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Die langen Schatten der Erleuchtung

Die langen Schatten der Erleuchtung

Titel: Die langen Schatten der Erleuchtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirti Peter Michel , Klaus-Jürgen Leimann
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viel kifft!“
    Als Harald nach dem Abendessen Marlies und Jutta zur Party fuhr, trugen beide die gestreiften Pyjamas von Jojo und Hanif. „Die anderen werden vor Neid erblassen!“, freute sich Jutta kichernd. Nachdem sie sich von Harald verabschiedet hatten und das Treppenhaus zur Party hochstiegen, meinte Jutta zu Marlies. „Den Jojo, den kralle ich mir! Darauf kannst du Gift nehmen, Marlies!“
     
    Jojo und Hanif waren nach diesem ereignisreichen Tag müde. Sie saßen noch eine halbe Stunde im Garten auf der Bank neben den Fliederbeerbüschen. Von dort aus konnten sie auf die Terrasse blicken, wo Käthchen ihre Lampions angezündet hatte und sich mit Harald unterhielt. Als es langsam zu dämmern begann, gingen Jojo und Hanif nach oben. Aus dem Zimmer von Gary drang der süßliche Geruch brennender Räucherstäbchen in den Flur. Jutta hatte den beiden vor dem Bücherregal ein Nachtlager aus Matratzen hergerichtet und sie mit Kissen und Wolldecken versorgt.
    „Was meinst du, Hanif“, fragte Jojo, als sie sich in ihre Decken eingerollt hatten, „haben wir am ersten Tag den Versuchungen widerstanden?
    „Wenn ich an meine neuen Schuhe denke, dann bin ich wohl ein wenig der Versuchung erlegen. Es ist so über mich gekommen bei diesen Stiefeln. Ich trage sie und ich weiß, dass ich den Weg der Einfachheit verlasse. Aber ich bin nicht unglücklich darüber, das wäre gelogen!“
    „Ich war von unserem Flug hierher sehr beeindruckt, Hanif! Ich habe es genossen, über den Wolken zu schweben. Und wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann, täglich mit solch einem Flugzeug so hoch zu fliegen! – Hat dich der Flug auch so begeistert? Oder anders gefragt, Hanif, was hat dir am Flug am besten gefallen?“
    „Wenn ich ehrlich sein soll, Meister Jojo: das Essen!“
     
    Weit nach Mitternacht wurden Jojo und Hanif noch einmal in ihrer Nachtruhe gestört. Marlies und Jutta kamen singend heim. Es war das leise Fluchen von Harald zu hören. Dann polterte Jutta die Treppe hoch. Sie machte Licht.
    „Wie gefalle ich euch beiden?“, säuselte sie und präsentierte sich mit einem Ausfallschritt in Jojos Pyjama. „Wir beide waren die absoluten Stars auf der Party! Ich wette mit euch, morgen tragen alle Weiber im Schanzenviertel und im Karolinenviertel solchen Fummel! Wir haben einen neuen Trend kreiert!“
    Jojo und Hanif hatten sich auf ihrem Lager aufgestützt. Jutta drückte ihre brennende Zigarette im Blumenuntersatz auf dem Fensterbrett aus. Dann kniete sie sich hin. „Wirklich, ihr seid süß!“ Und ehe die schlaftrunkenen Eremiten sich versahen, bekamen beide einen Kuss - Hanif auf die Stirn, Jojo auf die Wange. Sie erhob sich lachend und schlingerte tanzend zu ihrer Schlafzimmertür.
    „Wie gesagt“, meinte sie mit einem tiefen Augenaufschlag rückwärts über ihre Schulter, „wenn es euch auf dem Fußboden zu hart wird, einer kann noch bei mir schlafen! Es ist noch ein Platz frei! Und ich lasse für alle Fälle die Tür offen!“ Mit einem gewagten Hüftschwung verschwand sie im Schlafzimmer und die beiden hörten sie kichernd in ihr Bett plumpsen.

Wer nicht kann, was er will, muss das wollen, was er kann.
    Denn das zu wollen, was er nicht kann, wäre töricht.
    Leonardo da Vinci

Zweiter Tag oder wie Hanif um ein Haar früheren Verlockungen erliegt.
    „Ich bin ein alter Mann, Meister Jojo“, versuchte Hanif beim Frühstück zu beschwichtigen, „ich konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen, mich zu Jutta ins Bett zu legen, als du eingeschlafen warst! Sie hat es uns ja ausdrücklich angeboten! Es war wunderbar! Gewiss, Jutta stank nach Wein, und sie schnarchte auch fürchterlich. Aber das Bett war herrlich weich! Und das Kissen erst! Hast du mich in all den Jahren in unserer Höhle je klagen hören? Du kannst mir glauben, ich habe dort oft gelitten. Und häufig bin ich morgens mit Schmerzen erwacht. Diese Nacht im Bett hat mir gut getan. Heute morgen hatte ich keine Kreuzschmerzen! Ich fühle mich seit langem wieder wie ein junger Mann!“
    „Dennoch, Hanif! Die Gefahren sind groß für einen Schüler, mag er auch noch so reif an Jahren sein, wenn er sich solchen Versuchungen aussetzt. Man schläft nicht in weichen Betten und führt auch kein üppiges Leben! Nicht umsonst heißt es im Dhammapada:
    Ehrwürdig ist man nicht darum, weil man ergrautes Haupthaar hat;
    wenn’s Leben auch gereift schon ist, mag doch ein alter Tor man sein! “
    „Meister Jojo, glaube mir, das Alter macht einen Menschen

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