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Die Lady auf den Klippen

Die Lady auf den Klippen

Titel: Die Lady auf den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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zusammengekauert auf dem Boden gesehen hatten, weinend und schreiend. Doch sie gingen an ihr vorbei, so wie sie an den Verwirrten auf den Straßen vorüberging – ohne Blickkontakt, mit so viel Abstand, wie es nur möglich war.
      Bess hatte den gesamten Haushalt zusammengerufen und erklärt, dass Blanche an Migräne litt. Sie hatte eine kurze, energische Ansprache gehalten und klar ausgedrückt, dass jeder, der Klatsch verbreitete, entlassen würde. Vier Dienstboten – ein Pförtner, zwei Hausmädchen und eine Küchenmagd – waren bereits entlassen worden.
      Blanche hatte sich geweigert, einen der Ärzte aufzusuchen, die Bess ihr empfohlen hatte. Sie fürchtete sich vor der Diagnose.
      Stattdessen hatte sie versucht, ihre Gefühle zu beherrschen, vermied es auszugehen und empfing nur einmal in der Woche Besucher. Sie war sehr geschickt darin geworden, den Raum unauffällig zu verlassen, wenn sie merkte, dass die Kopfschmerzen kamen. Jetzt war sie völlig ruhig. Sie hatte eine große Menge Kräutertee getrunken, um sich auf ihre Besucher vorzubereiten, aber in ihrem Tee war auch ein Teelöffel Brandy gewesen.
      Blanche lächelte den Herren zu, die in ihren Salon kamen. Die Eingangstür blieb offen, um auch den anderen Einlass zu gewähren. Gerade als sie einen besonders berüchtigten Taugenichts begrüßte – Harry Dashwood – sah sie jemanden draußen stehen, der ihr vage bekannt vorkam.
      Blanche fühlte sich angespannt. Der Mann war ein gewöhnlicher Arbeiter, gekleidet in einen schäbigen Rock, eine wollene Hose, Stiefel und eine Tweedmütze. Er drehte sich um, damit er in ihr Haus sehen konnte, und sein Blick war hell und sehr direkt.
      Blanche erstarrte, als sie Paul Carter erkannte.
      Er lächelte, tippte sich an die Mütze und verschwand aus ihrem Blickfeld. Ihr Herz schlug schneller. Was machte er jetzt schon wieder in der Stadt? Sie hatte ihn vor acht Wochen großzügig bezahlt, und sie hatten vereinbart, dass er nie wieder einen Fuß nach Harrington Hall setzen würde.
      „Lady Harrington.“ Dashwood verneigte sich. „Wer ist das?“
      Blanche versuchte, ihre Furcht zu kontrollieren, und lächelte Dashwood zu. „Wie bitte?“
      „Der Arbeiter, der Sie so erschreckt hat.“ Mit seinen dunklen Augen sah er sie durchdringend an.
      Sie schluckte, ihr Herz schlug immer noch zu schnell, und was noch schlimmer war: Hinter ihren Schläfen lauerte der Kopfschmerz. „Ich weiß es nicht“, erklärte sie heiter. „Ist es nicht ein herrlicher Tag, Lord Dashwood?“
      Er lächelte. „Er ist schön, wenn ich Ihre Schönheit sehe.“
      Sie wusste, dass sie nie schlimmer ausgesehen hatte. Die Anstrengung, der Mangel an Schlaf und die Tatsache, dass sie keinen Appetit hatte, das alles hatte dafür gesorgt, dass sie viel zu mager war. Dashwood überschüttete sie immer mit Komplimenten, die er nicht ernst meinte. Es machte ihr nichts aus, denn seine Schmeicheleien waren besser als der prüfende Blick von James Montrose, der immer kam, wenn sie Besucher empfing.
      Dashwood könnte vielleicht zu ihr passen. Er war dreißig und so eitel und egozentrisch, dass er sein ausschweifendes Liebesleben niemals aufgeben würde. Was bedeutete, dass er nie wirklich an ihr interessiert sein und sie bald wieder verlassen würde. Er sah gut aus, aber sie war nicht im Entferntesten an ihm interessiert. Obwohl er sehr oberflächlich war, hatte er wohl einige gewinnbringende Investitionen getätigt – er schien also ein guter Geschäftsmann zu sein. Mithilfe kluger Anwälte könnte er vielleicht ihr Vermögen verwalten. Außerdem war er der Sohn eines Barons.
      Natürlich hatte sie nicht vor zu heiraten, wenn sie kein Kind erwartete. Obwohl es noch zu früh war, um das mit Sicherheit zu sagen, war Blanche aus tiefstem Herzen davon überzeugt, dass ein Lebewesen in ihr heranwuchs. Sie war entzückt – und angespannt. Wie konnte sie ein Kind zur Welt bringen, wenn ihre geistige Gesundheit so zerbrechlich war?
      „Darf ich kühn sein?“, fuhr Dashwood fort und zeigte sein Grübchen.
      „Ich würde nichts anderes erwarten“, gab Blanche automatisch zurück und tat so, als würde sie flirten.
      „Ich würde gern einen Spaziergang mit Ihnen machen. Darf ich?“ Er streckte ihr den Arm entgegen.
      Blanche sah, dass Bess sie beobachtete. Sie wusste, dass die Freundin Dashwood billigte – aber nur der Geschäfte wegen. Als Bess nickte, wandte Blanche sich an Dashwood.

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