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Die Kurtisane des Teufels

Die Kurtisane des Teufels

Titel: Die Kurtisane des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lessmann
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dich damals in dem Logierhaus nicht erkannt hat, wird er es auch jetzt nicht.«
    Ohne auf eine Antwort zu warten, zog sie Kitty mit sich über die Schwelle zum Schankraum. Bei ihrem Eintreffen wandten die Speisegäste neugierig die Köpfe. Molly Mogg begrüßte die Kurtisanen herzlich.
    »Miss Montague, Miss Dickins und Miss Berry. Welch eine Freude, dass ihr unserem Haus so bald wieder die Ehre erweist.«
    Kitty wagte es nicht, den Kopf zu wenden. Wie gebannt hielt sie den Blick auf den Herzog von Richmond gerichtet, der mit seinen Freunden an einem Tisch an der Rückwand saß, und zwang sich, ihm zuzulächeln. Insgeheim war sie Molly Mogg dankbar dafür, dass sie sie namentlich angesprochen hatte, und beglückwünschte sich selbst, dass sie sich entschieden hatte, Henry Montagues Namen anzunehmen. Hätte sie sich weiterhin Marshall oder Gascoyne genannt, wäre ihr in diesem Moment nur die Flucht geblieben.
    Da Kitty sich in ihrer Angst zu jedem Schritt zwingen musste, wirkte ihr Auftreten wie das einer Königin, die sich mit feierlicher Eleganz durch einen Thronsaal bewegte. Zu ihrem Unmut erregte sie damit aber nur noch größere Aufmerksamkeit. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Jonathan Wild das Gespräch mit seinen Begleitern unterbrach und ihr den Kopf zuwandte. Der Weg bis zum hinteren Teil des Schankraums erschien ihr unendlich lang.
    »Wer ist das?«, hörte sie den Diebesfänger fragen.
    »Miss Montague ist der neue Stern am Himmel von Covent Garden«, belehrte ihn sein Nachbar. »Die Herzöge von Richmond und St. Albans streiten sich um ihre Gunst.«
    Endlich hatte Kitty Charles Lennox’ Tisch erreicht und ließ sich von dem Herzog die Hand küssen. Kaum hatten sie, Polly und Nan sich zu den drei elegant gekleideten Männern gesetzt, als sich Jonathan Wild von seinem Stuhl erhob und zu Kittys Schrecken zu ihnen trat.
    Der Diebesfänger hatte sich in den vergangenen Monaten nicht verändert. Die Augen in seinem eckigen Gesicht waren noch immer so aufmerksam und durchdringend, wie Kitty sie von ihrer ersten Begegnung in Wilds Haus in Erinnerung hatte. Wie damals bei Mistress Farrell auf der Black Boy Alley trug er eine schulterlange Perücke und einen mit Federn besetzten Hut. Mit einem charmanten Lächeln verbeugte er sich vor ihr.
    »Euer Ruhm eilt Euch voraus, Miss Montague«, sagte er schmeichelnd. »Es ist mir ein Vergnügen, nun endlich Eure Bekanntschaft zu machen. Falls Ihr jemals meine Dienste benötigt, zögert nicht, mich aufzusuchen.«
    Er zog eine Visitenkarte aus der Rocktasche und reichte sie ihr. Kitty, die den Kopf gesenkt hielt, blieb nichts anderes übrig, als den Blick zu heben. Sie dankte ihm und nahm die Karte entgegen. Als Wild in ihre kornblumenblauen Augen sah, stutzte er einen Moment, als erinnere er sich an etwas. Kitty spürte, wie eisige Kälte ihre Glieder bis zu ihrem Herzen heraufkroch.
    »Ich kann Euch versichern, Sir, dass sich die Dame in guten Händen befindet und keine Verwendung für Eure Dienste hat«, mischte sich Charles Lennox ein und legte demonstrativ den Arm um Kittys Taille.
    »Daran zweifle ich nicht, Euer Gnaden«, erwiderte der Diebesfänger. »Dennoch … falls Madam einmal etwas verlieren sollte, bin ich jederzeit bereit, ihr bei der Wiederbeschaffung mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.«
    Mit einer weiteren Verbeugung zog sich Jonathan Wild zurück. Kitty seufzte erleichtert. Sie spürte, wie das Blut langsam wieder in ihre Wangen stieg.
    »Dieser Bursche mag zuweilen ganz nützlich sein«, bemerkte der Herzog von Richmond. »Auch mir hat er einmal einen gestohlenen Wechsel wiederbeschafft. Doch er bleibt ein Emporkömmling, der sich gerne wichtigmacht. Ich hoffe, Ihr fühltet Euch durch ihn nicht belästigt, meine Liebe.«
    Kitty schüttelte den Kopf und rang sich ein Lächeln ab. Immer wieder warf sie dem Diebesfänger verstohlene Blicke zu, um zu ergründen, was er dachte. Hatte er sie erkannt? Grübelte er darüber nach, wo er dieses dunkelblaue Augenpaar schon einmal gesehen hatte? Nie würde sie die Angst überwinden, dass er sich letztendlich doch an Catherine Marshall erinnern würde.
    Nach der Vorstellung der Posier-Dirne zog der Herzog von Richmond Kitty zur Treppe ins Obergeschoss und betrat die Kammer, die er stets für seine Schäferstündchen benutzte. Kurz zuvor hatte Polly mit einem seiner Begleiter die »Rose Tavern« verlassen, während der andere, der Edward Walmesley hieß, Nan die Stufen in den ersten Stock hinaufhalf. Die Armenierin

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