Die Lady auf den Klippen
Vielmehr wollte er sie beeindrucken.
Anne sah ihn hilflos an, und er bemerkte, dass sie den Tränen nahe war.
Sein Zorn legte sich. „Du kannst jeden Gang auf den Tisch stellen. Wir werden uns selbst bedienen.“ Dann fügte er hinzu: „Keine Sorge. Das Lamm riecht wunderbar.“
Sie wirkte erleichtert.
In diesem Moment betrat Blanches Zofe die Küche. Er war überrascht, als sie höflich knickste. „Warum sind Sie nicht bei Ihrer Herrin?“, fuhr er sie an, in weitaus schärferem Ton, als er es beabsichtigt hatte.
„Lady Harrington ist in der Halle“, entgegnete sie leise.
Sein Herz schlug noch schneller. Er würde seine Aufregung zügeln müssen, sonst könnte sie merken, wie heftig er sich von ihr angezogen fühlte. Er nickte Meg zu und hinkte hinaus, während er an seinem Halstuch zupfte. Um ein Haar hätte er einen Frack angezogen, aber das wäre lächerlich gewesen. Stattdessen hatte er sich für eine helle Hose entschieden, eine silberne Weste und einen dunkelbraunen Rock. Zumindest sehe ich tadellos aus, dachte er.
Dann betrat er das große Zimmer und blieb wie angewurzelt stehen.
Blanche stand am Fenster und blickte hinauf zum Abendhimmel, an dem die Sterne funkelten. Sie trug ein schimmerndes, moosgrünes Kleid mit tief ausgeschnittenem Mieder und engen Chiffonärmeln. Ihr helles, lockiges Haar war aufgesteckt. Sie wirkte unglaublich zart und schön. Er musste der Tatsache ins Auge sehen, dass er sie schon immer für sehr schön gehalten hatte, ihr jedoch mit respektvoller Zurückhaltung begegnet war. Jetzt starrte er sie einfach nur an, denn sie waren allein in seinem Haus. Und in diesem Augenblick wünschte er sich nichts sehnlicher, als sie in die Arme zu schließen, seine Lippen auf ihre zu pressen und verdammt, sie leidenschaftlich zu küssen. Aber das würde nie geschehen. Unglücklicherweise fühlte er, wie sich – trotz der Ereignisse am Nachmittag – etwas in seinen Lenden regte.
Sie drehte sich zu ihm um und lächelte ihn an.
Anscheinend hatte sie ihre Fassung endgültig zurückgewonnen. Seine Bewunderung für sie stieg. Er würde alles dafür geben, wenn sie das Rendezvous mit Anne wirklich vergessen konnte. Und wenn sie es für unbedeutend im Hinblick auf seinen Charakter hielt.
„Guten Abend. Sie sehen ausgeruht aus.“ Er verbeugte sich leicht.
Ihre Wangen waren ein wenig gerötet, als hätte sie Rouge aufgetragen, aber er vermutete, dass sie so etwas nicht benutzte. „Ich habe ein wenig geschlafen. Bin ich zu früh? Ich sehe, dass Ihre anderen Gäste noch nicht eingetroffen sind.“
Er zögerte. „Ich fürchte, es gibt keine anderen Gäste.“ Hatte sie Gesellschaft erwartet?
Sie erschrak. „Oh, ich nahm an, es käme noch jemand … Tut mir leid. Es ist egal.“ Ihre Stimme klang gleichmütig, doch ihre Wangen wurden noch rosiger.
Freudlos lächelte er und fragte sich, ob es sie störte, dass sie nur zu zweit sein würden. „Ich fürchte, ich bin mit meinen Nachbarn nicht sehr gut bekannt.“
„Aber Sie leben doch schon seit Jahren hier.“
„Ja, das stimmt.“
Überrascht sah sie ihn an. Jetzt erst hat sie erkannt, wie zurückgezogen ich tatsächlich lebe, dachte er. Er hatte das Bedürfnis, ihr diesen Umstand irgendwie zu erklären. „Ich habe keine Dame des Hauses, daher gibt es keine Einladungen.“ Aber das stimmte nicht. Er verachtete höfliche Konversation ohne Sinn und hasste es, von den Frauen anderer Männer umschmeichelt zu werden.
Jetzt lächelte sie wieder. „Es tut mir leid, Sir Rex. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass Sie Ihre Nachbarn einladen. Aber so ist es besser, nicht wahr? Sie sind der einzige de Warenne, den ich nicht so gut kenne.“
Sein Herz schlug schneller. Sie wollte ihn besser kennenlernen? Das erstaunte ihn – und es gefiel ihm. Aber natürlich machte sie nur Konversation. Oder meinte sie ernst, was sie sagte? „Ich kann nur hoffen, dass ich Sie mit meinen Gesprächen nicht langweile.“
Erneut lächelte sie. „Ich kann mich nicht erinnern, dass eine Unterhaltung mit Ihnen jemals langweilig gewesen ist.“
Er verzichtete darauf, zu erwähnen, dass ihre Gespräche in den letzten Jahren immer recht kurz ausgefallen waren. „Würden Sie gern einen Sherry oder einen Wein haben?“, fragte er höflich.
„Nein, danke“, erwiderte sie.
Rex ging zum Getränkewagen und bemerkte, dass sie sich im Zimmer umsah. Er schenkte sich
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