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Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)

Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition)

Titel: Die Lady mit dem Schwert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
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streiten war einfach, weil er emotional und nicht rational reagierte.
    »Es war der Wunsch meines Vaters.« Die Wahrheit war erfrischend wie ein lindes Lüftchen nach einem heißen Sommertag. »Ich bin glücklich, die ritterliche Kampfkunst erlernen zu dürfen.«
    »Ihr beugt Euch also zuweilen dem Willen eines Mannes?«
    »Wenn das Anliegen vernünftig ist.« Sie hätte den Mund halten sollen, wie sie merkte, als seine Lippen sich wieder verkniffen. Ihn fortgesetzt zu reizen, würde die Spannung zwischen ihnen nicht mindern.
    »Hoffentlich haltet Ihr es für vernünftig, dass wir in dem Haus dort drüben nächtigen.«
    »Christian, ich habe nicht …«
    »Still, Avisa!«, er hob die Hand. »Folgt mir langsam.«
    Sie musste seine Vorsicht bewundern, als er sich dem Haus näherte. Es lag hinter einer Steinmauer, so hoch, wie sie ihre Hände über den Kopf strecken konnte. Vermutlich waren die Bewohner Bauern, die sich während der kurzen Tage nach der Mühsal der Erntezeit ausruhten. Aber solange man die Wahrheit nicht kannte, musste man auf der Hut sein.
    Das lange, schmale Haus war in besserem Zustand als die Nebengebäude. Stroh und Lehm deckten das Balkenwerk, an einigen Stellen ragten nackte Pfähle hervor.
    Der gefrorene Boden des Hofes bildete bizarre Muster, wo vor kurzem ein Karren Spuren hinterlasen hatte. Avisa schätzte, dass er nicht weit gefahren war. Auf ihrer kurzen, durch das rasche Verschwinden der Sonne hinter aufziehenden Wolken noch mehr verkürzten Tagesetappe waren sie nur einem einzigen Menschen begegnet. Auch das Dorf, durch das sie gekommen waren, hatte verlassen gewirkt. Die Kälte hielt die Menschen bei ihren Feuern. Die Ställe waren leer. Die Tiere waren der Wärme wegen, die von ihren Körpern ausging, in die Häuser gebracht worden.
    Dünne Rauchfinger drangen durch das Strohdach, Zeichen eines einladenden Feuers. Licht schimmerte durch undichte Fensterläden.
    »Wären wir nach Canterbury weitergeritten, anstatt umzukehren, könnten wir jetzt an de Boisverts Feuer sitzen«, murrte Guy, als er sein Pferd neben jenes von Christian lenkte. Ein Schneetreiben ließ Flocken zwischen ihnen wirbeln.
    Christians Blick überflog abermals den Hof. Er war froh, dass Avisa seinen Befehl befolgte … dieses eine Mal. »Ich dachte daran.«
    Sein Bruder schauderte zusammen. »Dann denke auch an jene von uns, die keine holde Avisa haben, die sie wärmt.«
    Ehe er antworten konnte, lachte Avisa, und ihr Lachen klirrte spröde wie vereiste Zweige im Wind. Sie verschränkte die Arme auf dem Sattel und sah Guy mit einem Lächeln an. Christian erwog, seinen Bruder zur Vorsicht zu mahnen, da ihr Witz beißender war als der Wind. Tat er es, würde er aber nur riskieren, beide zu erzürnen, und sein Bruder müsste inzwischen eigentlich wissen, dass er in einem Wortgefecht Avisa nicht gewachsen war.
    » Eine holde Avisa?« Sie schob den Stoff, der ihr Gesicht bedeckte, unter ihre Kapuze. »Ich dachte, ich wäre die einzige.«
    Guys Mund wurde rund vor Staunen, ehe er stammelte: »Ich … ich wollte nicht andeuten …«
    »Nein?«
    »Ich würde nie Worte äußern, die Ihr nicht als Wertschätzung auffassen würdet, holde Avisa.« Sein Bruder hatte seinen Gleichmut rascher wiedergefunden, als Christian erwartet hatte. Vielleicht wurde Guy endlich erwachsen, eine Hoffnung, die zunichtewurde, als Guy fortfuhr: »Ich wollte nur andeuten, dass Ihr süße Wärme besitzt.«
    »Mir ist völlig klar, was Ihr andeuten wolltet.« Sie schwang sich mit derselben Anmut vom Pferd, die alle ihre Bewegungen auszeichnete. »Wenn Ihr Wärme sucht, könnt Ihr den Bauern fragen, der jetzt kommt, ob er Euch über Nacht eine Ziege oder Kuh zum Wärmen gibt.«
    Guy sprudelte eine unverständliche Antwort hervor.
    »Verbergt Euer Angesicht, Avisa«, befahl Christian in rauem Flüsterton.
    »Was?«
    »Keine Widerrede!«
    Christian verbarg sein Erstaunen darüber, dass sie abermals gehorchte. Dann sah er, dass ihre Finger den Schwertknauf streiften, als sie eine Seite des Umhangs über ihr Gesicht zog. Er wusste nun, dass sie sich nicht gefügt hatte. Sie war kampfbereit. Witterte sie überall Gefahr? Sie durfte nicht übereilt reagieren und einem Gegner ihr Vorhaben zu rasch verraten.
    Christians Absicht war es, ein Nachtlager auszuhandeln. Wenn der Bauer sah, dass sie mit einer Frau unterwegs waren, würde der Preis für seine Gastfreundschaft viel höher ausfallen. Obwohl es eine Ehre war, einen Mann des Königs unter seinem Dach zu

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