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Die Lady mit der Lanze

Die Lady mit der Lanze

Titel: Die Lady mit der Lanze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyn Kelley
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See stach.«
    »Aber du kannst nicht sicher sein, dass sie den Hafen auf der anderen Seite des Meeres erreichten. Dein Feind kann schon tot auf dem Meeresboden liegen.«
    Sie staunte nicht wenig, als er über ihre Wange strich und mit den Fingern an ihrem Mundwinkel verweilte. Seit ihrem Streit unter dem steinernen Monument hatte er sie nicht mehr berührt. »Ich schwor, alles zu tun, um Addfwyns Tod zu rächen.«
    »Auch wenn es zu deinem Tod führen sollte?«
    Er wandte seinen Blick ab. »Das hoffe ich nicht, wenn es aber sein muss, werde ich sterben!«
    »Damit du wieder bei ihr sein kannst?«
    Sie erwartete nicht, dass er ihren Blick erwidern würde, doch tat er es, als er seine Hände auf ihre Schultern legte und sie auf die Knie hochzog. »Es steht nicht fest, dass man mir einen Platz unter den geehrten Toten gewährt.«
    »Das soll wohl ein Scherz sein! Ich kenne keinen Menschen, der mehr Ehre besitzt als du. Du hast den Rest deines Lebens der Erfüllung eines Racheschwures geweiht.«
    »War es denn ehrenhaft, die Ermordung meiner Frau zuzulassen? Wäre ich zur Stelle gewesen und nicht mit Heliwr auf Beizjagd, hätte ich sie vielleicht retten können. Anstatt bei ihr zu bleiben, wie sie mich gebeten hatte, ging ich eigensinnig zu meinen Freunden und …«
    »Bei Sankt Jude, Tarran, du konntest ja nicht wissen, was geschehen würde.«
    »Sie bat mich zu bleiben.«
    »Wie so oft …«
    »Ja.« Die Antwort kam widerstrebend.
    »Und es war gewiss nicht der erste Streit.«
    »Wir zankten uns selten.«
    Sie schob seine Hände fort und stand auf. »Das zu glauben fällt mir schwer«, sagte sie und sammelte die Stöcke ein, die sie benutzt hatten, sowie jene, die sie beiseitegelegt hatte.
    »Warum? Weil du und ich ständig streiten?«
    Die Beantwortung dieser Frage konnte das Gespräch in Richtungen lenken, die zuzulassen töricht gewesen wäre. »Mir ist klar, warum deine Männer dich ›Fürst‹ nennen. Dein Ehrgefühl nötigt einem Bewunderung ab.«
    »Ein Kompliment?«
    »Wenn es angebracht ist, mache ich es.«
    Er nahm ihr ein paar Stöcke ab. Sie glaubte ein Lächeln auf seinen Lippen zu sehen, ehe er hügelan zum Haus ging. Sie folgte ihm, erleichtert, dass er sie nicht nach ihren Plänen gefragt hatte. Vielleicht hatte er sich damit abgefunden, dass sie sich selbst nicht kannte. Sie schaute zum Fluss. Dort lag ihre Antwort.
    »Aber wo?«, flüsterte sie.

16
    Er träumte.
    Warum führten ihn alle Träume zu Annfwn und an den Hof des Todes? Dieser Traum aber war anders als die anderen. Anstatt herrlicher Musik trafen ihn Misstöne wie Keulenschläge. Er hielt sich die Ohren zu, vergebens, da die Klänge auch in ihm waren.
    Die Krieger an den Tischen starrten ihn an. Er wollte herausschreien, dass er wüsste, dass er nicht unter die der Ehre würdigen Toten gehörte. Wussten sie denn nicht, dass kein Lebender das Ziel seiner Träume steuern konnte?
    Der Himmel über dem Hof verdunkelte sich, als würde eine böse Macht Jagd auf die Toten machen. Sofort schöpfte er Hoffnung. Vielleicht wollte ihm der Traum sagen, dass sein Feind nahe war, und er sich dem Bösen stellen und dem Mann gegenübertreten musste, den er für seinen Freund gehalten hatte.
    Dann sah er sie.
    Nicht Addfwyn. Eigentlich hatte er erwartet, Addfwyn würde ihn erwarten, wenn er in seinem Traum hinter den schimmernden Vorhang geriet, der diese Welt von jener trennte, auf der die Lebenden wandelten.
    Er sah Elspeth.
    Sie stand genau in der Mitte der großen Halle. Ihre wie von einem Eigenleben erfüllten Locken fielen ihr über den Rücken, als sie zum Himmel starrte. Er fragte sich, wie er jemals Rot hatte verabscheuen können. Ja, es war eine Erinnerung an den Tod Addfwyns, es war aber auch die Farbe, die sein Gesicht streifte, wenn er Elspeth an sich zog. Es war die Farbe in ihren Wangen, wenn sie einem Gegner gegenüberstand. Es war der warme Ton ihrer Lippen, die sie bereitwillig mit ihm teilte.
    In einer Hand hielt Elspeth den Stock, der an ihrem rechten Fuß lehnte. Wer glaubte, diese Pose deute auf leichte Beute hin, würde eine schmerzliche Lektion erteilt bekommen.
    Ihre Kleidung war nicht aus den luxuriösen Stoffen, wie sie die toten Helden trugen. Staub und getrockneter Schlamm hafteten an ihrem Rock, und ihre Finger, die den Stock umschlossen, waren voller Schmutz. Hatte sie in der Erde gegraben? Warum?
    Er ging auf sie zu. Seine Schritte wurden von der schrillen Musik übertönt. Sie musste seine Anwesenheit gefühlt haben, denn

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