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Die langen Schatten der Erleuchtung

Die langen Schatten der Erleuchtung

Titel: Die langen Schatten der Erleuchtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirti Peter Michel , Klaus-Jürgen Leimann
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mürbe. Dann weiß er ein weiches Plätzchen für die Nacht zu schätzen! Auch du wirst nicht so stark und jung bleiben, wie du es jetzt noch bist. - Aber natürlich hast du auch Recht! Es war eine einmalige Schwäche von mir. Ich werde dagegen angehen und heute wieder auf dem Boden schlafen, wie es sich für unsereinen gehört!“
    Jojo war bei den Worten von Hanif nachdenklich geworden. Er saß still da, und es schien, als höre er in sich hinein. „Du hast Recht, Hanif! Ich rede klug über etwas, von dem ich nichts weiß: über mein eigenes Alter! Du hast dir wahrlich einen Platz in einem Bett verdient! Vergiss bitte, was ich in Sorge um dein Heil gesagt habe!“
    In diesem Augenblick betrat die verkaterte Jutta die Küche und gesellte sich zu ihnen, gefolgt von Vera. „Deine Mitstreiterin liegt noch in sauer, Jutta! Sie hat es nicht mehr bis zur Toilette geschafft und hat sich heute Nacht übergeben. Und zu allem Unglück hat sie auf das frisch gebügelte Hemd von Harald gespuckt, das über dem Stuhl hing. Der arme Kerl, hoffentlich überlebt er den heutigen Tag in seiner Firma! Noch nie hat er auf der Arbeit ein Oberhemd zwei Tage hintereinander getragen. Das ist seine Art von Kultur-Revolution! - Ich mache Marlies gerade einen Kaffee, willst du auch einen?“
    „Gerne“, erwiderte Jutta müde, „aber bitte vorweg ein Glas Wasser mit einem Aspirin!“
    „Hanif hat es in deinem Bett heute nacht gut gefallen, Jutta“, meinte Jojo, „es wäre gut für seine Gesundheit, wenn er dort weiterhin schlafen könnte!“
    Habe ich es nicht geahnt! , dachte Vera bei sich und fühlte sich in ihrer Ansicht über Männer wieder einmal bestätigt. Sie beobachtete das perlende Aspirin im Wasserglas. Gesundheit - dass ich nicht lache! Steigt doch dieser alte Bock in seiner Latzhose bei der ersten Gelegenheit zu ihr ins Bett!
    Hanif hatte sich von seinem Platz erhoben und war zur Toilette im Flur gegangen. Man hörte die Wasserspülung mehrmals. Immer wenn der Wasserkasten voll gelaufen war, rauschte es von neuem. Vera ging zur Toilettentür und klopfte: „Geht es dir auch schlecht, Hanif?“
    Hanif öffnete die Tür: „Nein, mir geht es gut. Das Geräusch des Wassers erinnert mich nur so an unsere Höhle mit dem Bach davor. Es hört sich wunderbar an! Horche einmal!“ Hanif betätigte die Spülung und lauschte mit einem verzückten Gesichtsausdruck.
    Für einen Augenblick war selbst Vera verdutzt, doch sie fing sich rasch: „Sozusagen ein Fall von akutem Heimweh! Aber das kannst du billiger haben. Denn dieses Wasser kostet Geld! Viel Geld! Soll ich dich an einen großen Bach bringen, Hanif? Willst du auch mitkommen, Jojo?“
    „Nein, danke“, erwiderte Jojo, „der gestrige Tag war anstrengend für mich. Ich möchte mich bei diesem schönen Wetter in eurem Garten auf die Bank setzen!“
    „Na, gut! Also, Hanif, mach´ dich fertig! Und Jutta, wenn das Aspirin gewirkt hat, denke bitte an den Abwasch. Du bist heute dran!“
     
    Schon oben vom Bismarckdenkmal konnte Hanif die Elbe sehen. Vera parkte den Wagen in einer Nebenstraße. Sie gingen den Weg hinunter zu den Landungsbrücken und setzten sich auf dem Ponton auf eine Bank.
    „Was sagst du zu diesem Bach, Hanif!“
    „Wunderbar, Vera! Ja, hier möchte ich bleiben!“
    „Das wollte ich dir gerade vorschlagen. Bleib´ so lange, wie du willst. Ich muss weiter! Aber es ist einfach für dich, zu Fuß zurückzugehen. Siehst du den großen Turm dort? Du musst einfach in seine Richtung gehen, dann findest du auch wieder unser Haus! Alles klar?“
     
    Hanif saß lange auf der Bank und konnte sich an dem Fluss und den vorbeifahrenden Schiffen nicht satt sehen. Er ging auch zu dem riesigen Dreimaster, der backbords am Kai vertäut war und bewunderte die mächtigen Masten des Segelschiffs. Dann stand er noch eine Weile vor den riesigen Ankern, die man als Schaustücke oben an der Straße ausgelegt hatte. Hanif blickte zum Denkmal hoch, das einen riesigen Mann auf sein Schwert gestützt darstellte. Der Rückweg in diese Richtung war etwas zu steil für Hanif. So hielt er sich mehr links, wobei er den alles überragenden Turm fest im Auge behielt. Diese Straße stieg langsamer bergan, und als Hanif den höchsten Punkt erreicht hatte, blickte er noch einmal auf den mächtigen Fluss zurück.
    Hierher werde ich öfters kommen, dieser Fluss gefällt mir sehr gut! , dachte Hanif, als er die Straße entlang schritt und versuchte, über die Häuserzeilen hinweg den Turm ausfindig

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