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Die Kurtisane des Teufels

Die Kurtisane des Teufels

Titel: Die Kurtisane des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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Wink. Daraufhin verschwand diese in einem Hinterzimmer und kehrte kurz darauf mit einem Tablett voller Scherben zurück.
    »Was hat sie vor?«, fragte Kitty verständnislos.
    »Wirst schon sehen«, erwiderte Polly schmunzelnd. »Sie macht das nicht zum ersten Mal.«
    Energisch versuchte Moll King, den berauschten Gast mit einem kräftigen Schütteln wieder zur Besinnung zu bringen.
    »Wacht auf, Sir! Hört Ihr nicht?«
    »Was ist?«, fragte der Mann verstört und sah mit vernebeltem Blick in die Runde.
    »Ihr habt richtig die Sau rausgelassen, Sir«, sagte Moll in vorwurfsvollem Ton und stemmte die Hände in die Hüften. »Und wer bezahlt mir den Schaden, den Ihr angerichtet habt?«
    »Schaden?«, wiederholte der Betrunkene verwirrt und zupfte seine verrutschte Perücke zurecht. »Was meint Ihr?«
    »Seht selbst«, forderte Moll ihn auf und deutete auf das Tablett mit den Scherben.
    »Herrje! Wie ist das denn passiert?«
    »Ihr habt zu viel getrunken, Sir, das ist passiert.«
    »Ich soll all das zerbrochen haben?«, fragte der Gast unsicher.
    Inzwischen war es in der Kaffeestube ungewöhnlich still geworden. Die Augen aller Anwesenden waren auf den Betrunkenen gerichtet. Nur vereinzelt war ein unterdrücktes Lachen zu hören. Black Betty reichte der Schankwirtin ein Blatt Papier, das diese dem Gast unter die Nase hielt.
    »Was ist das?«, fragte er verständnislos.
    »Die Rechnung für den Schaden«, antwortete Moll streng.
    Mit zusammengekniffenen Augen studierte der Beschwipste das Papier. »Zwanzig Pfund für ein paar kaputte Steingutschalen? Das kann nicht Euer Ernst sein«, protestierte er entrüstet.
    »Und für den Schemel, den Ihr zerbrochen habt. Ihr solltet Euch glücklich schätzen, dass der arme Kerl, auf dessen Kopf Ihr ihn zerschlagen habt, Euch nicht anzeigt.«
    Dem Betrunkenen war anzusehen, dass er nicht so recht wusste, was er von der Angelegenheit halten sollte. Seine Erinnerung an die Geschehnisse seit seinem Eintreffen in der Kaffeestube war zu verschwommen, als dass er mit Sicherheit hätte sagen können, ob er sich tatsächlich im Rausch geprügelt hatte oder das Opfer eines Schwindels wurde.
    »Nun ja, wenn Ihr sagt, dass ich den Schaden verursacht habe, wird es wohl so sein«, meinte er schließlich kleinlaut.
    Mürrisch griff er in seine Börse und bezahlte die Rechnung, bevor er unsicheren Schrittes über die Schwelle auf die Piazza hinauswankte.
    In der Kaffeestube brach schallendes Gelächter aus. Molls Stammgäste kannten ihre Streiche. Mit Tränen in den Augen rief die beleibte Wirtin fröhlich: »Ich gebe euch allen einen aus! Was immer ihr wollt.«
    Auch Kitty und Polly lachten aus vollem Herzen, während Black Betty mit einem strahlend weißen Grinsen das Tablett mit den Scherben ins Hinterzimmer zurücktrug.
    »Moll hat es faustdick hinter den Ohren«, bemerkte Polly. »Früher soll sie sogar als Taschendiebin gearbeitet haben, vielleicht ja auch für Jonathan Wild.« Polly verstummte, als sie Kitty erblassen sah. »Tut mir leid. Ich hätte seinen Namen nicht erwähnen sollen.«
    Kitty seufzte tief. »Kommt er manchmal hierher?«, fragte sie ängstlich.
    »Ich habe ihn schon in Covent Garden gesehen, vor allem in der ›Rose‹, aber noch nie hier in ›Tom Kings‹.«
    Eine Weile schwiegen die beiden jungen Frauen. Kitty starrte abwesend ins Leere, während Polly sie besorgt beobachtete. In der Kaffeestube war es wieder ruhiger geworden. Ein junger Mann von hochgewachsenem schlaksigem Körperbau betrat die Baracke und näherte sich der Theke, an der Moll King stand.
    »So eine Überraschung«, rief diese aus. »Lange nicht gesehen, Jimmy. Warst du im Kittchen? Hast du wieder mal einem Jackel die Eingeweide ausgenommen? Oder hat man dich beim Schlupfen erwischt?«
    Kitty blickte Polly fragend an. »Was ist das für ein Dialekt? Ich habe kein Wort verstanden.«
    Polly lachte. »Das war Rotwelsch, die Sprache der Gauner und Diebe. So verstehen die Büttel nicht, was sie aushecken. Moll hat Jimmy gefragt, ob er wieder einmal Opferstöcke ausgeraubt oder beim Taschendiebstahl festgenommen wurde.«
    Der schlaksige junge Mann schüttelte den Kopf. »Ich hatte einen schlechten Tag. Ein Nachtwächter hat mich mit einem Schabber erwischt, als ich gerade einen Massematten baldowern wollte.«
    Bei seinen letzten Worten hatte Kitty aufgehorcht. Den Ausdruck »Schabber« für Brecheisen hatte auch Jonathan Wild gebraucht, als er sie damals in seinem Kuriositätenkabinett herumgeführt hatte. Er

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