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Die Landkarte der Zeit

Titel: Die Landkarte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Félix J. Palma
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wobei Mike noch allerhand Scherze auf seine Kosten über sich ergehen lassen musste.
    «Das war keine leichte Arbeit, Tom», klagte der Riese. «Ich musste eine Stahlplatte vor der Brust tragen, damit mich die Kugel
     nicht verletzte; aber es ist verdammt schwer, mit einem Stahlkorsett einen Toten zu mimen.»
    Die anderen antworteten mit brüllendem Gelächter. Sie aßen und tranken weiter, und als die Teller leer gegessen waren und
     der Alkohol zu wirken begann, erhob sich Bradley, drehte seinen Stuhl um und stützte die Hände auf die Rückenlehne wie auf
     ein Rednerpult, wobei er seinen Kollegen mit theatralischem Ernst in die Augen schaute. Bei jedem Gelage fand Bradley eine
     Gelegenheit, sein parodistisches Talent zur Schau zu stellen. Tom lehnte sich zurück und wartete ergeben auf das, was kommen
     würde. Wenigstens hatte er seinen Hunger gestillt.
    «Ladys und Gentlemen, ich will Ihnen nur sagen, dass Sie im Begriff stehen, am bedeutendsten Ereignis des Jahrhunderts teilzuhaben:
     Heute werden Sie eine Zeitreise unternehmen!», verkündete Bradley in schwülstigem Ton. |498| «Ja, schauen Sie mich nicht so an! Wir von ZEITREISEN MURRAY geben uns allerdings nicht damit zufrieden, nur in die Zukunft
     zu reisen. Dank unserer Bemühungen werden Sie Zeugen des bedeutendsten Augenblicks in der Geschichte der Menschheit werden.
     Ich meine damit natürlich den Kampf des tapferen Hauptmanns Derek Shackleton gegen den grausamen Salomon, dessen Allmachtsträume
     unter dem Schwert des Hauptmanns in Stücke gehauen zu sehen Sie das Privileg haben werden.»
    Es gab Applaus und allgemeines Gelächter. Dadurch angeregt, warf Bradley den Kopf zurück und setzte eine lächerlich träumerische
     Miene auf.
    «Und wissen Sie, was Salomons großer Irrtum war, Ladys und Gentlemen? Ich will es Ihnen sagen. Sein Irrtum war, den falschen
     Mann ausgesucht zu haben, der die menschliche Rasse am Leben erhalten sollte. Ja, der Maschinenmensch traf eine falsche Wahl,
     eine ganz falsche Wahl. Und sein Irrtum veränderte den Lauf der Geschichte», sagte er mit spöttischer Miene. «Kennen Sie ein
     schrecklicheres Schicksal, als Tag für Tag zur Begattung getrieben zu werden? Gewiss nicht. Aber das war das Schicksal dieses
     unglücklichen Jungen.» Er breitete die Arme aus und schüttelte den Kopf in gespielter Verzweiflung. «Er ertrug dieses Schicksal
     aber nicht nur, sondern schaffte es sogar, seinen Körper zu stählen und seinen Feind genau zu studieren, der ihm jeden Abend
     höchst interessiert beim Beischlaf zusah, bevor er ins Bordell ging, um sich dort die neuesten Fabrikate von Kurtisanen vorzunehmen.
     Doch als die Frau das Kind zur Welt brachte, wusste unser Junge, dass er seinen Sohn nicht aufwachsen sehen würde, der ja
     nur das Licht der Welt erblicken |499| durfte, um seine eigene Mutter zu befruchten und damit einen perversen Kreislauf in Gang zu setzen. Unser Junge aber überlebte
     seine Exekution, sammelte uns um sich und gab uns Hoffnung   …», und nach einem Moment tiefbewegten Schweigens fügte er hinzu: «Obwohl wir immer noch darauf warten, dass er uns beibringt,
     genauso ausdauernd zu ficken wie er.»
    Brüllendes Gelächter diesmal, und als es verebbte, hob Jeff seinen Krug.
    «Auf Tom, den besten Hauptmann, den wir je haben konnten.»
    Alle hoben ihre Bierkrüge und stießen auf ihn an. Tom war völlig überrascht und konnte seine Rührung kaum verbergen.
    «Also, Tom, ich denke, du weißt, was jetzt auf uns zukommt, oder?», sagte Jeff, als der Applaus endete, und klopfte ihm auf
     die Schulter. «Wie man hört, ist in unserem Lieblingsbordell neue Ware eingetroffen. Und sie haben Schlitzaugen. Stell dir
     vor: Schlitzaugen!»
    «Hast du es jemals mit einer Asiatin getrieben, Tom?», fragte Bradley.
    «Das sollte jeder mal im Leben ausprobiert haben, mein Freund», lachte Jeff und erhob sich. «Diese Chinesinnen kennen Hunderte
     von Tricks, um dir Lust zu bereiten. Davon können die englischen Frauen nur träumen.»
    Lärmend verließen sie die Kneipe; Bradley vorneweg, die tausend Vorzüge der Chinesinnen aufzählend, was Mike, der sich schon
     erwartungsvoll die Lippen leckte, maßlos erheiterte. Anscheinend waren die asiatischen Mädchen nicht nur willfährig und zärtlich,
     sondern auch mit biegsamen Körpern gesegnet, mit denen sie alle möglichen |500| Verrenkungen machen konnten, ohne durchzubrechen. Das hörte sich vielversprechend an, doch Tom antwortete nur mit einem abfälligen
    

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