Die Lady auf den Klippen
ein Ehrenmann, wie verschlossen er auch sein mochte. Und spielte es überhaupt eine Rolle, was Blanche an den Rand des Wahnsinns getrieben hatte?
Sie sah ihn an. Sir Rex bevorzugte das Land. Er lebte zurückgezogen, und er sorgte sich um Blanche. Blanche brauchte diese Zurückgezogenheit jetzt.
Sie lächelte. „Blanche hielt es nicht für klug, Sie wiederzusehen, Sir Rex. Ich habe sie darin unterstützt, deshalb bat ich Sie heute zu gehen. Doch ich bin froh, dass Sie nicht auf mich gehört haben. Ich denke, Sie sollten wissen, dass ihre Migräneanfälle regelmäßig wiederkommen. Täglich, wenn Sie es genau wissen wollen.“
„Täglich“, wiederholte er. Dann kniff er die Augen zusammen. „Sagen Sie nicht, dass sie mich für diese Anfälle verantwortlich macht.“
Bess zögerte. „Ich glaube, sie verließ Land’s End in dem Glauben, dass diese Anfälle dann ein Ende hätten.“
Er machte große Augen. „Sie gibt mir die Schuld?“, rief er aus.
„Das habe ich nicht gesagt. Ich denke es nicht einmal. Aber in Land’s End ist so viel passiert, oder? In Ihrem Haus hat alles angefangen, Sir Rex.“
Rex straffte seine breiten Schultern. „Es ist viel passiert, ja. Andererseits hat Blanche unter großer Anspannung gestanden, seit ihr Vater krank wurde und verstarb.“
Das stimmt, dachte Bess. „Sie zieht sich jetzt sehr zurück. Sie hat kein Leben mehr, außer an Donnerstagen, wenn Sie Gäste empfängt. Wie kann sie so weiterleben – sich vor allen verstecken –, während der ganze ton darauf wartet, dass sie ausgeht, damit sie ihren Niedergang beobachten können? Der Klatsch über Blanche ist das Thema schlechthin! Überall, wohin ich gehe, wird über sie gelacht.“
„Die Klatschbasen sind mir egal. Mir liegt etwas an ihr“, erklärte er entschieden. „Genau wie Ihnen. Hat sie sich von einem Arzt untersuchen lassen?“
„Das will sie nicht.“
„Warum nicht?“, fragte er.
„Ich glaube, sie hat Angst vor der Diagnose.“
Er sah sie an und überdachte ihre Worte.
„Sie sind heute hierhergekommen, um über ihre Heirat zu sprechen, nicht wahr?“, fragte Bess rundheraus. Ihr Herz schlug dabei so schnell, als wäre es ihre Zukunft, über die gesprochen wurde.
Er richtete sich auf. „Sie kann Dashwood nicht heiraten.“
Bess sah ihm in die Augen. „Er ist ihre Wahl.“
„Er ist der Schlimmste der Klatschmäuler.“
Bess war erstaunt. „Er verbreitet auch Gerüchte über sie?“
Rex beugte sich vor. „Ich hörte, wie er zu seinen Freunden sagte, dass eine Verrückte keinen Anspruch hat auf ihr Vermögen. Ich glaube, er wird ihr auf rechtlichem Weg die Kontrolle über das Harrington-Vermögen entziehen, sobald sie verheiratet sind.“
Erschüttert und voller Abscheu wandte Bess sich ab. Dann sah sie ihn wieder an. „Wenn er wirklich etwas so Verachtenswertes plant, dann haben Sie recht. Eine solche Heirat muss um jeden Preis verhindert werden.“
„Ich bin froh, dass wir beide in diesem Fall derselben Meinung sind“, entgegnete er finster. Dann drehte er sich um und sah zur Treppe. „Ich möchte wieder mit Blanche sprechen, wenn sie sich besser fühlt.“
Bess sagte ihm nicht, dass es dafür niemals den richtigen Zeitpunkt geben würde. Sie zögerte und fragte sich, was Sir Rex tun würde, wenn er wüsste, dass Blanche vermutlich ein Kind erwartete. Er würde sie auf der Stelle heiraten.
Hatte sie ihn nicht von Anfang an für den Richtigen gehalten, ehe Blanche dem Wahnsinn verfiel? Aber Blanche hatte die Verlobung gelöst, obwohl sie ihn liebte. Würde Sir Rex alles noch schlimmer machen? Aber wie viel schlimmer konnte es noch werden? Und falls es tatsächlich so kommen würde, konnte man sich immerhin darauf verlassen, dass Sir Rex sich um Mutter und Kind kümmerte.
„Sie starren mich an“, erklärte er schroff.
Bess lächelte. „Tut mir leid. Ich habe darüber nachgedacht, was Sie gesagt haben. Ich werde dafür sorgen, dass die Verträge für eine Weile verschwinden, bis wir Zeit genug gehabt haben, die Sache zu klären.“
Er hatte bemerkt, dass sie im Plural gesprochen hatte, was auch ihre Absicht gewesen war.
„Guten Tag, Sir Rex“, fügte sie leise hinzu.
Rex verließ Harrington Hall nicht. Stattdessen ging er durch die Gärten, in der Absicht, nach Meg zu suchen.
Er fühlte sich elend und machte sich große Sorgen um Blanche, die offenbar
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