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Die langen Schatten der Erleuchtung

Die langen Schatten der Erleuchtung

Titel: Die langen Schatten der Erleuchtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirti Peter Michel , Klaus-Jürgen Leimann
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höhergeistiges, spirituelles Leben? Bin ich bloß der Idiot, der einen Haufen Geld für einen schäbigen Raum, eine Mahlzeit und zwei Tassen Tee am Tag hinblättert und dafür auch noch stundenlang im Garten Unkraut zupft und die Pflanzen gießt? » - was ja ein wichtiger Bestandteil der Schulung ist: Karma Yoga – der Yoga der Tat.“
    Dann dachte ich wieder, was für ein Glück ich hatte, in so einer traumhaften, ruhigen Landschaft zu leben, am Ursprungsort des Yoga im Himalaja, unweit des heiligen Ganges. War das die Dankbarkeit, die sich für einen spirituellen Sucher geziemte? Fiel mir nichts Besseres ein, als mich zu beklagen, statt das Dasein im Hier und Jetzt zu genießen?
    Wie zur Belohnung für meine Rückbesinnung auf das Positive tauchte der Meister auf und beauftragte mich mit einer verantwortungsvollen Mission: Ich durfte eine Woche nach Neu Delhi reisen, um einem seiner wohlhabenden indischen Schüler, der viel Geld für den Ashram gespendet hatte, eine Botschaft zu überbringen. Was für eine Freude, mit geläutertem Bewusstsein wieder in «die Welt» hinauszutreten und es inmitten der mannigfaltigen Versuchungen testen zu können! Na ja, ich nahm mir vor, erst einmal gut zu essen und zu trinken - das war ja noch keine Sünde! Eigenartig war es schon, dass man die natürlichsten Bedürfnisse vor sich selbst rechtfertigen musste!“
    „Du bist natürlich nicht wieder dorthin zurückgegangen!?“, meinte Mathilda.
    „Doch, nach ein paar Tagen merkte ich, dass ich gesättigt und erfüllt war von den vielen Eindrücken des «Samsara», des ewigen Kreislaufs der Illusionen in der materiellen Welt. Plötzlich sehnte ich mich danach, wieder in die Stille und Abgeschiedenheit des Dschungel-Ashrams eintauchen zu können. Ich klingelte am Eingang der «Yoga Akademie». Bald darauf kam Kevin, der langjährige Schüler Bhoganandas, den Pfad bis hinunter zum Tor gehumpelt, um mir aufzuschließen. Sein Gesicht war bis zur Unkenntlichkeit geschwollen, voller rot-violetter Beulen. Ich war entsetzt und fragte ihn, wie er sich denn so verletzen konnte. Schluchzend antwortete er: «Swamiji hat mir eine Lektion erteilt.» In dem Moment empfing uns auch schon der große Meister und lachte: «Ja, Kevin will nur auf diese Art lernen! So ist das – der Roboter-Mensch versteht nicht die Sprache der Liebe, sondern nur die Sprache des Stockes.» Da erst wurde mir endlich klar, dass meine Lehrzeit hier beendet war.
    Nun gab es noch ein Problem zu lösen. Das Kernstück der Lehren des Swami Bhogananda war die Hingabe. Deshalb hatte er einen kleinen Lagerraum eingerichtet, in dem sich die Geschenke, die er seinen Schülern abgeluchst hatte, stapelten: Kassettenrecorder, Kofferradios, Walkmen, allerlei Elektrogeräte, Gefäße und Eimer, die schon seit Jahren herumlagen und in jeder Monsunzeit etwas mehr Schimmel ansetzten. Da ich nichts besaß außer einem roten Plastikeimer für das Waschen der Wäsche, wusste ich, dass es Swamiji auf dieses Teil abgesehen hatte. Aber den Eimer sollte er auf keinen Fall bekommen – da konnte er Gift drauf nehmen! Um nicht lügen zu müssen, hatte ich einem Bettler an der Pilgerstraße unterhalb des Ashrams zwei Tage zuvor schon den Eimer versprochen. Nun war ich gespannt, wie Swami Bhogananda Maharaj darauf reagieren würde…!
    Beim Abschied hatte ich meinen Rucksack abgestellt, daneben leuchtete der rote Plastikeimer. Ich legte die Hände vor meinem Herzen gegeneinander, verneigte mich mit einem Namaste und dankte dem Swami für die wertvollen Lektionen, die mir geholfen hatten, meine Negativität zu überwinden. Bhogananda erwiderte den Abschiedsgruß, nicht ohne darauf hinzuweisen, dass ich bald wiederkommen solle, denn ich sei gerade erst am Anfang meines spirituellen Weges und müsste noch viel lernen, besonders Dankbarkeit und Hingabe.
    «In Indien ist es seit altersher üblich, dass man dem Meister beim Abschied eine Gabe überreicht als Symbol der Anerkennung für die, nicht mit Geld zu vergütende, Liebe und Gnade, ohne die der Schüler im dunklen Zeitalter des Kaliyuga in die Irre geht….. Hast du nichts, was du mir geben könntest?», fragte er und schielte dabei auf den leuchtenden Plastikeimer.
    «Es tut mir leid, Swamiji, ich habe nichts – all mein Geld habe ich dir schon gegeben.»
    «Was ist mit dem Eimer?!!!»
    «…den habe ich dem Bettler unten an der Straße versprochen – der kann ihn gut gebrauchen.»
    Swamijis dunkler Teint verfärbte sich innerhalb von Sekunden

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