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Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Titel: Die Lady von Milkweed Manor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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gesagt, hier sind zu viele Erinnerungen, in diesem Haus und im Manor House – und keineswegs nur angenehme. Die Zeit in Kent hat mir sehr gefallen. Es ist so friedlich und lieblich dort im Norden. So viel offenes Land. So viel Grün.« Er blickte auf und lächelte sie an. »Und, wie Sie sich vielleicht erinnern, ich mochte auch die Bewohner sehr gern.«
    Sie erwiderte sein Lächeln kurz, spürte aber schon eine aufsteigende Beklemmung. Würden Dr. Taylor und seine Tochter sie hier zurücklassen? Oder nahm er an, dass sie mit ihm nach Doddington zurückkehrte?
    »Ihr Vater wird über meine Rückkehr nicht erfreut sein. Aber darf ich mich von der Meinung eines Einzelnen davon abhalten lassen, etwas zu tun, was mich, wie ich glaube, glücklich machen wird?«
    Zuerst nahm sie an, dass die Frage rhetorisch gemeint war, doch dann merkte sie, dass er sie prüfend ansah und auf ihre Antwort wartete. Er wollte, dass sie die gleiche Frage für sich selbst beantwortete.
    »Charlotte?«
    Sie studierte ihre Hände, die sie fest im Schoß verschlungen hielt.
    »Charlotte, ich möchte Sie nicht als Annes Gouvernante nach Doddington zurückbringen.«
    Sie blickte zu ihm auf. Seltsamerweise war sie erleichtert. Sie hatte sich innerlich gewunden bei dem Gedanken, als Dienerin in ihr Heimatdorf zurückzukehren. Die Verachtung in den Augen ihrer früheren Bekannten zu sehen – vor allem in den Augen ihres Vaters und ihrer Schwester. Obwohl Gouvernante eine relativ angesehene Stellung war. Nein, es war leichter, in der Anonymität Londons zu bleiben. Vielleicht bei Sally und Thomas oder bei Sallys Schwester. Oder sie konnte auch nach Crawley zurückkehren, wie sie es vor längerer Zeit eigentlich geplant hatte.
    »Werden Sie in Kent eine andere Gouvernante suchen?«
    »Ja, das werde ich.«
    »Ich verstehe.«
    »Nein, ich glaube, Sie verstehen nicht. Ich möchte Sie nicht als Gouvernante nach Doddington zurückbringen. Aber ich möchte Sie gern mitnehmen – als meine Frau.«
    »Da ist sie!«, sang Anne, kam zu ihnen gelaufen und ließ sich auf die Decke fallen. »Jetzt werde ich dir Tee einschenken.«
    Während sie das tat, spürte Charlotte Daniels eindringlichen Blick auf sich ruhen.
    »Charlotte, wollen Sie?«
    Sie blickte auf, aus ihren Gedanken gerissen. »Hmm?«
    »Ja, Missy, möchtest du noch Tee?«
    »Danke.«
    Als Anne ihr nachschenkte, blickte Charlotte Daniel an, wies unmerklich mit dem Kopf auf seine Tochter und gab ihm so zu verstehen, dass ihr Gespräch noch warten musste.

    Am gleichen Abend, nachdem Charlotte Anne das Nachthemd angezogen und die Zähne geputzt hatte, kam Daniel wie gewöhnlich herein, um seine Tochter zuzudecken und das Nachtgebet mit ihr zu sprechen.
    Charlotte hängte still das Kleid des Mädchens weg und sammelte die Strümpfe und die Wäsche ein. Dabei hörte sie, ohne es zu wollen, Annes Gebet mit an:
    »Danke für Papa und Großvater und Missy. Und für Constance. Sag Mama, sie soll nicht traurig sein. Wir sind alle glücklich. Amen.«
    Den Arm um die Schultern seiner Tochter gelegt, sah Daniel Charlotte über den gesenkten kleinen Kopf hinweg an. »Amen«, wiederholte er und sein Blick hielt ihren fest.

    Nach dem Frühstück am folgenden Morgen schaute Charlotte auf die Kaminuhr und sah, dass es schon fast neun Uhr war. Daniel saß am Kopfende des Tisches, trank seine dritte Tasse Kaffee und raschelte zerstreut mit der Zeitung.
    »Darf ich spielen gehen?«, fragte Anne.
    »Ja, du darfst«, antwortete Charlotte und blickte ihr nach, als sie das Zimmer verließ. Sie trank ihren Tee aus und sah dann Daniel an. »Besuchen Sie heute keine Patienten?«
    »Noch nicht. Ich könnte mich nicht konzentrieren.« Er legte die Zeitung hin.
    »Ich warte noch immer auf Ihre Antwort.«
    Sie öffnete die Lippen. Schloss sie wieder. Öffnete abermals den Mund. »Ich …«
    »Sagen Sie mir nicht, dass Sie die Frage vergessen haben.« Er machte den schwachen Versuch zu lächeln.
    »Nein«, lachte sie mit schwankender Stimme. »Ich habe an kaum etwas anderes gedacht.«
    »Und?«
    »Und ich glaube …«
    An der Tür war ein lautes Klopfen zu hören.
    Charlotte stand auf. »Ich sehe nach.«
    »Sie brauchen nicht …«
    »Marie hat heute frei.«
    Er seufzte und stand ebenfalls auf. »Nun gut. Aber wir werden heute Abend darüber reden.«
    Charlotte ging nach unten und öffnete die Tür. Sie hatte eigentlich erwartet, einen Boten vorzufinden, der irgendetwas ausrichten wollte. Doch dann erstarrte sie – nur ihren Mund,

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