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Die Lady auf den Klippen

Die Lady auf den Klippen

Titel: Die Lady auf den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brenda Joyce
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aber nicht in ihren Schläfen, sondern in ihrer Brust. Sie sah in Rex’ Augen. Er war angespannt, aber er rührte sich nicht. Blanche bemerkte, dass sie sich an seine Hände klammerte, als wäre er ihr Rettungsanker. Und genauso fühlte es sich auch an.
      „Ihre Schreie waren Schreie des Grauens und des Schmerzes. Sie haben auf sie eingestochen, bis sie tot war. Mit Piken und Forken.“
      „Mein Gott.“
      „Und dann hörten die Schreie auf.“ Blanches Blick war verschleiert, als sie auf ihrer beider Hände sah. Jetzt schien es ihr, als würde ihr ein Messer ins Herz gebohrt. „Ich entkam dem Ungeheuer, das mich festhielt, und kroch durch die Menge zu ihr. Niemals werde ich vergessen, wie sie aussah.“ Sie war nur noch eine blutige Masse gewesen. Blanche hob den Kopf und wartete darauf, dass das Zimmer anfangen würde, sich zu drehen.
      Doch sie stellte fest, dass Sir Rex sie noch immer in seinen starken Armen hielt. „Ich verstehe“, flüsterte er, was sie verwirrte, denn all das konnte er unmöglich verstehen. Sie schloss die Augen, atmete seinen Geruch ein, genoss seine Kraft, während sie gegen den Schwindel ankämpfte und die blutigen Bilder. Ein stechender Schmerz schoss durch ihre Schläfe, und endlich begann der Raum sich zu drehen. Sie erstarrte und wartete auf die Schreie ihrer Mutter.
      „Verlass mich nicht.“
      Blanche zuckte zusammen und öffnete die Augen. Rex sah sie an und lächelte finster. „Ich muss dir etwas sagen.“
      Die Messer glitten aus ihrem Kopf. Die Erinnerung an Mamas malträtierten Körper verblasste, verschwand aber nicht. Was will er mir sagen? Fragte sie sich.
      Er lächelte wieder und streichelte ihr Gesicht. „Als ich aus dem Krieg zurückkehrte, erwachte ich manchmal mitten in der Nacht – oder auch am Tag. Ich lag im Schmutz, unter der glühenden Sonne Spaniens. Männer schrien vor Schmerz, Säbel klirrten und Kanonen donnerten. Ich konnte das Schießpulver riechen, das verbrannte Fleisch, Blut und Tod.“
      Blanche richtete sich auf. „Wie bitte?“
      „Und dann bemerkte ich plötzlich, dass ich in meinem Bett lag, oder auf dem Sofa. Ich war in Harmon House oder Bodenick – aber nicht in Spanien.“
      Blanche war verblüfft.
      „Es wirkte so echt“, fuhr er mit heiserer Stimme fort. „Ein paarmal sprach ich gerade mit meinen Brüdern oder einem Dienstboten – und alles verschwand. Ich war wieder auf jenem Schlachtfeld, lag da, verwundet, mein Bein zerschmettert, und ich hörte die Männer, die Schlacht, roch alles, hatte Fieber und Durst. Und dann stand ich wieder im Salon, erkannte, dass ich nicht mehr im Krieg war und nur eine schreckliche Erinnerung durchlebt hatte, die aber so real wirkte wie ein Traum.“
      Blanche begann heftig zu zittern. „Was geschah dann? Hast du noch immer diese Erinnerungen?“
      „Nein. Diese Zustände hielten sechs Monate an, vielleicht sogar ein Jahr. Mit jedem Tag kamen sie seltener, bis es nur noch einmal in der Woche geschah, dann einmal im Monat und dann gar nicht mehr.“
      „Was willst du mir damit sagen?“, rief sie aufgebracht.
      „Blanche, ich bin nicht der Einzige. Viele Soldaten haben nach dem Krieg unter solchen Anfällen gelitten, wenn du es so nennen willst. Ich habe Freunde, die dieselben Anfälle hatten. Ich kenne andere Soldaten, die so etwas nicht erlebten, aber wir alle wissen, dass einige von uns im Krieg so Schreckliches mitgemacht haben, dass sie die Erinnerungen mit nach Hause brachten. Der Krieg war grausam und traumatisierend. Der Aufstand war genauso grausam wie eine Schlacht. Ich glaube jetzt, dass deine Krankheit dasselbe ist, was ich durchgemacht habe, und auch viele andere Soldaten.“
      Blanche flüsterte, noch immer überrascht: „Aber meine Anfälle werden schlimmer – und treten häufiger auf.“
      Unverwandt sah Rex sie an. „Als mir das zum ersten Mal passierte, war ich erschrocken und hatte Angst. Und diese Anfälle kamen häufiger. Aber dann, als mein Leben wieder in normalen Bahnen verlief, ließen sie nach. Bess sagte mir, dass all das in Land’s End begonnen hat. Das ist noch nicht lange her, in Anbetracht der Tatsache, dass der Aufstand vor über zwanzig Jahren stattfand.“ Beruhigend streichelte er ihr Gesicht.
      Blanche nahm seine Hand. „Das hört sich an, als litte ich an derselben Krankheit“, flüsterte sie.
      „Es gibt in London einen Arzt, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, diesen Soldaten zu helfen.

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