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Die Landkarte der Liebe

Die Landkarte der Liebe

Titel: Die Landkarte der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Clarke
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will nicht, dass du später etwas bedauern musst.«
    Â»Ach, so wie die Tatsache, dass wir Schwestern sind?« Es war eine kindische, hässliche Bemerkung, auf die Mia nicht gerade stolz war.
    Als Katie an ihr vorbeiging, sagte sie: »Ich habe wirklich keine Ahnung, wer du bist.«
    Mit dieser Bemerkung hatte Katie an das Thema gerührt, das Mia so beschäftigte: Wenn sie nicht nach ihrer Mutter geraten war so wie Katie, konnte es in ihrem Fall nur eines heißen: dass sie nach Mick geraten war. Aber da sie von ihm nur wusste, dass er seine Familie im Stich gelassen hatte, lautete die zweite große Frage: Wer bin ich?
    Mia schaute hoch. Die Schatten der Palmen griffen schon nach dem Ufer. Sie stand auf und wischte sich den Sand von den Beinen. Es war Zeit für Antworten.
    Auf dem Rückweg wurde ihr Blick wieder von dem einsamen Surfer angezogen, der einer Welle hinterherpaddelte. Er bewegte sich mit der wendigen Eleganz eines Tänzers. Mia schaute wie gebannt zu, und sie rührte sich auch dann nicht, als er auf einer kleinen Welle, die ihn fast bis an den Strand trug, zurück ans Ufer glitt. Er kletterte von seinem Brett, richtete sich auf, klemmte es sich unter den Arm und watete aus dem Meer.
    Der Mann, der ein paar Jahre älter zu sein schien als sie, hatte kurze Haare, und über seinen Unterarm zog sich eine dunkle Tätowierung. Er drückte Daumen und Zeigefinger an die Augenwinkel, wischte sich das Salzwasser ab und blinzelte, dann stellte er das Brett ab, löste seine Leash und wandte sich wieder dem Meer zu. Der Horizont war ein letztes rotes Aufflammen. Der fremde Surfer stand mit lässig verschränkten Armen da, das Kinn erhoben. Seine Haltung war stoisch, entschieden, aber irgendwie auch besinnlich. Er schaute auf das Meer, als ob er Zwiesprache mit ihm halten würde.
    Die Minuten vergingen, aus dem Rot wurde ein warmes orangefarbenes Glühen, doch der Fremde rührte sich noch immer nicht. Mia wusste, es war Zeit, zu gehen. Als sie einen Schritt nach vorn machte, fuhr der Mann herum.
    Er sah sie direkt an und wirkte so verstimmt, als ob sie ihn bei etwas gestört hätte, das keine Zuschauer duldete. Sein Mund verzog sich nicht zu einem Lächeln, die Augenbrauen wanderten nicht grüßend hoch. Kräftige Wimpern beschatteten seine dunklen Augen, sein intensiver Blick bohrte sich in Mia. Seine Augen hielten sie fest, Hitze stieg ihr in die Wangen. Einen Augenblick lang dachte sie, er würde etwas sagen, dann aber senkte er den Kopf und drehte sich zurück zum Meer.
    Sie ging weiter, überließ ihn seiner Betrachtung und folgte einem schmalen Pfad, der zu einer Gruppe vornehmer Strandhäuser führte. Sprinkler waren im Dauereinsatz, um das Grün der kurz geschorenen Rasenflächen zu erhalten, auf geteerten Auffahrten parkten Limousinen mit getönten Scheiben. Micks Zu­­hause, die Nummer elf, war ein zweigeschossiges Haus aus Terrakottaziegeln, mit gekalkten Wänden und blauen Fensterläden. Gewundene Beete, in denen üppige tropische Pflanzen wuchsen, säumten den Weg zur Haustür, in der Luft lag der süße Geruch von Frangipani.
    Mia blieb zögernd an der Einfahrt stehen. Ihr Herz schlug wie wild, und sie schob ihre zitternden Hände in die Taschen. Mit jeder Minute wuchs ihre Angst. Dieser Besuch sollte nicht nur ihre Neugierde befriedigen. Er war für Mia von ungleich größerer Bedeutung. Sie hatte sich im Kreise ihrer Familie immer als Außenseiterin gefühlt und sich mit der Vorstellung getröstet, dass sie einen, wenn auch fernen, Vater hatte, der so war wie sie. Sie war nach Maui gekommen, um ihrem Vater einen Spiegel vorzuhalten und zu schauen, ob sie sich darin erkannte.
    Sie holte tief Luft, dann wagte sie den ersten Schritt. Schließlich stand sie vor der Haustür, drückte auf die Klingel und machte sich innerlich bereit.

Kapitel 7
Katie
Kalifornien/Maui, April
    Katie sah auf das erleuchtete Schild des Flughafens San Francisco International. Um sie herum drängten sich Passagiere mit ihren Gepäckwagen; eine Prozession aus Taxis, Shuttles und Bussen schob sich durch die Haltebuchten. Ein Auto hupte. Scheinwerfer blinkten auf. Eine Tür wurde zugeschlagen. Dann donnerte ein Flugzeug über den Himmel.
    Sie zog ihr Handy aus der Tasche, wählte und betrat das Terminal.
    Als Ed an den Apparat ging, rauschte im Hintergrund der Wasserhahn. Katie sah ihn vor sich, wie er, nur

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