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Die Kurtisane des Teufels

Die Kurtisane des Teufels

Titel: Die Kurtisane des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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Kitty Verzweiflung. »Aber was soll ich denn nur tun? Ich muss meinen Bruder finden! Er weiß noch nichts vom Tod unserer Eltern.«
    »Das tut mir sehr leid, armes Kind«, sagte Mistress Speering mitfühlend.
    Als ihr Blick die Reisetruhe streifte, erkundigte sie sich: »Habt Ihr schon eine Unterkunft?«
    Bekümmert schüttelte Kitty den Kopf.
    »Das Zimmer Eures Bruders ist bereits wieder vermietet, aber zufällig habe ich eine Kammer frei. Wenn Ihr wollt, könnt Ihr sie haben. Sie kostet vier Schillinge und sechs Pence.«
    Der Preis war hoch, doch Kitty hatte keine Kraft mehr, um anderswo eine billigere Unterkunft zu suchen, und so stimmte sie zu.
    Mistress Speering führte sie in den ersten Stock und schloss eine Tür auf, die sich knarrend zu einer geräumigen Kammer mit einem hellen Erkerfenster öffnete. Die Wände waren mit dunkler Eiche getäfelt, und der Kamin war aufwendig mit geschnitzten Figuren und Blumenranken verziert. Der Raum hatte sicher einst als gute Stube gedient, in dem der Hausherr wichtige Besucher empfangen hatte. Dies erklärte auch den stolzen Preis. Länger als eine Woche konnte sie hier nicht bleiben.
    »Soll ich Feuer machen?«, erbot sich Mistress Speering.
    »Nein danke. Ich gehe gleich wieder aus«, erwiderte Kitty und zahlte die Miete für eine Woche.
    Die Alte blickte sie besorgt an. »Wenn Ihr nach Covent Garden geht, seid vorsichtig. Dort wimmelt es von Gaunern und Diebesgesindel.«
    »Danke für die Warnung. Ich werde schon aufpassen.«
    Als sich die Hauswirtin zurückgezogen hatte, ließ sich Kitty seufzend auf der Kante des vierpfostigen Bettes nieder, dessen Vorhänge aus verblichenem rotem Kamelott zurückgeschlagen waren.
    Wie hatte es nur so weit kommen können? Natürlich hatte sie sich Sorgen gemacht, als die Briefe ihres Bruders ausblieben, aber sie hatte dies auf Nachlässigkeit oder Zeitmangel zurückgeführt. Sie hätte nicht erwartet, dass Thomas umziehen könnte, ohne seiner Familie seine neue Adresse mitzuteilen. Was war nur in ihn gefahren? Dachte er denn überhaupt nicht mehr an seine Schwester und an Vater und Mutter?
    Kitty wusste, dass sie allen Mut verlieren würde, wenn sie noch länger grübelte. Es war besser, unverzüglich mit der Suche nach Thomas zu beginnen. Und wenn sie ihn gefunden hatte, würde sie ihm tüchtig die Leviten lesen.
    Auf einem Waschstand befanden sich eine Zinnschüssel und eine Kanne mit frischem, aber kaltem Wasser. Da Kitty nicht warten wollte, bis die Hauswirtin ihr heißes brachte, wusch sie sich kalt, ordnete ihr blondes Haar vor dem Spiegel an der Wand und setzte sich Haube und Strohhut auf. Bevor sie die Kammer verließ, versteckte sie eingedenk von Mistress Speerings Warnung einen Großteil ihres Geldes unter der Bettmatratze und behielt nur ein paar Münzen in ihrer Geldbörse, die sie in einem Beutel über dem Arm trug.
    Als sie die Treppe hinunterstieg, begegnete sie der Hauswirtin auf dem Absatz.
    »Wäret Ihr wohl so freundlich, mir den Weg nach Covent Garden zu beschreiben, Madam?«, bat sie.
    Mistress Speering sah den entschlossenen Ausdruck in ihren Augen und unterließ den Versuch, ihr den Ausflug auszureden.
    »Wollt Ihr nicht lieber eine Mietkutsche oder eine Sänfte nehmen, mein Kind?«, schlug sie stattdessen vor. »Zu Fuß ist es sehr weit. Ihr müsstet den ganzen Holborn entlanggehen, hinter Lincoln’s Inn Fields in die Drury Lane einbiegen und dieser hinunter bis zur Russell Street folgen. Die führt dann gerade auf die Piazza. So heißt der Platz, auf dem der Covent-Garden-Markt abgehalten wird.«
    »Wo finde ich denn eine Mietkutsche?«
    »Auf dem Smithfield-Markt. Wenn Ihr aus der Tür geht, haltet Euch links, dann am Pie Corner noch einmal links«, erklärte Mistress Speering hilfsbereit.
    Kitty dankte ihr und trat auf die Straße hinaus. Da die Sonne von einem makellos blauen Himmel schien und es angenehm warm war, entschied sich das Mädchen spontan, doch lieber das Geld für die Mietkutsche zu sparen und zu Fuß zu gehen. Es gab so viel zu sehen!
    Trotz der Sorge um ihren Bruder füllte sie Augen und Ohren mit dem Trubel der großen Stadt. Die schmale Cock Lane ging bald in den gewundenen Snow Hill über, der an der Holborn-Brücke endete. Die gepflasterten Straßen hallten vom Hufschlag unzähliger Pferde wider, die Reiter trugen oder Fuhrwerke und Kutschen zogen. Viele Londoner gingen auch zu Fuß. Die besser Gekleideten zogen allerdings die Karosse oder Sänfte vor. Als Kitty dem ersten Tragsessel

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