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Die Landkarte der Zeit

Titel: Die Landkarte der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Félix J. Palma
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Jahr 2000 dringend vorgeschlagen hatte, die weitere Herstellung von mechanischem Spielzeug verbieten zu lassen und die gesamte
     bisherige Produktion zu konfiszieren und irgendwo einzusperren, am besten in einem mit Stacheldraht umzäunten Gelände, wo
     man sie im Auge behalten konnte. Dieser Vorschlag schien Superintendent Arnold dann doch etwas arg weit hergeholt. In einem
     Jahr würde er pensioniert, und was er am wenigsten brauchen konnte, waren komische Bedrohungen aus der Zukunft, mit denen
     er sich jetzt noch das Leben schwermachen sollte. Andererseits hatte der Grünschnabel da vor ihm oft genug einen außergewöhnlich
     scharfen Verstand bewiesen, sodass er schließlich einwilligte, die Angelegenheit mit |531| dem Lordrichter und dem Premierminister zu besprechen. Damals war Garrett abschlägig beschieden worden, während er zugleich
     auf der Karriereleiter eine Sprosse höher stieg. Mochten die Automaten auch in hundert Jahren den Planeten überrennen, die
     Fabrikation dieser die Haushalte erfreuenden harmlosen Spielzeuge würde auf keinen Fall eingestellt werden. Garrett sah direkt
     vor sich, wie die Besprechung der drei würdigen Herren unter Heiterkeit und Witzeleien abgelaufen war. Aber diesmal würde
     es anders sein. Diesmal konnten sie nicht wegsehen. Diesmal würden sie nicht ihre Hände in Unschuld waschen und sich damit
     herausreden können, wenn es zum Aufstand der Maschinenmenschen käme, lägen sie längst friedlich unter fünf Fuß Erde begraben.
     Und sie würden es nicht können, weil diesmal die Zukunft zu ihnen gekommen war und in ihrer Gegenwart spielte; einer Zeit
     also, für die zuständig zu sein sie kaum würden leugnen können.
    Trotzdem machte Superintendent Arnold ein zweifelndes Gesicht, als er ihm den Fall darlegte. Garrett betrachtete es als Privileg,
     in einer Zeit zu leben, in der die Wissenschaft täglich neue Fortschritte machte und Dinge hervorbrachte, die sich ihre Großväter
     nicht einmal hätten vorstellen können. Dabei dachte er nicht an Grammophon oder Telefon, sondern an die Zeitreisen. Er war
     ins Jahr 2000 gereist, und nichts hatte ihn dabei mehr erregt als das geschärfte Bewusstsein, in einer Welt zu leben, in der
     alles möglich zu sein schien. Er war im Jahr 2000 gewesen, aber wer wusste, wie viele weitere Epochen er noch sehen würde,
     bevor er starb. Gilliam Murray hatte versichert, schon bald würden neue Zeitrouten erschlossen, und vielleicht würde man eine
     bessere Zukunft sehen können, eine wiederaufgebaute |532| Welt, oder in die Vergangenheit reisen, in die Zeit der Pharaonen oder Shakespeares, wo man dem Dramatiker beim Verfassen
     seiner mythischen Werke im Kerzenschein zuschauen konnte. All dies beglückte seinen jungen Geist und ließ ihn Gott danken,
     an den er trotz des Ansehensverlustes, den dieser seit Darwin erlitten hatte, immer noch glaubte. Jede Nacht schickte er vor
     dem Schlafengehen ein Lächeln zu den Sternen, bei denen oben er ihn wohnhaft wähnte, um ihm zu verstehen zu geben, dass er
     auch weiterhin bereit war, sich von jedem seiner Wunder beglücken zu lassen. Es wird Sie daher kaum überraschen, dass Garrett
     kein Verständnis für jene aufbrachte, die neuen Erfindungen und wissenschaftlichem Fortschritt misstrauten, und schon gar
     nicht verstehen konnte, dass man die außerordentliche Entdeckung Gilliam Murrays einfach ignorierte wie sein Vorgesetzter,
     der angeblich noch keine Zeit gefunden hatte, ins Jahr 2000 zu reisen.
    «Habe ich das richtig verstanden, Inspektor? Dies ist die einzige Spur, die Sie in dem Fall haben?», sagte Superintendent
     Arnold. Er wedelte mit dem Flugblatt von ZEITREISEN MURRAY, das Garrett ihm gegeben hatte, und deutete dabei auf die Zeichnung
     von Hauptmann Shackleton, der einen Maschinenmenschen mit einem Blitz durchbohrte.
    Garrett seufzte. Da Superintendent Arnold noch keine Zeitreise in die Zukunft mitgemacht hatte, würde er ihm alles haarklein
     auseinandersetzen müssen und damit wertvolle Zeit vergeuden. Er würde ihm erklären müssen, dass die Waffen der Soldaten der
     Zukunft Eisen zu durchdringen vermochten und dass daher die Vermutung nicht ganz unsinnig wäre, dass sie, gegen Menschen eingesetzt, |533| eine ähnlich verheerende Wirkung haben würden wie bei dem Toten im Leichenschauhaus von Marylebone. Seines Wissens gäbe es
     jedenfalls keine Waffe auf dieser Welt, die eine solch ungeheuerliche Wunde verursachen könne; ein Befund, der auch von Dr.   Alcock

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