Die Lady in Weiß
aus, wissen Sie.“
„Ich weiß es nicht, und es ist mir auch egal“, sagte Jeremiah kurz. „Schicken Sie jemanden zu ihm.“
„Damit wir uns um die Chance bringen, den Ruhm allein zu ernten?“, rief Hart. „Die Kanonen, Mr Sparhawk, die Kanonen! Ich werde Johnson nach unten schicken, damit er Pulver und Kugeln holt, und dann ... “
„Werfen Sie die verdammten Dinger über Bord!“ Jeremiah sah sich nach dem französischen Schiff um, dessen Segel jetzt auch ohne Fernrohr klar zu erkennen waren. Endlich hatte auch der Ausguck die Fregatte entdeckt, und sein Rufen veranlasste die übrige Besatzung, in die Takelage zu klettern und selbst nachzuschauen. „Eine Fregatte dieser Größe führt mindestens sechsunddreißig Kanonen mit sich, und jede davon feuert zweimal so weit wie Ihre kleinen Blechbüchsen. Ehe Sie überhaupt nur zielen können, haben die Sie schon versenkt.“
Er wäre nicht so deutlich geworden, wenn er Caro neben sich bemerkt hätte. Doch sie war weder schockiert noch verängstigt, stattdessen nickte sie. Ihre Augen glänzten vor Aufregung. „Es wäre dumm, wenn wir uns auf einen Kampf einließen, Jeremiah. Sollten wir nicht lieber versuchen, sie abzuhängen?“ Er blickte zu den Segeln hinauf und versuchte, den Wind einzuschätzen. Dann schüttelte er den Kopf. „Sie hätten uns spätestens bei Sonnenuntergang eingeholt. Außerdem -wenn wir fliehen, liefern wir Ihnen einen guten Grund, auf uns zu feuern. “
„Hören Sie, Sie sind nur ein Passagier“, empörte sich Hart. „Und noch nicht einmal Engländer! Sie haben kein Recht, irgendjemandem hier an Bord Befehle zu erteilen.“ „Genauso wenig wie Sie, Sie Esel“, polterte Bertie, der gerade das Deck betrat und sich dabei noch die Hose zuknöpfte. „Was soll all dieses Gerede von einem Franzosen?“
„Da, Süd-Südwest“, sagte Jeremiah, der langsam die Geduld verlor. „So, wie die uns verfolgen, hat Bonaparte wohl den Krieg erklärt, und wir sollen ihre erste Prise sein. Lassen Sie sich schnell etwas einfallen, Bertie. Meine Frau und ich wollen nicht wegen Ihrer Unentschlossenheit unser Leben riskieren.“ Hart drängte sich vor. „Ich sagte ihnen, dass wir kämpfen werden, Sir“, erklärte er eifrig. „Ich sagte ...“
Bertie schlug seinem Maat ins Gesicht, so fest, dass er taumelte. „Sie hätten ihnen sagen sollen, dass Sie keine Ahnung haben. Benutzen Sie das bisschen Verstand, das Gott Ihnen gegeben hat, und lernen Sie, den Mund zu halten.“
„Welche anderen Papiere führen Sie noch mit sich?“, fragte Jeremiah. „Holländische vielleicht? Oder schwedische? Irgendetwas, mit dem wir sie in die Irre führen können, wenn sie an Bord kommen?“
Bertie warf Jeremiah einen finsteren Blick zu, während er ein rotes Tuch hervorzog und sich geräuschvoll schnäuzte. „Das ist ein schmutziger Yankeetrick, genauso gemein wie das Segeln unter falscher Flagge. Ich werde so etwas nicht billigen.“
Jeremiah verschränkte die Arme vor der Brust und sah den Kapitän an. „Sie verlieren lieber Ihr Schiff mitsamt der Ladung?“
Es war Bertie anzusehen, dass er verzweifelt nach einer anderen Möglichkeit suchte.
„Wenn wir versuchen wollen, sie zu täuschen“, sagte Caro auf einmal, und die drei Männer wandten sich zu ihr um, „sollten wir dann nicht die Flagge einholen? Vielleicht haben sie sie noch nicht erkannt. Der Wind steht günstig für uns, und außerdem müssen sie in die Sonne sehen. “
„Die königliche Flagge einziehen, Madam?“, fragte Hart entgeistert. „Wegen eines Franzosen, Madam?“
„Tun Sie, was die Lady gesagt hat, Hart“, knurrte Bertie, „und zwar möglichst unauffällig. Fransen Sie die Leine aus, damit es so aussieht, als wäre sie bei einem Windstoß gerissen. Und denken Sie daran: Wie streichen nicht wegen eines verdammten Franzosen die Flagge, sondern wir versuchen zu schützen, was uns gehört.“
Caro lächelte, und zum ersten Mal seit Wochen bemerkte Jeremiah wieder so etwas wie Humor an ihr. „Und dann geben Sie sie mir zur Aufbewahrung, Kapitän Bertie. Kein galant gentilhomme wird es wagen, die Taschen einer Lady zu durchsuchen.“
Ihr Französisch verwirrte Bertie offensichtlich, und er murmelte nur eine unverständliche Erwiderung.
„Ihr Heimathafen ist Portsmouth, oder?“, erkundigte sich Jeremiah, und Bertie nickte. „Dann ändern wir Ihre Papiere nur gerade so viel, dass sie als amerikanisch gelten können. In Rhode Island gibt es auch ein Portsmouth, weit oben am
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