Die Kurtisane des Teufels
dagegen beendeten nach kurzer Berühmtheit ihre Tage im Schuldgefängnis.
In den 1720er Jahren erlebte London eine nie gekannte Welle des Verbrechens, wie sie nur mit den Verhältnissen im Chicago der 1920er Jahre vergleichbar ist. Doch das Problem lag nicht allein in einer Zunahme der Kriminalität, sondern auch darin, dass selbst die Gesetzeshüter, Magistrate, Konstabler und sogar Richter aus dem Verbrechen Profit schlugen, indem sie Bestechungsgelder von Berufskriminellen annahmen oder an Schutzgelderpressung beteiligt waren.
Jonathan Wild (1683 – 1725) verstand es wie kein anderer vor ihm, das korrupte System auszunutzen. Über viele Jahre präsentierte er der Öffentlichkeit das Bild eines erfolgreichen Diebesfängers. Sein Büro auf der Great Old Bailey war Anlaufstelle für all jene, die Opfer eines Verbrechens geworden waren. Seine Mitarbeiter, die im ganzen Land Kriminelle verhafteten, waren die erste polizeiähnliche Truppe in der Geschichte Englands und standen den berühmten »Bow Street Runners« Modell, die im Jahre 1749 von Henry Fielding gegründet wurden. Doch hinter der respektablen Fassade hatte Jonathan Wild ein wohldurchdachtes System der Erpressung und Einschüchterung entwickelt, mit dem er die Londoner Unterwelt einige Jahre lang völlig kontrollierte, wie es nach ihm erst wieder Al Capone gelingen sollte. Wilds Biograph Gerald Howson bezeichnet ihn als den »ersten modernen Gangster« (G. Howson, Thief-Taker General. The Rise and Fall of Jonathan Wild, S. 7). Sein Skelett ist bis heute erhalten und gehört zur Sammlung des Hunterian Museums des Royal College of Surgeons in London.
Nachdem ein Gesetz aus den Jahren 1694 bis 1696 eine Steuer von fünf Schillingen auf Sondergenehmigungen zur Eheschließung (ohne Aufgebot) und Heiratsurkunden erhoben hatte, entschlossen sich viele Paare dazu, die Ehe »heimlich« zu schließen. Eigentlich war es vorgeschrieben, dass man in dem Sprengel heiratete, in dem man wohnte. Vor der Trauung wurde an drei aufeinanderfolgenden Sonntagen das Aufgebot des Brautpaares verlesen. Dies diente zur Bekanntmachung ihrer Heiratsabsicht, so dass jeder, der Einwände gegen die Ehe erheben wollte, rechtzeitig davon erfuhr. Auch aus diesem Grund wurden viele Ehen heimlich geschlossen.
In London entwickelte sich das Fleet-Gefängnis zum Zentrum der heimlichen Eheschließung. Die Geistlichen, die dort aufgrund ihrer Schulden eingekerkert waren, brauchten die Strafe von einhundert Pfund nicht zu fürchten, da bei ihnen nichts mehr zu holen war. So verdienten sie sich ein Zubrot. Das Fleet war bald mit Schuldnern überfüllt, und so erlaubte man diesen, in der Umgebung des Gefängnisses zu wohnen, die man »Rules« oder »Liberties of the Fleet« nannte. Die Hochzeiten wurden von der Kapelle des Kerkers in die Schenken und Privathäuser in der Nachbarschaft verlegt. Die Eheschließungen wurden in einem Register festgehalten, auf das sich ein Ehepartner später berufen konnte, zum Beispiel, wenn eine Frau von einem Mann, der sie verlassen hatte, Unterstützung forderte. Nicht selten ließ ein Brautpaar die Einträge für ein Bestechungsgeld fälschen oder zurückdatieren, wenn die Frau schwanger war.
In den 1740er Jahren soll etwa die Hälfte aller Eheschließungen in London in den »Liberties of the Fleet« vorgenommen worden sein. »Lord Hardwicke’s Marriage Act« von 1753 verbot schließlich heimliche Eheschließungen. Da dieses Gesetz aber nicht in Schottland galt, reisten Brautpaare von da an nach Norden, meist nach Gretna Green, das unmittelbar hinter der Grenze lag.
Die rege Bautätigkeit und die hohen Gewinne, die im London des achtzehnten Jahrhunderts selbst von kleinen Bauherren erzielt wurden, führten bald zu einer Verteuerung von Backsteinen und in der Folge zu einer minderwertigen Herstellung der verarbeiteten Ziegel. In den Augen der Spekulanten war es ausreichend, wenn ein Haus so lange stehenblieb, bis die Grundstückspacht ausgelaufen war. Allerdings wurden manche Häuser so nachlässig gebaut, dass sie zusammenstürzten, noch bevor sie fertiggestellt waren. Wenn die Pacht eines Gebäudes abgelaufen und die Eigentumsverhältnisse unklar waren, fand sich kaum jemand bereit, es instand setzen oder abreißen und ein neues bauen zu lassen. Diese Zustände besserten sich erst gegen Ende des Jahrhunderts.
Thomas (1694 – 1739) und Moll (1696 – 1747) Kings Kaffeehaus war zwanzig Jahre lang der Treffpunkt der vornehmen Welt in Covent Garden. Dort
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