Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)
Scheide schob, fragte sie: »Habt Ihr Euer Schwert gegen Lord de l’Isle oder gegen mich gezogen, als Ihr auf den Tisch in der Halle zugestürmt seid?«
Christian hatte nicht die Absicht, diese Frage zu beantworten. Er wollte nicht daran erinnert werden, dass schon der Anblick der schönen Avisa, die de l’Isle betörte, genügt hatte, ihn vor Wut blind zu machen.
Er deutete auf die andere Seite des Hofes und sagte: »Wir vergeuden unsere Zeit.«
»Es ist keine Zeitverschwendung herauszufinden, was Eure Absicht war.«
Er umfasste ihre Schultern und ließ sie auch nicht los, als sie abwehrbereit erstarrte. »Avisa«, sagte er und zog sie näher an sich, »ich gelobte, Euch bei der Suche nach Eurer Schwester zu helfen, und ich gebe freudig mein Leben, um sie vor dem Feind Eurer Familie zu retten, doch meine Gedanken gehören mir.«
»Ich muss wissen, ob ich mich darauf verlassen kann, dass Ihr in der Aufregung keine Torheit begeht.«
»Seid unbesorgt.« Er biss die Zähne zusammen, als ihn mit jedem Herzschlag Erbitterung durchströmte. Woher wusste sie, dass genau diese Worte ihn bis in die Seele trafen?
Sie legte beide Hände auf seine Brust, um ihn von sich zu schieben. Als er sie nicht losließ, wurden ihre Augen groß vor Zorn, der ihn einschüchtern sollte. Er ließ sich nicht herausfordern.
»Wenn Ihr fertig seid …«, sagte er kühl. »Wir sollten schon längst unterwegs sein.«
»Wie ich sehe, habt Ihr es eilig, Eure Tapferkeit unter Beweis zu stellen.« Ihre Augen wurden noch größer. »Christian, es tut mir leid. Ich habe es nicht so gemeint.«
»Nein? Wenn Ihr die Wahrheit wissen wollt, so habe ich es eilig, mit einem Frauenzimmer fertig zu werden, dass einem für angebotene Hilfe keinen Dank weiß.« Er ließ sie los und wandte sich ab. »Kommt mit.«
Er spitzte die Ohren, ob er ihre leisen Schritte hinter sich hören konnte, und lächelte kalt, als er das leise Rascheln ihres Rockes an der Schwertscheide, die sie trug, vernahm. Ohne sich umzublicken ging er weiter zum Stall, mit jedem einzelnen Schritt geizend, um seinen rechten Knöchel zu schonen. Von de l’Isles Hausgesinde waren nur wenige im Innenhof zu sehen, diese aber schienen so sehr in ihre Arbeiten vertieft, dass ganz klar war, dass sie ihn und Avisa genau beobachteten.
»Christian?«
Er gab keine Antwort. Wandte er sich zu ihr um, lief er Gefahr, sich in ihren blauen Augen zu verlieren, die eine Sanftheit vortäuschten, die sie nur selten an den Tag legte. Ihr Gewand würde durch den Wind an ihre verlockende Gestalt gedrückt. Da allein ihr Anblick genügte, um ihn in eine Position der Schwäche zu versetzen, war es klug, wenn er nicht in ihre Richtung schaute.
»Christian«, sagte sie, nun schon näher gekommen. »Was ich sagte, tut mir aufrichtig leid. Ich war außer mir.«
»Wenn Ihr so leicht aus der Fassung zu bringen seid, wäre ich ein Narr, Euch zu trauen.«
»Ach …« Ihre Stimme war leise und brach fast an dem einzigen Wort. Sie überholte ihn, um sich ihm in den Weg zu stellen, und rief seinen Namen, als er um sie herumging.
Er ging weiter. »Für eine Debatte ist keine Zeit, auch habe ich keine Zeit, Euch zu suchen, wenn Ihr Euch entfernt, um Gott weiß was zu unternehmen.«
»Ich sagte, dass ich in die Waffenschmiede wollte.«
Wohl wissend, was er riskierte, blieb er stehen und sah sie an. Der Wind hatte Haare aus ihren Kopfbändern gerissen und wehte sie ihr ins Gesicht. Die Strähnen betonten jede Rundung, die seine Finger einlud, sie zu erkunden.
Christian verschränkte die Hände im Rücken, um dieser Versuchung nicht zu erliegen. »Ich meinte Euer Verschwinden aus unserer Kammer, ohne jemandem zu sagen, wohin Ihr wolltet.«
»Seid Ihr so aufgebracht, weil ich hinausgelangte, ohne Euch zu wecken?«
»Ja.«
»Ach«, sagte sie wieder, und er wusste, dass er sie erschreckt hatte.
»Avisa, wenn Ihr Eure Schwester retten wollt, müsst Ihr uns eines zugestehen: Wir müssen immer wissen, wohin Ihr Euch begebt.«
»Und jeder von Euch wird mir dasselbe zugestehen?«
»Für Guy kann ich nicht sprechen.«
»Vielleicht ist es besser, man weiß nicht, was er macht, wenn er für sich sein möchte.«
Mit einem verhaltenen Auflachen bot er ihr seinen Arm. Es war unmöglich, Avisa böse zu sein. Sie konnte einen gehörig in Rage bringen, stellte aber auch eine Herausforderung dar. Und sie bewies Vernunft … wenn sie keine andere Wahl hatte.
Baldwin kam mit ihren Pferden auf sie zu. Guy stand neben seinem
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