Die Lady mit der Feder - Roman
wieder nagelte ihn etwas auf dem Bett fest. Er drehte sich ein wenig und starrte ungläubig die Rothaarige an, die neben ihm lag. Lady Odettes Arm schlang sich um seine Mitte, ihr Kopf ruhte an seiner Schulter. Sie kuschelte sich enger an ihn und rückte ihren üppigen Körper zurecht.
Als Isabella zur Tür ging, war jeder einzelne Hüftschwung Ausdruck ihrer Entrüstung. Er musste sie aufhalten, ehe sie annahm … Was hieß annahm? Die Wahrheit war hier vor seinen und ihren Augen.
Er schob Lady Odette so sanft als möglich von sich und schwang die Beine aus dem Bett. Der Boden schien unter ihm zu schwanken, und er zweifelte, ob er einen Schritt würde gehen können. Eile tat not. Mit jedem Schritt, den Isabella sich entfernte, sanken seine Chancen, sie aufzuhalten.
Irgendwie schaffte er es, vor ihr an der Tür zu sein. Sein ausgestreckter Arm hielt sie auf.
»Fahrt zur Hölle!«, fauchte sie ihn an.
»Isabella, Ihr müsst mir zuhören.«
»Wozu denn? Sie liegt in Eurem Bett!«
»Für mich überraschend.« Er gähnte.
»Wie bitte?«
»Sie muss hereingeschlüpft sein, nachdem ich eingeschlafen war.«
»Und Ihr erwartet, dass ich diese Geschichte glaube?«
Er zog die Schultern hoch und gähnte wieder. »Ob Ihr es glaubt oder nicht, ich schwöre, dass es die Wahrheit ist. Meine Wunde schmerzte nach dem Training mit Euch, deshalb nahm ich etwas von Euren schlaffördernden Kräutern.«
»Etwas?« Ihr Zorn ließ nach. »Ich sagte ja, Ihr solltet vorsichtig sein und nur wenig davon nehmen.«
»Nur eine kleine Prise in den Wein. Das war es doch?«
»Ja.«
»Ich trank ein paar Schlucke. Danach erinnere ich mich undeutlich, dass ich mich hinlegte, doch hätte ich es mir gemerkt, wenn schon jemand im Bett gelegen hätte.«
»Wirklich?«
Er lachte. »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ich weiß jedenfalls, dass ich mich erinnert hätte, wenn Ihr darin gelegen hättet.«
»Das reicht, Jordan.« Sie ging um das Bett herum zu Lady Odette, die auf dem Rücken lag, eine Hand dorthin ausgestreckt, wo er gelegen hatte. In leisem Flüsterton fragte sie: »Warum steht Ihr hier? Helft mir lieber.«
»Was wollt Ihr?«
Sie legte sich Lady Odettes schlaffen Arm über die Schulter und richtete die Dame zu einer sitzenden Position auf. »Helft mir, wenn Ihr nicht wollt, dass ihr Bruder auf einer Heirat besteht, da Ihr mit ihr im Bett wart.«
»Ich sagte, ich hätte nicht …«
»Ich glaube Euch vielleicht, aber wird es auch Lord Weirton tun?«
Jordan zögerte mit seiner Antwort, erstaunt, dass sie sein Wort auf seinen Schwur hin akzeptierte. Sie kannte ihn erst kurz und hatte doch viel Vertrauen in ihn gezeigt. Nur ein Mensch hatte ihm jemals so vertraut: Ryce de Dolan. Und nur einem Menschen hatte er so vertraut wie Ryce: Isabella de Montfort. Nicht, weil sie von St. Jude’s Abbey kam, sondern weil nichts - auch nicht gesunder Menschenverstand - sie davon abhalten konnte, ein gegebenes Versprechen zu brechen.
Und er musste es ebenso halten.
Er näherte sich dem Bett und bedeutete Isabella, beiseitezutreten. Lady Odette sank wie eine welkende Blume aufs Bett zurück. Er hob sie hoch und drückte sie an seine Brust. Sie wirkte so zart wie ein totes Blatt. Er blickte auf ihre vollkommenen Züge hinunter, verwundert, dass er kein Verlangen nach ihr empfand. Sie war der Typ Frau, den er bevorzugte - bereitwillig und fügsam -, anders als Isabella, die nie das tat, was er erwartete. Hätte Weirtons Schwester Isabella in seinem Bett entdeckt, hätte es wütendes Gekreisch gegeben. Ebenso, wenn Weirton seine Schwester in Jordans Bett entdeckt und zur Rettung ihres Rufes auf einer Heirat bestanden hätte. Hatte es die Lady darauf angelegt? War sie mit der Absicht in sein Bett geschlüpft, eine Ehe zu erzwingen?
Als hätte er diese Frage laut gestellt, sagte Isabella: »Lasst Euch nicht zu lange Zeit, sie in ihr eigenes Bett zu legen. Wenn Lord Weirton einen Blick in ihr Zimmer wirft …« Sie brauchte nicht auszusprechen, was beide wussten. »Braucht Ihr Hilfe?«
»Ich bin jetzt so stabil, dass ich sie tragen kann.«
»Wie gut, dass sie so klein ist.«
Er wollte nicken und unterließ es, weil ihm schwindelte. Er
musste seinen Kopf - und seinen Verstand - bewahren. Der Boden hob und senkte sich wie ein Schiff auf rauer See, doch setzte er einen Fuß vor den anderen und schob sich langsam zur Tür.
Isabella schlüpfte an ihm vorüber, und der Duft ihres Haares ließ seine Knie noch weicher werden. Sie roch nach Frische
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