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Die Landkarte der Zeit

Titel: Die Landkarte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Félix J. Palma
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Gackern von Hennen anhörte, das Gilliam verstreichen ließ, als sei es Bestandteil
     der Vorstellung.
    «Gestatten Sie mir nun, Ihnen Igor Mazursky vorzustellen», fuhr er fort und winkte einen kleinen gedrungenen Mann zu sich
     auf die Bühne, «der während der Reise in die Zukunft Ihr Führer sein wird. Wenn die
Cronotilus
im Jahr 2000 angekommen ist, wird Mr.   Mazursky Sie durch das zerstörte London zu der Anhöhe führen, von der aus Sie die für die Zukunft der Welt entscheidende Schlacht
     beobachten können. Aber wie gesagt, die Expedition stellt für Sie keinerlei Gefahr dar. Dennoch bitte ich Sie, Mr.   Mazurskys Anweisungen jederzeit Folge zu leisten, damit die Reise reibungslos verläuft und wir hinterher nichts zu beklagen
     haben.»
    Diese letzten Worte unterstrich Gilliam Murray mit einem mahnenden Blick. Danach stieß er einen tiefen Seufzer aus und nahm
     hinter dem Pult eine etwas entspanntere, beinah träumerische Haltung ein.
    «Ich nehme an, dass sich die meisten von Ihnen die Welt der Zukunft als einen idyllischen Ort vorstellen, mit fliegenden Kutschen,
     die über den Himmel ziehen, und geflügelten Einspännern, die sich wie Vögel von den Luftströmungen tragen lassen, mit schwimmenden
     Städten, die von mechanischen Delfinen durch die Ozeane gezogen |300| werden, mit Geschäften, in denen Anzüge aus einem fleckenabweisenden Gewebe angeboten werden, in denen leuchtende Regenschirme
     und Musikhüte verkauft werden, mit denen man Musik hören kann, während man auf der Straße spazieren geht. Das ist ganz normal,
     ich selbst habe mir das Jahr 2000 ebenfalls als ein technologisches Paradies vorgestellt, in dem der Mensch zu einem bequemen
     und gerechten Leben gefunden hat, im Einklang mit seinen Nächsten und mit Mutter Natur. Eine einigermaßen logische Vision
     letzthin, ermuntert durch den unaufhaltsamen Fortschritt der Wissenschaften, die unaufhörlichen Erfindungen, die uns fast
     täglich beglücken und uns das Leben vereinfachen. Leider wissen wir jetzt, dass dem nicht so ist. Das Jahr 2000 ist kein Paradies,
     fürchte ich. Eher das Gegenteil, wie Sie bald mit eigenen Augen sehen werden. Ich versichere Ihnen, wenn Sie zurückkommen,
     werden die meisten von Ihnen erleichtert sein, unserer Epoche anzugehören, so unvollkommen sie Ihnen manchmal erscheinen mag.
     Wie Sie unseren Informationsbroschüren entnommen haben werden, wird die Welt des Jahres 2000 von den Maschinenmenschen beherrscht,
     und die menschliche Rasse wird, um es zurückhaltend auszudrücken, als überflüssig angesehen. Tatsächlich besteht sie nur noch
     aus einigen wenigen, die aber alles in ihrer Macht Stehende daransetzen, nicht ganz vom Antlitz der Erde zu verschwinden.
     Diese und keine andere ist die entmutigende Zukunft, die uns erwartet.»
    Gilliam Murray machte eine effektvolle Pause, um die Zuhörer in dieser fatalen Stille wie Bratkartoffeln in der Pfanne brutzeln
     zu lassen.
    «Mir ist klar, wie schwer es Ihnen fallen muss, zu glauben, |301| dass die Maschinen die Herrschaft über den Planeten antreten konnten. Wir alle haben schon einmal diese harmlosen Nachbildungen
     von Menschen und Tieren auf Ausstellungen und Jahrmärkten gesehen, und wahrscheinlich haben auch Ihre Kinder, genau wie meine,
     die eine oder andere mechanische Puppe unter ihren Spielsachen. Aber haben Sie je daran gedacht, dass eine dieser hübschen
     Erfindungen zu wirklichem Leben erwachen und eine Gefahr für die Menschheit darstellen kann? Natürlich nicht. Doch genau das
     wird passieren. Leider. Ich weiß nicht, wie Sie darüber denken, aber ich kann es nur als eine Art poetische Strafe sehen,
     mit der Gott den Menschen züchtigen will, weil der es ihm gleichtun und Leben erschaffen wollte.»
    Er machte wieder eine Pause, während deren er, zufrieden über den allgemeinen Schauder, den seine Worte ausgelöst hatten,
     einen betrübten Blick durch den Saal schweifen ließ.
    «Dank eigener Forschungen haben wir die unseligen Ereignisse, die die Welt in diese entsetzliche Situation gebracht haben,
     zu rekonstruieren vermocht. Gestatten Sie mir, Ladys und Gentlemen, Ihnen einige Minuten Ihrer Zeit zu rauben, um Ihnen zu
     berichten, wie es zu dem gekommen ist, was heute noch gar nicht stattgefunden hat.»
    Nach diesen Worten ließ Gilliam Murray erneut einige Sekunden Stille folgen, dann räusperte er sich und begann mit träumerischer
     Stimme zu erzählen, wie die Maschinen den Planeten erobert hatten. Eine

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