Die Lady mit dem Bogen
Mannes mit der Fackel und zog diese näher zu sich. »Ich lebe, und ich kam, um Euch nach St. Jude’s Abbey in Sicherheit zu bringen.«
Die Königin starrte sie an. »Ihr seid tatsächlich am Leben.«
»Das bin ich.«
»Und in Männerkleidung.« Sie blickte an Mallory vorbei, wobei ein kleines Lächeln um ihre Lippen zuckte.
»Wir müssen auf direktem Weg nach England!«
»Nach England?« Die Königin stand kopfschüttelnd auf. »Ich gehe nach Frankreich, wo ich noch immer Verbündete habe.«
»Nach Frankreich?« Mallory sprang auf und warf Saxon einen Blick zu. »Das ist zu gefährlich. Die Armee des Königs befindet sich zwischen hier und der französischen Grenze.«
»Doch wird der König nach seiner Gemahlin Ausschau halten.« Königin Eleanor zupfte an Mallorys nassem Ärmel. »Aber nicht nach einem Mann, der mit seinen Gefährten vor den Kämpfen flieht. Eure Verkleidung hat mich inspiriert, Lady Mallory. Ich danke Euch.«
Mallory starrte den Rücken der Königin an, als diese ihren Wachen befahl, nach passender Männerkleidung zu suchen. Rasch war in ihren eigenen Reisesäcken etwas gefunden. Die Königin nahm die Stücke und begab sich in den anschließenden Raum, um sich umzukleiden. Als Mallory ihr folgen wollte, erklärte die Königin, sie brauche keine Hilfe. Mallory widersprach nicht, doch hatte sie ihre Absicht nicht aufgegeben, die Königin weiter zu drängen, sie solle es sich überlegen und mit ihr nach St. Jude’s Abbey gehen. Bis jetzt war ihr nicht bewusst gewesen, wie ähnlich König und Königin einander waren. Beide hörten nur, was sie hören wollten.
Sie drehte sich um und sagte eindringlich: »Saxon, wir müssen unbedingt etwas unternehmen.«
»Warte«, erwidere er und gesellte sich zu den vier Rittern der Königin. Er hockte sich zu ihnen und machte sich daran, in den Staub auf dem Boden eine Karte zu zeichnen, die eine Route vorgab, auf der sie der Armee des Königs ausweichen konnten.
Sie ging ans Fenster und blickte hinaus. Der Regen ließ schon nach. In nördlicher Richtung flackerten Lichter über den Feldern. Die Armee des Königs war noch näher, als sie gedacht hatte.
Sie hörte, wie Saxon ihren Namen vor den Begleitern der Königin nannte. Die Männer sahen zu ihr her und nickten lächelnd. Er schüttelte ihnen die Hände, ehe er sich aufrichtete und zu ihr ans Fenster trat.
»Dort«, sagte sie und deutete in Richtung der Lichter. »Die Armee des Königs.«
»Ich weiß, wie nahe der König ist, und die Getreuen der Königin wissen es auch. Daher ist ihnen klar, wie wichtig es ist, die Anweisungen, die ich ihnen gab, zu befolgen.«
»Das wird dir der König niemals verzeihen.« Er lächelte und legte den Arm um ihre Taille. »Das lass meine Sorge sein, Liebste.«
Die Königin trat wieder ein. Das Übergewand, das sie trug, reichte ihr bis zu den Schuhspitzen und sah nicht viel anders aus als eine ihrer Roben. Sie kam durch den Raum auf Mallory zu und reichte ihr die Hand.
Mallory, die auf die Knie sank, beugte sich darüber.
Königin Eleanor legte ihre Hand auf Mallorys Kopf. »Lady Mallory, Ihr habt einmal mehr den Beweis erbracht, wie wichtig St. Jude’s Abbey ist. Überbringt Eurer Äbtissin die Nachricht, dass einige Zeit vergehen wird, bis ich wieder in Verbindung mit ihr treten kann, doch muss das Kloster weiterhin bereit sein, der Königin von England zu dienen.«
»Ich will es ihr bestellen.« Sie versagte sich die Bemerkung, dass sie nicht sicher war, ob die Abtei noch länger existieren würde. Sie konnte nur hoffen, der König würde sie nicht dem Erdboden gleichmachen lassen.
An Saxon gewendet fuhr die Königin lächelnd fort: »Auch Ihr habt mir gut gedient. Ich hoffe sehr, Euren Geschichten wieder einmal zu lauschen.« Sie ergriff Mallorys Hand und legte sie auf Saxons Hand. »Ich übergebe meine Dame Eurer Obhut, Saxon Fitz-Juste. Bringt sie wohlbehalten nach Hause.«
»Das verspreche ich, auch wenn sie es nicht schätzt, wenn jemand sie in Obhut nimmt.«
»Sie ist eben eine Lady von St. Jude’s Abbey.« Ihr nächster Blick galt ihren Begleitern. »Kommt. Wir müssen unverzüglich fort.«
Mallory erhob sich, als die Königin den Raum verließ, so königlich und weiblich in jeder Bewegung, dass es sehr zweifelhaft war, ob man sie für einen Mann halten würde. Ihre Begleiter und die zwei Männer, die sie eingelassen hatten, folgten ihr.
»Ich wünschte, sie würde nach England und in unser Kloster kommen«, sagte Mallory in die Stille
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