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Die Landkarte des Himmels

Die Landkarte des Himmels

Titel: Die Landkarte des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Félix J. Palma
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und spreche immer noch als Bankdirektor, der jetzt einem seiner Kunden einen Kredit verweigern muss.
    «Natürlich steht das in Ihrer Macht!», rief ich und wandte mich meinem Cousin zu in der Hoffnung, dass er mich unterstützte. «Hast du etwa den geringsten Zweifel daran, Andrew? Wir haben beide gesehen, wie er Salomon besiegt hat. Und jetzt ist er hier bei uns, genau zu dem Zeitpunkt, da wir ihn am dringendsten brauchen. Hältst du das etwa für einen Zufall, Andrew? Nun sag doch was, verdammt!»
    «Ich …», stammelte mein Cousin hilflos, «ich weiß nicht genau, was du von Mr. Peachey erwartest. Pardon, ich meine natürlich von Hauptmann Shackleton.»
    «Ihr Cousin hat recht, Mr. Winslow», sagte der Hauptmann. «Als es gegen Salomon ging, war ich nicht allein. Da hatte ich meine Männer, tödliche Waffen …»
    «Dann fahren wir eben ins Jahr 2000 und holen alles hierher», schlug ich vor. «Ja, wir reisen in die Zukunft und holen die Waffen und Ihre Männer, die Ihnen treu ergeben sind, und dann zeigen wir es den Marsmenschen!»
    «Wie denn?», fragte Shackleton achselzuckend.
    «Was?»
    «Wie wollen Sie in die Zukunft reisen?»
    Ich starrte ihn verblüfft an.
    «Das weiß ich auch nicht …», musste ich zugeben. «Ich dachte … Wie sind Sie denn aus der Zukunft gekommen?»
    «Das ist eine gute Frage, Charles», ergriff Claire das Wort. «Derek ist mit einer Maschine aus der Zukunft gekommen, die danach zerstört worden ist.»
    Das überraschte mich, denn ich wusste nicht, dass es außer der
Cronotilus
noch eine andere Zeitmaschine gegeben hatte. Obwohl das in der Zukunft, aus der Shackleton stammte, natürlich mehr als wahrscheinlich war. Wenn diese Maschine jedoch, wie Claire versicherte, zerstört worden war, nutzte sie uns selbstverständlich nichts. Also gab es nur noch eine einzige Möglichkeit.
    «Dann gehen wir eben zu ZEITREISEN MURRAY und fahren mit der
Cronotilus
ins Jahr 2000 !», rief ich triumphierend.
    «Aber ZEITREISEN MURRAY existiert schon seit zwei Jahren nicht mehr. Nach Gilliam Murrays Tod hat das Unternehmen seine Tore geschlossen.»
    Das stimmte. Nach Murrays überraschendem Ableben war der Zeitreisebetrieb eingestellt worden.
    «Ja, ich weiß … Aber, was glauben Sie, ist mit dem Zeitloch passiert, durch das man in die vierte Dimension und danach ins Jahr 2000 gelangte? Meinen Sie, dass es noch offen ist?»
    «Das glaube ich nicht», erwiderte Shackleton mit einer Bestimmtheit, die mich erstaunte.
    Ich schaute ihm fest ins Gesicht und versuchte herauszufinden, wie ich seinen Widerstand überwinden könnte.
    «Nun, ich glaube es wohl. Ich bin sogar sicher, dass wir dadurch in die Zukunft reisen können. Anders kann es gar nicht sein, Hauptmann. Verstehen Sie denn nicht? In der Zukunft, aus der Sie kommen, gibt es nicht die geringste Spur von den Marsmenschen, und das bedeutet, dass wir sie irgendwann und irgendwie besiegt haben müssen, denn wenn dem nicht so wäre, hätte keiner von uns diese Zukunft sehen können.» Ich blickte wieder in die Runde und glaubte in den Gesichtern meines Cousins und Madelaines und sogar Harolds und einiger Bediensteter einen Anflug von Verstehen zu entdecken. Ich steigerte mich in eine neue Begeisterung hinein.
    «Sehen Sie? Das ist jedem einsichtig! Jawohl …! Wir begeben uns zu ZEITREISEN MURRAY , reisen in die Zukunft, und dann vernichten wir die Marsmenschen. Und soll ich euch sagen, warum wir das schaffen werden? Weil wir es schon geschafft haben!»
    «Wir können aber nicht davon ausgehen, dass die Invasion allein durch mein Eingreifen beendet wird», beharrte Shackleton. «Vielleicht kommt uns ein befreundetes Land zu Hilfe, oder irgendwas anderes …»
    Der Hauptmann schaute sich Zustimmung heischend um, doch seine Worte waren in einem Gemurmel einstimmiger Bewunderung untergegangen. Meine Begeisterung und einfache Darstellung dieser komplizierten Angelegenheit hatten sich gegen die Vorbehalte des Hauptmanns durchgesetzt. Einige vom Personal taten einen Schritt zu ihm hin, waren wie hypnotisiert: In ihrem armseligen Wohnzimmerchen stand der Held, der die Menschheit vor dem Untergang bewahren und vorher noch die Invasoren vom Mars vernichten würde, die fürchterlichen Kampfmaschinen, die die Stadt zerstörten, in der sie aufgewachsen waren.
    «Vielleicht hat er recht, Derek», sagte Claire mit leiser Stimme. «Vielleicht bist du nicht nur aus Liebe zu mir hier. Was, wenn deine Anwesenheit in unserer Zeit auch noch einen anderen Grund

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