Die Lady auf den Klippen
Bess und deren Kuppelversuchen!
„Lady Harrington.“ Er setzte sich neben sie und legte vorsichtig seine Krücke ins Gras.
Sie brachte ein strahlendes Lächeln zustande und war sich durchaus bewusst, dass eine Flucht unmöglich war. Also musste sie ein unverfängliches Thema finden. „Wein ist eine großartige Idee!“ Und viel zu spät wünschte sie jetzt, ihre Fassung zurückzuerlangen und sie wie eine Rüstung anlegen zu können.
Prüfend sah er sie an. „Manchmal bemerke ich Sorge auf Ihren Zügen.“
Sie machte große Augen. Er war kein Zigeuner, der ihre Gedanken lesen konnte.
„Ich würde diese Besorgnis gern vertreiben. Bis zum Frühling werden die Johnsons gut zurechtkommen. Wenn Sie es wünschen, werde ich mich persönlich darum kümmern.“
Er glaubt also, dass ich mich so seltsam verhalte, weil ich mir wegen der Johnsons Sorgen mache, dachte sie erleichtert.
„Vielen Dank. Ich mache mir wirklich Gedanken um deren Wohlergehen. Es wäre sehr nobel von Ihnen, wenn Sie die Familie im Auge behielten.“
Versonnen ließ er den Blick über sie wandern, dann reichte er ihr ein wenig kaltes Huhn und Salat. Sie versuchte, sich auf das Essen zu konzentrieren, doch es war ihr unmöglich, denn er saß sehr nahe bei ihr. Tatsächlich war es weitaus intimer, sich eine kleine Decke zu teilen, als in seinem Speisesaal einander gegenüberzusitzen.
„Ich hörte, dass der Earl und die Countess im Mai ihren Hochzeitstag feiern“, brachte sie schließlich heraus.
„Ja“, antwortete er und schwieg dann, als Anne mit einer offenen Flasche Wein und zwei Gläsern kam. Er dankte ihr, und sie ging wortlos wieder davon. Nachdem er eingeschenkt hatte, reichte er Blanche ein Glas und widmete sich dann wieder dem Essen auf seinem Teller. „Es wird ein Familienfest. Ich freue mich darauf.“
„Sie scheinen einander noch immer so sehr zu lieben wie früher“, meinte Blanche, nachdem sie lustlos etwas von dem Huhn gegessen hatte.
Er dagegen schien immer noch Appetit zu haben. Aber er blickte auf. „Sie lieben einander sehr. Als sie sich kennenlernten, waren beide verwitwet, daher war es eine Liebesheirat.“
Blanche starrte ihn an. Unweigerlich musste sie daran denken, dass jeder in seiner Familie glücklich verheiratet war, mit Ausnahme von ihm selbst. Sie konnte nicht fragen, warum das so war, auch wenn es sie in diesem Moment dazu drängte. „Es scheint in Ihrer Familie zu liegen, aus Liebe zu heiraten.“
„Ja, das stimmt.“ Er warf ihr einen seltsamen Blick zu.
Blanche spürte, dass sie neugierig war und konnte sich das selbst nicht erklären. Doch dass er noch nicht seine Liebe gefunden hatte, war doch sicher nicht der Grund, warum Sir Rex noch unverheiratet war? Er wirkte so gar nicht romantisch. „Vielleicht werden Sie der Nächste sein.“
Er wandte sich ab und griff nach seinem Weinglas. „Ein romantischer Gedanke.“ Fragend sah er auf. „Sind Sie eine Romantikerin, Lady Harrington?“
„Nein.“ Sie war tatsächlich keine Romantikerin. „Ich war bisher noch nie verliebt und werde aus reiner Vernunft heiraten und aus wirtschaftlichen Gründen.“
Sein Blick wurde noch aufmerksamer. „Eine Heirat wird immer aus reiner Vernunft geschlossen. Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz, was wirtschaftliche Gründe damit zu tun haben.“
Sie holte tief Luft. Dies war ein unverfängliches Thema. „Letzten Monat habe ich mich mit den Anwälten meines Vaters zusammengesetzt in dem Versuch, die finanziellen Angelegenheiten meines Vaters zu klären. Es ist alles so schrecklich kompliziert! Es gibt Unternehmen in Übersee, Anteile bei Gesellschaften, von denen ich noch nie vorher gehört habe, wie auch seltsame Geschäftsbeziehungen. Ich denke nicht mathematisch. Ich bin damit vertraut, mich um unsere Zuwendungen für wohltätige Zwecke zu kümmern; das interessiert mich. Buchführung verstehe ich nicht, und noch viel weniger die verschiedenen Investitionen.“
„Deswegen brauchen Sie einen Ehemann.“ Er trank sein Glas leer. „Darin stimme ich Ihnen zu. Harrington stand in dem Ruf, ein hervorragender Geschäftsmann zu sein. Ich habe Freunde, die aus seinen Investitionen lernen wollten, in der Hoffnung, es ihm gleichzutun. Doch natürlich hielt er seine Transaktionen geheim. Warum sollten sie sich mit einem solche Erbe allein herumschlagen?“
Er stimmte ihr darin zu, dass sie einen Ehemann brauchte. Das war nicht
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