Die Lady in Weiß
Schlafzimmer schlich und mich dann dazu brachte, einem aufdringlichen Bekannten von ihr vorzuspielen, ich sei ein Straßenräuber. Sie gab mir sogar ihren Schmuck und auch die Geldbörse des Mannes, um die Komödie glaubhaft zu machen.“
„Caro Moncrief“, stöhnte Jack.
„Caro Moncrief?“, wiederholte Desiree ungläubig. „In meinem Haus? Im Schlafzimmer meines Bruders?“
„Jawohl, in meinem Schlafzimmer.“ Jeremiah bemerkte erfreut das leichte Unbehagen seines Schwagers, der sonst immer unerschütterlich und unanfechtbar wirkte. „Nun, Jack, vielleicht kannst ja du erklären, wie sie hierherkam. Sie sagte, sie hätte zuvor mit dir gesprochen, und ich glaube, dir hat sie weitaus mehr erzählt als mir.“
Jack seufzte und begann, mit der Gabel in dem Essen auf seinem Teller herumzustochern. „Sie hat mir auch nicht alles erzählt. Caro tut das nie.“
„Also wirklich, Jack, wenn du meinen Bruder nicht über sie aufklären willst, dann werde ich es eben tun“, sagte Desiree. „Die Countess of Byfield ist von noch geringerer Herkunft als wir armen Amerikaner, Jeremiah. Ihre Mutter war eine der bekanntesten Kokotten der Stadt, und sie hat ihre Tochter an Byfield verkauft, als sie fast noch ein Kind war. Du kannst dir vorstellen, was es für ein Gerede gab, als der alte Earl das Mädchen geheiratet hat.“
„Ist er so viel älter?“ Jeremiah erinnerte sich an Caros Unbeholfenheit, als er sie zum ersten Mal geküsst hatte, und wunderte sich jetzt nicht mehr darüber.
„Oh, Byfield ist sehr viel älter“, erklärte Desiree. „Er könnte mindestens ihr Vater sein, vielleicht sogar ihr Großvater. Sie gehen fast nie aus, und wenn sie es doch tun - nun, dann wirken sie schon ein wenig sonderbar. Wer weiß, was sie tun, wenn sie allein sind. Sie muss sich für ihn immer ganz in Weiß kleiden, wie eine Griechin aus der Antike, von den Sandalen an ihren Füßen bis zu den Lorbeerblättern in ihrem Haar. Und er ermutigt sie, alles zu tun und zu sagen, was ihr Spaß macht, als wäre sie ein Kind. Und dann ist da noch dieser alte Drache, ihre Schwiegermutter. “
„Desiree, Liebes“, sagte Jack sanft. „Du klatschst.“ Desiree verzog spöttisch das Gesicht. „Ich klatsche nicht, Jack. Ich warne nur meinen Bruder, ehe er sich von dieser Frau zu sehr den Kopf verdrehen lässt.“
„Um meine Tugend vor einem gefallenen Mädchen zu schützen?“, erkundigte sich Jeremiah amüsiert.
„Nein, du großer Dummkopf, um dich vor Schwierigkeiten zu bewahren. Sie hat keine Kinder, daher wird der Neffe eines Tages wohl alles erben. Und da Lord Byfield seit einer Seereise vor zwei Jahren vermisst wird ... “
„Sie ist also verwitwet, meinst du?“ Das überraschte Jeremiah. Caro hatte gestern so von ihrem Mann gesprochen, als läge er behaglich zu Hause im Bett und schliefe.
Desiree zuckte die Schultern. „Na ja, das vermutet man. Nur Lady Byfield glaubt nicht daran und hat es bisher abgelehnt, ihren Gemahl für tot erklären zu lassen, sehr zum Ärger des Neffen. Du kannst dir vorstellen, was er jetzt über sie erzählt. Er nutzt jede Gelegenheit, um sie in Misskredit zu bringen. Ich rate dir also, dich bloß nicht in diese Sache verwickeln zu lassen.“
„Ich fürchte, deine Warnung kommt zu spät, liebe Schwester“ , sagte Jeremiah lächelnd, während er den Schmuck wieder an sich nahm. Eine Witwe also, und von einfacher Herkunft. Seine Stimmung hob sich ein wenig. Vielleicht war die Tatsache, dass Caro Moncrief seinen Weg gekreuzt hatte, ein Zeichen dafür, dass ihm das Glück wieder hold war. „Dass sie verwitwet ist, ändert alles, findest du nicht?“
Desiree runzelte die Stirn. „Oh, Jeremiah, bitte nicht! Sie ist nicht irgendein Frauenzimmer, mit dem du dich eine Woche lang amüsieren und das du dann einfach verlassen kannst.“
„Zwei Wochen, Desiree, zwei Wochen.“ Sein Lächeln wurde noch breiter, als er sich vom Tisch erhob. „Dann, das schwöre ich dir, wird der ganze Atlantische Ozean zwischen mir und der hübschen kleinen Countess liegen. Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest... “
„Jeremiah, warte.“ Jack sah besorgt aus, als er ebenfalls aufstand. „Sie hat dich nicht gefragt, oder?“
„Ob ich sie besuchen möchte? So direkt nicht. Aber sie hat mir ihre Diamanten zugeworfen, und das war einladend genug.“
„Das meine ich nicht, Jeremiah. Sie hatte die Absicht, dich nach Hamil Al-Ameer zu fragen.“
Jeremiah erstarrte. Sie hatte die Absicht, ihn nach Hamil
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