Die Lagune des Löwen: Historischer Roman: Historischer Liebesroman
überliefern und lautet: Rache ist ein Gericht, das kalt am besten schmeckt. Wie heller Wein lässt eine gute Vendetta sich vorzugsweise lange gelagert und gut gekühlt genießen. Kannst du dir das wohl merken?«
Laura gab keine Antwort, was ihn dazu brachte, den Dolch fester gegen ihren Hals zu pressen. Sie merkte, wie Blut austrat, genau wie damals am Ponte di Rialto, als es ihn so sehr danach verlangt hatte, sie zu töten. Wären nicht die Militi gekommen, hätte er es vielleicht sogar getan. Seinerzeit war nicht viel passiert, nur ein kleiner Schnitt, von dem sie drei Tage später schon nichts mehr gespürt hatte. Doch damals war Antonio zur Stelle gewesen, um sie vor Schlimmerem zu bewahren, außerdem hatte es Zeugen gegeben, die Cattaneo von einer Bluttat abgehalten hatten. Heute war sie allein, und sobald sie um Hilfe schrie, würde sie sterben.
»Ob du dir das merken kannst!«, herrschte Cattaneo sie an.
Sie nickte, äußerst vorsichtig, um dem Dolch keinen zusätzlichen Widerstand zu bieten.
»Die kleine Laura mit den roten Haaren«, flüsterte Cattaneo. »Wie schön sie geworden ist!« Mit der freien Hand betastete er ihre Brüste und streichelte ihr Haar. »Was für eine Verschwendung! Die süße Laura und dieser profane, straßenräuberische Emporkömmling! Du hättest eine der meinen sein können! Eine von denen, die bleiben.«
»So wie Carlo und Valeria?«, presste Laura hervor.
Cattaneo wirkte erstaunt. »Aber ja! Sie haben es wunderbar bei mir, ich sorge immer für sie.« Sein Blick wurde dunkel. »Natürlich muss ich sie hin und wieder bestrafen. Ihnen ihre Grenzen aufzeigen, damit sie nicht vergessen, wer ihr Herr ist.« Er schien nachzudenken und zog sich die Maske herunter. Sein Gesicht war bleich, und er hatte dunkle Ringe unter den Augen. Die vor Wochen überstandene Krankheit war ihm noch anzusehen. Antonio hatte ihr in der vergangenen Nacht von seiner unverhofften Begegnung mit Cattaneo erzählt.
Cattaneo schaute ihr in die Augen und lächelte. »Sag, magst du mich ein kleines bisschen? Bedauerst du es manchmal, dass du nicht meine Tochter geworden bist?«
Sie starrte ihn hasserfüllt an. Hätte die Dolchspitze sich nicht in ihren Hals gebohrt, hätte sie ihm ins Gesicht gespuckt.
»Du könntest mich küssen«, sagte er leise. »Wie jemanden, den du liebst. Dann stecke ich auch das Messer weg.«
»Gut«, sagte sie sofort.
Er packte ihr Kinn und beugte sich vor, doch sie wandte das Gesicht ab. »Zuerst das Messer!«
»Küsst du mich dann, als wäre ich er?«
»Ja.«
»Habe ich dein Wort darauf? Schwörst du es beim Grab deiner Mutter?«
»Ich schwöre.«
Er nahm das Messer von ihrem Hals und steckte es weg, hielt aber zugleich ihre Haare fest, damit sie nicht fliehen konnte. Auf diesen Moment hatte sie gewartet. Sie hob ruckartig das Knie und stieß es ihm mit aller Macht zwischen die Beine, und als er sich ächzend zusammenkrümmte, wich sie seitwärts aus und tauchte unter seinem Arm hindurch. Sie büßte dabei eine Faust voll Locken ein, doch davon ließ sie sich nicht aufhalten.
Cattaneo zog sofort den Dolch wieder hervor. Das metallische Geräusch klang ihr in den Ohren, während sie mit langen Sätzen durch die Gasse rannte. Er folgte ihr mit gezückter Waffe, wie ihr ein rascher Blick zurück über die Schulter zeigte.
Sie lachte verächtlich. Er würde sie niemals einholen, er war noch nicht beweglich genug nach der schweren Krankheit.
Mit dem nächsten Atemzug gab sie einen Schreckenslaut von sich. Vor ihr war ein weiterer Mann aufgetaucht, und sie musste nicht erst sein Gesicht sehen, um zu wissen, wer er war. Die langen, baumelnden Arme und die beinahe zwergenhaft gedrungene Gestalt hätte sie überall sofort wiedererkannt. Cattaneos Diener hatte sie schon einmal beinahe geschnappt. Damals hatte sie Matteo in den Armen gehalten, und wenn sie nicht zufällig auf die Gondel gestoßen wäre, hätte ihr Leben vermutlich eine Richtung genommen, die weit schlimmer gewesen wäre als das halbe Jahr unter Dieben. In jener Nacht war das Glück ihr zu Hilfe gekommen. Heute standen ihr andere Mittel zu Gebote, die genauso wirksam waren.
Ohne zu zögern, rannte sie in vollem Lauf auf den Diener zu. Er kam mit breitem Grinsen näher, die Arme mit den schaufelartigen Händen ausgebreitet, sodass seine Fingerspitzen jeweils die Hauswände beiderseits der engen Gasse berührten.
Du kommst nicht an mir vorbei, lautete seine stumme Botschaft.
Drei Schritte vor ihm schnellte sie
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