Die Lady auf den Klippen
ungewöhnlich, so dachte jeder. Unweigerlich musste sie daran denken, wie tüchtig er war und wie gut er seine eigenen Angelegenheiten regelte; sein Anwesen war ein gutes Beispiel dafür. Es fiel ihr schwer, das zuzugeben, aber sie brauchte jemanden mit Sir Rex’ Fähigkeiten. Doch er war für sie nicht die richtige Wahl, egal, wie Bess darüber denken mochte. Denn seine Gegenwart genügte schon, um sie zu beunruhigen.
„Wie werden Sie sich entscheiden?“
Sie erstarrte. „Inwiefern?“
„Wie werden Sie entscheiden, welcher Bewerber der beste Ehemann sein wird? Sie haben gerade gesagt, dass Sie nicht aus Liebe heiraten werden, sondern aus wirtschaftlichen und anderen Vernunftgründen. Demnach muss Ihr Zukünftiger einige Voraussetzungen erfüllen.“
Sie fühlte sich unbehaglich. „Meine besten Freundinnen beraten mich.“
Er wirkte noch überraschter. „Lady Waverly und – ich erinnere mich nicht an den Namen der Brünetten.“
„Sie ist jetzt Lady Dagwood. Felicia ist frisch vermählt.“
„Und was raten Ihre Freundinnen Ihnen?“
Blanche sah ihn an, und ihre Blicke begegneten sich. Diesmal gelang es ihr, nicht wegzusehen. Sie fühlte, wie sie errötete. Es war ihr unmöglich, ihm zu sagen, was Bess und Felicia geraten hatten.
Er beugte sich vor. „Ihnen ist doch wohl bewusst, dass von Ihren zweihundertachtundzwanzig Bewerbern zweihundert nichtsnutzige Mitgiftjäger sind?“
Sie fuhr mit der Zunge über die Lippen, die sich plötzlich schrecklich trocken anfühlten. „Da bin ich anderer Ansicht. Ich bin fest davon überzeugt, dass von meinen zweihundertachtundzwanzig Bewerbern zweihundertachtundzwanzig Mitgiftjäger sind.“
Er wirkte erleichtert, und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Gott sei Dank sind Sie eine vernünftige Frau. Was also raten Ihnen Ihre Freundinnen, und wie werden Sie aus dieser Menge auswählen?“
„Meine Freundinnen hoffen, ich suche mir jemanden aus, der jung und gut aussehend ist, und es ist ihnen egal, ob er sich nur für mein Vermögen interessiert.“
„Sie werden doch hoffentlich nicht auf diese beiden hören!“
„Ich bin nicht interessiert an einem Burschen, der jünger ist als ich, und mir ist es egal, ob mein Ehemann gut aussieht oder nicht.“ Sie starrte auf die Decke. Sir Rex war ebenfalls gut aussehend. Manchmal fand sie sogar, er sähe zu gut aus.
Er beruhigte sich wieder. „Ich hoffe, Sie bleiben auch noch so vernünftig, wenn Ihnen ein charmanter Schurke gegenübersteht, der Ihnen etwas von seiner unsterblichen Hingabe ins Ohr flüstert – und behauptet, jedes Wort ernst zu meinen, obwohl das Gegenteil der Fall ist.“
„Ich glaube nicht, dass ich mich täuschen lasse, Sir Rex“, erklärte sie, und wieder begegneten sich ihre Blicke.
„Ich muss Sie dennoch warnen, Lady Harrington“, sagte er schließlich.
„Warum das?“
„Weil ich, im Gegensatz zu dem, was Sie vielleicht denken mögen, ein Gentleman bin.“ Er errötete. „Sie sind ein sicheres Ziel für jeden berechnenden Burschen. Sie brauchen keinen Gemahl, der Ihr Vermögen verschleudert, statt es zu verwalten. Und selbst wenn er in den ersten ein oder zwei Jahren recht amüsant ist, wird er Ihnen viele traurige Jahre bescheren. Die Sorte Mann, die ich meine, wird jeden einzelnen Cent ausgeben und dann fortgehen, nach freiem Belieben.“
Sie starrte ihn an. „Ich kann es mir vorstellen“, sagte sie.
„Gut.“ Er schenkte sich noch mehr Wein ein und wirkte verärgert.
Sie war sich darüber im Klaren, wie schrecklich eine schlecht gewählte Verbindung sein könnte. „Würden Sie mir einen Rat geben?“
Er sah nicht fort; sein Blick war vielmehr so aufmerksam, dass es sie erschreckte. „Ich würde Ihnen raten, das Netz außerhalb der üblichen Fischgründe auszuwerfen“, antwortete er sofort. „Der Mann, den Sie suchen, wird nicht freiwillig vortreten, weil er sich Ihrer nicht für würdig erachtet.“
Ich habe noch nie einen besseren Rat bekommen, dachte sie. Er hat recht. Sie musste alle zweihundertachtundzwanzig Bewerber abweisen und neue finden. War das vielleicht der Grund, warum Sir Rex nicht dabei gewesen war?
Ihr Herz schlug wieder schneller, was sie nicht begriff. Natürlich war das der Grund – er war kein Mitgiftjäger, und er würde sich nie in eine Situation begeben, in der er den Anschein erwecken könnte.
Andererseits bedeutete
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