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Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Titel: Die Lange Erde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Stephen Baxter
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ausgesprochen merkwürdige Erde, selbst wenn man sie als Joker ansah. Joshua kam sich schwer vor, als wären seine Knochen von Blei umhüllt, und sein üblicher Tornister zog schwer an den Schultern. Die Luft war dicht, aber eigenartigerweise nicht sehr sättigend, seine Lungen hatten schwer zu arbeiten. Ein beständiger Wind blies mit dumpfem Heulen übers Land. Auf der dürren Ebene gab es weder Gras noch andere Pflanzen – bis auf einen komischen lilagrünen, struppigen Flaum, als hätte sich das Land heute Morgen nicht rasiert.
    Ab und zu bemerkte Joshua ein Flackern, das er eher spürte als sah. Da wechselte etwas, das so rasch weiterwechselte, dass es eigentlich kaum da gewesen war …
    »Was ist das für ein Ort, Lobsang?«, wollte Sally wissen. »Kommt mir vor wie ein Friedhof!«
    »Stimmt genau«, antwortete Lobsang. »Wenn auch ein Friedhof, auf dem nicht einmal mehr Knochen zu finden sind.« Er stand stocksteif da wie eine vom Staub umwirbelte Statue. »Schau mal zum Himmel, halbe Höhe, ein bisschen weiter links von dir. Was siehst du dort?«
    Joshua kniff die Augen zusammen. »Ich weiß nicht mal, wonach ich suchen soll.«
    »Etwas, das auffällig nicht anwesend ist«, sagte Lobsang. »An genau der gleichen Stelle auf der Datum würdest du jetzt einen bleichen Mond am Tageshimmel sehen. Diese Erde hat keinen nennenswerten Mond. Nur ein paar in der Umlaufbahn kreisende Steinbrocken, die dem bloßen Auge verborgen bleiben.«
    Lobsang behauptete, er habe mit dieser Möglichkeit gerechnet. Der verheerende Einschlag, der auf der Datum-Erde und den meisten ihrer Stiefschwestern für die Entstehung des Mondes verantwortlich war, hatte hier offensichtlich nicht stattgefunden. Die folglich mondlose Erde war massiver als die Datum, der Grund dafür, dass die zusätzliche Anziehungskraft ihre Körper schwerer machte. Der Neigungswinkel der Achse war ein anderer, und er war instabiler, die ganze Welt drehte sich schneller, was einen anderen Tag-Nacht-Zyklus zur Folge hatte – und den Wind, der unablässig über die steinigen, leblosen Kontinente wehte. Sie war ein lebensfeindlicher Ort: Die fehlenden Gezeiten ließen die Ozeane stagnieren, und die üppigen Gezeitenzonen, die so viel für die Entwicklung komplexen Lebens auf der Datum bewirkt hatten, gab es nicht.
    »So weit die grobe Theorie«, sagte Lobsang. »Obendrein vermute ich, dass diese Welt während der großen Regengüsse gegen Ende der Entstehung des Sonnensystems, als es Kometen wie Hagelkörner regnete, nicht die notwendige Menge Wasser abbekommen hat. Vielleicht steht das in irgendeinem Zusammenhang mit dem großen Einschlag, der den Mond abgesprengt hat, oder eben mit dem Fehlen dieses Ereignisses. Dieser Planet ist leider ein Verlierer; wahrscheinlich hat es sogar unser Mars besser getroffen.«
    Allerdings gab es dafür ein paar Entschädigungen. Als Joshua die Hand zum Schutz vor der Sonne an die Stirn legte, nahm er einen Streifen Licht wahr, der sich rasiermesserscharf quer über den Himmel erstreckte. Diese Erde wurde von einem Ringsystem umkreist wie der Saturn. Vom Weltall aus gesehen wahrscheinlich ein spektakulärer Anblick.
    »Momentan warte ich auf einen Troll«, sagte Lobsang. »Ich rufe schon seit einer Viertelstunde in der Ultraschallsprache der Trolle um Hilfe und stoße Troll-Pheromone aus – die sich übrigens ziemlich einfach nachmachen lassen.«
    »Deshalb tun mir die Zähne weh«, erwiderte Sally. »Außerdem dachte ich schon die ganze Zeit, dass sich heute jemand noch nicht gewaschen hat. Müssen wir noch länger hierbleiben? Die Luft taugt nichts, außerdem stinkt es fürchterlich.«
    Mit dem Gestank hatte sie recht, dachte Joshua. Diese Welt stank wie das alte Haus am vergammelten Ende der Straße, das Haus, das man nicht betreten darf, das Haus, das nach dem Tod seines letzten Bewohners verrammelt und vernagelt wurde. Es machte ihn wütend, sogar noch mehr als die Quasidinosaurier-Welt. Gut, die Konstrukteure der Rechtecke waren ausgestorben, aber sie hatten wenigstens gelebt, sie hatten ihre Chance gehabt.
    Vielleicht, dachte er, könnten Menschen diese trostlose Welt zum Leben erwecken. Warum nicht? Er brachte gerne Dinge in Ordnung, und auf dieser Welt hier musste so einiges in Ordnung gebracht werden. Das wäre wirklich einmal etwas, was man seinen Enkeln erzählen konnte. Draußen in der Oortschen Wolke gab es jede Menge Schneebälle, und ein relativ kleines Raumschiff auf der richtigen Flugbahn könnte sich so

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