Die Landkarte der Liebe
seinen Worten eine persönliche Erfahrung stehen würde.
»Ich kann Ihnen nur sagen, dass Mia zwar keinen Brief hinterlassen hat, wir aber dennoch eine Reihe wichtiger Informationen besitzen. Zunächst haben wir den Bericht der Augenzeugen, die sie wenige Minuten vor ihrem Tod gesehen haben. Wir haben auch die Aussage des Gerichtsmediziners, wonach es keinerlei Anzeichen für ein Verbrechen gibt. Und Sie erinnern sich, Katie, dass Mia alkoholisiert war?«
»Ja.«
»Es ist denkbar, dass es Mia aus diesem Grund nicht vollkommen bewusst war, welche Konsequenzen ihre Entscheidung haben würde. Alkohol dämpft das Empfinden für Gefahr.«
»Ja«, erwiderte Katie erneut. Sie wagte nicht, noch mehr zu sagen. Sie traute ihren eigenen Worten nicht.
»Und abschlieÃend möchte ich Sie noch auf die Tatsache aufmerksam machen, dass Mia keine persönlichen Dinge bei sich trug, bis auf ihren Ausweis.« Er machte eine Pause und überlieà es Katie und Finn, seinen Satz zu Ende zu denken.
»Zur Identifikation«, sagte Finn.
»Genau.«
»Das sind die Informationen, aus denen die Polizei ihre Schlüsse gezogen hat. Ich fürchte, es liegt nun an Ihnen, Ihre eigenen zu ziehen.«
Katie schluckte. Das würde schwierig werden.
Das Khama Heights Hotel verfügte über einen eleganten Barbereich, der in ein diskretes, goldenes Licht getaucht war. Der Raum war offen, Steinpfeiler trugen das Dach, dahinter erstreckte sich der Garten, der von Scheinwerfern erleuchtet wurde, bis ans Meer.
Finn legte seine Karten auf den Tisch, lehnte sich mit verschränkten Armen zurück und grinste. »Ich geb dir aber gern Nachhilfe.«
»Gut zu wissen«, sagte Katie und legte ihre Karten neben seine.
Finn schnellte in seinem Sessel vor. »Ein Flush? Du hast einen Flush?«
»Ach, tatsächlich?«, erwiderte sie grinsend.
Er starrte sie mit offenem Mund an. »Du hast mich abgezockt?«
Katie schob das Geld, das auf dem Tisch lag, in ihr Portemonnaie. »Sieht so aus.«
Er lachte laut und kehlig. Katie mochte diesen Klang. »Wo, zur Hölle, hast du das gelernt?«
»Unterwegs.«
»Das fass ich nicht. Du hast mich jetzt â«, er sah auf seine Uhr, »anderthalb Stunden lang gewinnen lassen, und dann fährst du im letzten Spiel die schweren Geschütze auf. Katie Greene, du hast dich wirklich sehr verändert.«
Sie lächelte.
»Jetzt bleiben mir nur noch vier Abende, um meine Ehre wiederherzustellen.«
Katie sammelte die Karten ein. Sie hätte lieber nicht gehört, wie wenig Zeit ihm nur noch blieb.
»Ich gehe davon aus, dass der Verlierer die Getränke holt.« Er wies auf ihr leeres Glas. »Wodka Orange?«
»Ja, bitte.«
Sie sah ihm nach, als er mit leichtem Schritt zur Bar ging. Seine Shorts saÃen auf den Hüften wie bei einem Teenager. Die anderen Gäste trugen Hemden und sommerliche Hosen, aber Katie mochte Finns legere Art: Alles andere hätte an ihm verkleidet Âausgesehen. Finn sagte irgendetwas zu dem Barmann, der laut lachte und Finn eine Hand auf die Schulter legte. Katie musste daran denken, wie Finn sie das erste Mal in ihrer Mädchen-WG besucht hatte. Er war noch nicht bis zu ihrer Zimmertür gekommen, da hatte sie Jess und ihre anderen Mitbewohnerinnen schon lachen hören. Dass er andere, dass er sie selbst zum Lachen bringen konnte, war nur eines der vielen Dinge, die sie an ihm liebte.
Als Finn wieder an den Tisch kam und die Gläser abstellte, sagte er: »Okay. Ich habe mich bisher sehr zurückgehalten und das Thema seit unserem Gespräch mit Richard Hastings gemieden, aber es ist jetzt eine Woche her. Und ich frage mich natürlich schon: Wann hast du vor, zu den Klippen zu fahren?«
Sie nahm einen groÃen Schluck. »Bald.«
»Das reicht nicht. Ich will mehr hören. Tag. Uhrzeit. Transportmittel.«
»Ich bin noch nicht so weit. Ehrlich. Ich kann da noch nicht hin.«
»Das ist eine groÃe Sache«, sagte er schon sanfter. »Das ist mir bewusst. Aber, Katie, du musst das tun.«
Sie stellte ihr Glas ab und presste die Lippen zusammen. Von den Eiswürfeln war ihr Mund ganz kalt. »Wenn ich dort hingehe, dann hört das alles ⦠Mias Tagebuch zu folgen ⦠dann hört alles auf. Ich hatte immer gehofft, dass ich Antworten habe, bevor ich zu den Klippen gehe. Aber ich habe keine.«
»Vielleicht wird es
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