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Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Die Lady von Milkweed Manor (German Edition)

Titel: Die Lady von Milkweed Manor (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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hören.«
    Charlotte kam plötzlich der beunruhigende Gedanke, dass er sie für vorlaut halten könnte, deshalb fragte sie: »Darf ich vielleicht irgendwann einmal Mrs Taylors Bekanntschaft machen?«
    »Nun … ich … ich glaube nicht …«
    »Natürlich nicht. Verzeihen Sie. In meiner Lage bin ich denkbar ungeeignet, jemandem vorgestellt zu werden. Wie dumm von mir.«
    »Miss Lamb, ich …«
    »Mein Name ist Miss Smith. Gute Nacht, Dr. Taylor.«
    Sie verließ das Büro und ging rasch den Flur hinunter. Ihr Gesicht brannte vor Scham. Du albernes Ding , schalt sie sich. Sie stellte sich vor, wie Dr. Taylor zu seiner Frau sagte, meine Liebe, bitte lass mich dir Miss Charlotte Lamb vorstellen, die sich leider völlig unmöglich gemacht hat. Kannst du dir vorstellen, dass ich sie früher einmal tatsächlich bewundert habe?

5
    Wenn die Milch einer Amme einem Kind ein lautes Lachen oder einen
verschlossenen Charakter verleihen kann, was für Folgen hat dann
die Milch einer Ziege oder einer Kuh?
    Janet Golden, A Social History of Wet Nursing in America
    Die folgenden Wochen vergingen langsam und Charlotte hatte das ewige Strümpfestopfen herzlich satt. In diesem Augenblick stand sie vor dem Schreibtisch der Vorsteherin und fühlte sich wie ein aufmüpfiges Schulmädchen.
    »Mrs Moorling«, begann sie, »ich wollte Sie fragen, ob ich vielleicht auf der Findelkindstation arbeiten dürfte.«
    Die Augen der Vorsteherin verengten sich misstrauisch. »Warum?«
    »Nun, ich … ich zweifle nicht daran, dass Nähen eine durchaus nützliche Tätigkeit ist. Ich dachte nur … nun ja, da ich doch selbst ein Kind bekomme, könnten mir einige Erfahrungen im Umgang mit Neugeborenen vielleicht ganz guttun.«
    Die andere starrte sie immer noch wortlos an.
    »Also eigentlich dachte ich, dass es mir Freude machen würde.«
    Mrs Moorling schüttelte den Kopf. Ihr Blick wurde seltsam trübe. »Darauf würde ich mich nicht verlassen.«
    »Dann darf ich also nicht …«
    »Sie dürfen. Ich meinte nur, ich würde mich nicht darauf verlassen, dass Sie Freude daran haben werden. Sie sind noch recht naiv, nicht wahr?«
    »Ich nehme es an. Dennoch sehe ich nichts Unrechtes …«
    »Es ist gut. Benutzen Sie den Eingang durch die Spülküche. Und achten Sie darauf, die Tür hinter sich fest zu schließen.«
    »Aber was soll ich tun, wenn ich dort bin?«
    »Fragen Sie nach Mrs Krebs. Sie leitet die Station und kann immer Hilfe gebrauchen.«
    Charlotte dankte der Vorsteherin und ging dann durch den Ess- und Arbeitssaal den Gang hinunter zur Spülküche.
    Die hohe weiße Tür mit dem altmodischen Türschloss wirkte wie ein Wächter. Die x-förmigen Kreuzbalken erinnerten Charlotte an Wachsoldaten mit gekreuzten Armen, die den Weg blockierten und sie nicht vorbeilassen wollten.
    Sie verdrängte die alberne Vorstellung und wollte gerade nach dem Riegel greifen, als die Tür unvermittelt in ihre Richtung aufschwang. Charlotte trat zurück und ließ Sally und ein anderes Mädchen durch, die herauskamen. Sally trug ein Tablett mit gebrauchtem Geschirr.
    »Oh, Miss Charlotte! Tut mir leid, meine Liebe, ich hätte dich fast umgerannt.«
    »Hallo Sally.« Charlotte sah zu ihr hoch. Sie hatte noch nie eine so imposante Frau gekannt.
    »Du willst doch wohl nicht da reingehen, oder?«
    »Doch, das wollte ich.«
    »Na ja, Mrs Krebs hat bestimmt irgendetwas auszubessern oder zu putzen.«
    »Könnte ich denn nicht bei den Kleinen helfen? Ich hatte noch nie mit Babys zu tun und sollte vielleicht einiges darüber lernen.«
    Sally stand einen Augenblick ganz still und sah Charlotte groß an. Dann drehte sie sich plötzlich um und drückte dem anderen Mädchen das Tablett in die Hand.
    »Bring das für mich in die Küche, Martha.«
    Das Mädchen verschwand. Sally starrte Charlotte immer noch ohne das leiseste Lächeln an, was sehr ungewöhnlich für sie war.
    »Wenn du wirklich entschlossen bist, gehe ich besser mit.«
    »Gut … danke«, murmelte Charlotte verwirrt.
    Sally nahm Charlotte beim Arm und dirigierte sie durch die Tür, die sie sorgfältig hinter sich zuzog. Dann begleitete sie Charlotte einen weiß gestrichenen Gang hinunter und durch eine schmale Küche hindurch in einen Vorraum.
    »Hier werden die Babys hereingebracht. Aufgenommen, so sagen sie.« Sie deutete auf einen eigentümlichen, drehbaren Einschub, der in die Außenmauer eingelassen war. »Siehst du diese Drehscheibe da?«
    »Ja. Es sieht aus wie das, was wir zu Hause zwischen Spülküche und Küche

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