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Die Landkarte der Liebe

Die Landkarte der Liebe

Titel: Die Landkarte der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Clarke
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plötzlich erschreckte sie die Dimension ihres Vorhabens. Sie verschränkte die Füße, schob sie unter den Stuhl, legte die Hände auf die Oberschenkel und versuchte, sich zu entspannen. Dann lobte sie sich selbstbewusst für ihren Mut: Sie war zum ersten Mal seit Jahren in ein Flugzeug gestiegen, und nun saß sie ganz allein in einem Restaurant, noch dazu in einem fremden Land. Das läuft doch alles großartig. Sie griff nach ihrem Wein, leerte das Glas zur Hälfte und legte Mias Tagebuch vor sich auf den Tisch.
    Im Flugzeug hatte sie nur den ersten Eintrag gelesen, bis sie wusste, wo Mia und Finn übernachtet und gegessen hatten. Sie schlug das Buch auf. Die Gesellschaft von Mias Zeilen be­­stärk­te sie, es war beinahe so, als ob ihre Schwester ihr gegenüber­sitzen würde. Lächelnd las sie: Sogar Finn wird rot, wenn ein Kellner seine Stäbchen gegen einen Löffel tauscht. Nicht mal eine Gabel  – einen Löffel! Katie sah regelrecht vor sich, wie sich Spuren des Essens von Finn auf der ge­­stärkten, schneeweißen Tischdecke verteilten und Mia in ihr an­­steckendes Lachen ausbrach, das Katie so geliebt hatte.
    Wie oft hatte sie das Gelächter von Finn und Mia durch die Wand hindurch gehört, ein minutenlanges Glucksen und Jauchzen, das sich gegenseitig steigerte. Kleinere Ausbrüche erklangen noch lange, nachdem der eigentliche Grund für die Heiterkeit verflogen war, und wenn Katie dann ins Nachbarzimmer ging, hatte sich Finn die Hosen bis an die Brust gezogen, einen Lehrer geradezu unheimlich gut nachgemacht, oder beide hatten sich mit schwarzem Filzstift Schnauzbärte und Brillen ins Gesicht gemalt. Katie hatte sich oft gewünscht, sie könnte zu ihnen gehen und mit ihnen lachen, aber meist war sie nur bis zur Schwelle gekommen, die Arme vor der Brust verschränkt.
    Es war nicht so, dass Katie mit dieser Freundschaft an sich zu kämpfen hatte – sie hatte einen festen Freundeskreis, auf den sie sich verlassen konnte. Womit sie immer gekämpft hatte, und sie hatte Jahre gebraucht, um diesem Gefühl auf den Grund zu gehen, war die Art und Weise, in der Mia auf Finn reagierte. In seiner Gesellschaft lachte sie häufiger und lauter, mit ihm sprach sie stundenlang über Gott und die Welt, während sie zu Hause oft nur durch ihr Schweigen auffiel. Und Finn hatte auch ein Talent dafür, ihre düstere Stimmung zu vertreiben, die Katie allenfalls auslösen konnte.
    Â»Entschuldigung? Ist hier noch frei?«
    Verblüfft sah sie auf. Ein Mann in einem hellgelben Poloshirt zeigte auf den zweiten Stuhl an ihrem Tisch.
    Â»Ja.« Sie nahm an, dass er den Stuhl mitnehmen wollte, und war ziemlich perplex, als er sich setzte, ein großes Bierglas ab­­stellte und ihr die Hand entgegenstreckte. »Mark.«
    Seine Finger waren kurz und feuchtkalt. Sie nannte ihren Namen nicht.
    Â»Ich bin mit meinen Squash-Kumpanen hier«, sagte er und wies mit dem Kopf zu den Männern, die Katie, als sie hereinkam, bestaunt hatten. »Und da ich wieder mal verloren hab, kann ich nicht da drüben sitzen und mir die Nachbesprechung antun. Ich hoff, ich stör Sie nicht?«
    Er störte. Er störte sogar sehr. Unter besseren Umständen hätte Katie ihm erklärt, dass sie vergeben sei, die Abfuhr nett verpackt, und dann hätte ihr Gegenüber ohne größeren Schaden an seinem männlichen Ego wieder abziehen können. Doch nach diesem anstrengenden Tag hatte sie keine Kraft mehr, ihre sozialen Fähigkeiten zu bemühen.
    Â»Und«, sagte Mark, der ihr Schweigen als Ermutigung deutete, »woher kommen Sie?«
    Sie legte die linke Hand an ihr Weinglas und ließ den Verlobungsring in Richtung Mark funkeln. »London.«
    Â»Big Ben. Madame Tussaud. Covent Garden.« Er lachte. »Ich war vor ’n paar Jahren mal da. Verdammt kalt. Aber schön. Echt schön.«
    Katie trank einen Schluck Wein.
    Der Blick des Mannes wanderte zu Mias Tagebuch. »Notizbuch?«
    Â»Tagebuch.«
    Â»Sie schreiben?«
    Â»Das ist nicht meines.«
    Neugierig neigte er den Kopf zur Seite. Seine Augen standen ungewöhnlich eng, geradezu reptilhaft beieinander. »Von wem denn?«
    Â»Meiner Schwester.«
    Â»Wohl auf der Suche nach ’nem kleinen schmutzigen Geheimnis?« Er roch nach Alkohol, seine Augen schimmerten glasig. Er war offensichtlich angetrunken. Katie blickte sich suchend

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