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Die Kurtisane des Teufels

Die Kurtisane des Teufels

Titel: Die Kurtisane des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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war wie ein böser Geist, den sie nicht mehr loswurde, der sie immer wieder aus einer dunklen Ecke angrinste, wenn sie es am wenigsten erwartete.
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25
    Kittys Ansehen in Covent Garden wuchs von Tag zu Tag. Immer öfter fragten die Freier, die Mutter Grimshaws Putzmacherladen aufsuchten, nach Miss Montague, so dass die Bordellwirtin weniger gut betuchte Anbeter abweisen musste. Ein holländischer Kaufmann brachte der Kupplerin und ihren Mädchen kostbare Schmuckstücke mit, um zu Kitty vorgelassen zu werden, der Kapitän eines East Indiaman beschenkte die Putzmacherin mit Seide, Chintz und Damast aus China und Indien, und der sardinische Gesandte bezahlte mit einem Goldbarren. Samstagabends nach dem Sabbat und sonntags fanden sich stets einige reiche jüdische Kaufleute ein, die wegen ihrer Großzügigkeit, ihrer Höflichkeit gegenüber Frauen und ihrer Zurückhaltung beim Alkoholgenuss in den Bordellen besonders gern gesehen waren. Zuweilen gestand Mutter Grimshaw einem Verehrer gegen einen saftigen Aufpreis das Privileg zu, auf ein »Cundum« zu verzichten, allerdings erst, nachdem sie sich mit eigenen Augen davon überzeugt hatte, dass er in den Schlachten der Venus keine Narben davongetragen hatte.
    Kitty fand kaum mehr die Zeit, ihre Tochter zu besuchen, die sich nach wie vor in der Obhut von Mistress Hoskins befand. Helen gedieh prächtig. Ihr Gesicht war rund geworden, und auch ihre zuvor so dünnen Arme und Beine hatten Fleisch angesetzt. Die Pflegerin war mit ihren Fortschritten sehr zufrieden. Der Anblick der rosigen Bäckchen ihrer Tochter verscheuchte die Zweifel, die Kitty zuweilen überkamen, wenn sie jede Nacht mit einem anderen Mann verbrachte, mochten diese auch noch so schwärmerisch ihre Schönheit preisen. Nicht jeder reiche Freier war so ansehnlich wie Richmond oder St. Albans, und bei manchen war harte Arbeit vonnöten, um sie zu befriedigen.
    An einem Abend im Oktober machte sich Kitty in Pollys und Nans Begleitung auf den Weg in die »Rose Tavern«. Charles Lennox hatte nach ihr geschickt und zwei weitere Nymphen für seine Begleiter erbeten.
    Es war ein milder Herbsttag. Der reine blaue Himmel nahm nach Sonnenuntergang eine samtige Schwärze an, auf der die Sterne wie gleißende Diamanten funkelten. Eine erfrischende trockene Kälte begann allmählich die Luft zu erfüllen, ein Vorgeschmack auf den nahen Winter.
    Kitty schmiegte sich enger in ihren Wollumhang. Polly hatte sich bei ihr untergehakt, während die Armenierin die Nachhut bildete. Nan war bereits ein wenig angetrunken. Sie liebte den Ratafia so sehr, dass sie stets eine Flasche in ihrer Kammer verwahrte. Noch vor ihrem Aufbruch musste sie dem Pfirsichkern-Likör kräftig zugesprochen haben.
    Vor der »Rose« war ein Streit zwischen mehreren gut gekleideten Herren ausgebrochen, den Lethercote energisch zu schlichten versuchte, bevor die Nachtwächter aufmerksam wurden.
    Kitty und ihre Begleiterinnen verlangsamten ihre Schritte, da zwei der randalierenden Herren ihre Degen gezogen hatten. Sie hielten lieber Abstand von den scharfen Klingen, die die frostige Luft zerschnitten. Flüchtig warf Kitty einen Blick durch das Sprossenfenster der Schenke ins Innere … und erstarrte. Ihr Herz setzte einen Schlag aus und begann dann zu rasen. Überrascht sah Polly in das Gesicht ihrer Freundin, das weiß wie ein Laken geworden war.
    »Was ist mit dir?«, fragte das Mädchen besorgt.
    »Ich kann da nicht reingehen!«, hauchte Kitty.
    Polly folgte ihrem Blick, der auf eine Gestalt an einem der Tische gerichtet war.
    »Jonathan Wild«, murmelte das Mädchen betroffen, holte tief Luft und drückte Kittys Arm. »Du kannst nicht immer weglaufen, wenn der Diebesfänger deinen Weg kreuzt«, beschwor Polly ihre Freundin. »Seine Gnaden hat nach dir geschickt und wird nicht glücklich sein, wenn du ihn warten lässt. Wir müssen reingehen.«
    »Ich kann nicht!«, beharrte Kitty, deren Körper steif vor Furcht war. Selbst wenn sie gewollt hätte, sie hätte doch keinen Schritt mehr gehen können.
    »Was ist nun?«, ließ sich Nans Stimme hinter ihnen vernehmen. »Gehen wir rein! Den Streithähnen ist die Luft ausgegangen.«
    Tatsächlich schlugen die Duellanten nur noch halbherzig um sich und ließen sich schließlich von Lethercote von der Tür zur »Rose Tavern« verscheuchen.
    »Geh einfach erhobenen Hauptes an ihm vorbei«, riet Polly ihrer Kammergenossin, die ein Zittern befallen hatte. »Sieh ihn nicht an. Wenn er

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