Die Lady auf den Klippen
wollen?“
Sie versuchte zu verstehen, was er meinte. „Eine Familie ist immer von Vorteil“, sagte sie endlich und fühlte sich, als würde er sie umkreisen und dabei immer näher kommen.
„Also wäre ich besser dran, wenn ich eine Harpyie oder ein zänkisches Weib zur Frau nähme?“
Sie spürte, wie sie errötete. Was sollte sie sagen? „Sie könnten die Liebe finden – das ist in Ihrer Familie angelegt.“
„Vielleicht bin ich die Ausnahme für diese Regel“, sagte er glatt. „Oder vielleicht habe ich sie schon gefunden.“
Ihr Herz drohte stillzustehen.
Seine Miene wurde verbittert. „Liebe wird absolut, vollkommen und völlig unnötig grenzenlos überschätzt.“ Damit hinkte er davon.
Sie starrte ihm mit offenem Mund nach. Sir Rex hatte ein gebrochenes Herz. Und das erklärte alles.
Dann drehte er sich plötzlich um. Jetzt lächelte er wieder, diesmal ein kühles Lächeln. Doch er wirkte nicht mehr verführerisch, sondern wütend. „Was hat Sie heute Nacht wirklich wach gehalten?“
Sein abrupter Stimmungsumschwung verwirrte sie. „Ein Traum“, erklärte sie sofort. Glut stieg ihr in die Wangen, denn sie wollte nicht lügen, nicht einmal zu einer Notlüge greifen.
Er wusste es, sie erkannte es an seinem belustigten Lächeln. „Ich hoffe, es war ein guter Traum.“
Sein verführerischer Tonfall und das, was er mit seiner Bemerkung andeutete, gefielen ihr nicht. Bewusst wandte sie den Kopf ab, damit er nicht von ihrer Miene ablesen konnte, dass sie über ihre zukünftige Heirat nachgedacht und ihn dabei als möglichen Kandidaten ins Auge gefasst hatte. Was sollte sie jetzt tun? Sie wusste ja noch nicht einmal, warum sein Herz verwundet, vielleicht sogar gebrochen war.
„Und von wem haben Sie geträumt?“
„Sir Rex!“, rief sie entsetzt aus.
„Das dachte ich mir“, erklärte er zufrieden, aber kühl. „Sie sind eine außergewöhnliche Frau, das habe ich schon immer gewusst. Und ich habe stets akzeptiert, dass Sie eine der wenigen echten Damen im ton sind. In der letzten Zeit habe ich allerdings über Sie nachgedacht.“
Sie entschied, dass er wirklich sehr betrunken war. Zudem gefiel ihr diese Wendung des Gesprächs nicht. „Ich muss mich jetzt zurückziehen“, sagte sie rasch.
„Sie sind eine Dame, durch und durch, aber Sie sind auch ein Mensch. In Ihren Adern fließt Blut so wie bei jedem anderen Menschen auch. Sie träumen wie wir alle. Ich frage mich immerzu, wovon Sie wohl träumen – und von wem.“ Er trat einen Schritt näher. Er wirkte nicht betrunken, aber er musste es sein, denn sonst hätte er niemals eine solche Frage gestellt. Am schlimmsten war, dass sein Blick so aufmerksam war.
Ihr stockte der Atem. Und endlich brachte sie heraus: „Sir Rex, ich fühle mich unbehaglich!“
„Weil ich ein Flegel bin – ein betrunkener Flegel. Kommen Sie schon, leugnen Sie es nicht. Ich weiß, was man hinter meinem Rücken über mich sagt, genau wie Sie es wissen. Warum, Blanche? Weshalb haben Sie sich entschieden, zwei Nächte hierzubleiben, wenn es doch nur für eine Nacht nötig gewesen wäre? Wir wissen beide, dass ich Sie gestern schockiert habe. Wenn Sie mich je bewundert haben, so ist es damit jetzt vorbei.“ Ein seltsamer Ausdruck lag auf seinem Gesicht. „Aber Sie sagen, Sie wollen mich nicht beleidigen, daher bin ich verwirrt. Ihre genauen Worte waren: Sie zu beleidigen ist das Letzte, was ich will. Ist das eine höfliche Lüge, Lady Blanche? Denn das können Sie unmöglich ernst meinen.“
Blanche merkte, dass sie heftig den Kopf schüttelte. „Ich habe Sie immer bewundert, Sir Rex“, sagte sie.
Er sah sie an, und Schweigen breitete sich in dem großen Raum aus.
„Also geben Sie bitte nicht vor zu wissen, was ich denke.“
„Ist das Ihr Ernst?“, fragte er.
„Ja.“ Versehentlich biss sie sich so heftig auf die Lippe, dass es blutete. „Ich bin so beeindruckt, wie erfolgreich und tüchtig Sie sind. Ich hatte nicht erwartet, dass das Anwesen so gut läuft.“
Er schien überrascht.
„Heute in Penthwaite haben Sie sich mit Ihrer Hilfe sehr großzügig gezeigt. Sie sind ein vornehmer und großzügiger Mann.“
„Aber ich schlafe mit meinem Hausmädchen!“
Sie presste die Hände an ihre glühenden Wangen. „Das ist nicht meine Sache – und wäre ich nicht einfach so hereingekommen, hätte ich nie davon erfahren. Ich bedaure dieses
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