samtkissen.
    »Du hast es weit gebracht, Schwester, das muss ich sagen«, meinte er anerkennend. »Und nun, da Sally Salisbury tot ist, bist du die uneingeschränkte Hohepriesterin der zypriotischen Gottheit.«
    Kittys Augen weiteten sich ungläubig. »Sally ist tot? Aber sie sollte doch in zwei Monaten entlassen werden.«
    »Ich habe es gerade gehört. Sie war wohl schon längere Zeit krank«, erklärte Jonny. »Die einen sagen, es war die Trunksucht, die sie umgebracht hat, die anderen, dass sie an den französischen Pocken gestorben ist.«
    »Es tut mir leid um sie«, sagte Kitty bedrückt. »Wir waren zwar Rivalinnen, aber damals im Newgate hatte ich das Gefühl, wir hätten Freundinnen werden können.«
    »Was ist eigentlich aus dem Hünen geworden, den du dir im Gefängnis geangelt hast?«, fragte Jonny nach einer Weile.
    »Sam? Wir leben miteinander«, erwiderte Kitty lächelnd. »Er ist ein wundervoller Mann und ein treuer Freund.«
    »Wirst du ihn heiraten?«
    Betroffen senkte Kitty den Blick. »Das ist nicht möglich. Ich bin bereits verheiratet.«
    »Seltsam. Das hast du nie erwähnt. Wo ist denn dein Mann?«
    »Er hat mich vor Helens Geburt sitzenlassen«, antwortete Kitty bitter. »Ich weiß nicht, wo er ist.«
    »Aber du bist sicher, dass die Ehe gültig ist?«
    »Sie wurde von einem Geistlichen im Freibezirk des Fleet geschlossen. Daniel versicherte mir damals, dass sie ebenso Gültigkeit besitzt wie eine Hochzeit im Sprengel.«
    »Das solltest du nachprüfen lassen«, riet Jonny. »Nur für den Fall.« Er warf einen Blick aus dem Fenster. »Kannst du mich hier rauslassen?«
    »Natürlich.« Kitty rief Brooks zu, er solle anhalten.
    Bevor Jonny ausstieg, ergriff sie seine Hand und drückte sie herzlich. »Denk daran, was ich gesagt habe. Du wirst bei mir immer

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