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Die langen Schatten der Erleuchtung

Die langen Schatten der Erleuchtung

Titel: Die langen Schatten der Erleuchtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirti Peter Michel , Klaus-Jürgen Leimann
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Egon bei günstiger Gelegenheit beiläufig und lässig unter den Tisch gegossen hatte. Dennoch war auch er von der Feier gezeichnet, er trug sein Haarteil jetzt verwegen wie ein Barett schräg über dem linken Ohr.
     
     
    Es war weit nach Mitternacht, als man endlich aufbrach. Harald torkelte schwankend hinter Gotti als letzter dem Ausgang zu, wo Martha an der Kasse auf ihn wartete und den Weg versperrte. Gotti zeigte mit dem Finger auf ihn. „Caputto per dutti!“, erklärte er Martha.
     
    Schwer durch die Nase atmend zückte Harald ein letztes Mal seine kalbsledernde Brieftasche und blätterte steiffingrig vom Alkohol im Fach mit den großen Scheinen herum.
     
    „Martha, was macht der Schaden?“
     

Der Tod ist der siegreiche Wurm.
                                                                          Poe

Hanif auf dem Friedhof oder wie Käthchen sich schon mit ihrer neuen Wohnstätte anfreundet.
    „Ja, ich arbeite schon seit einiger Zeit bei einem Landschaftsgärtner!“, erzählte Hanif in der Küche beim Abendessen. „Manchmal werden wir auch auf diesem riesengroßen Friedhof eingesetzt, wenn gerade viel zu tun ist!“
     
    Wie immer hatte Käthchen zum Geburtstag ihres schon lange verstorbenen Mannes Hermann sein Grab aufgesucht. Dieser Besuch musste jedes Jahr von langer Hand vorbereitet werden, denn es war schließlich ein weiter Weg bis ganz nach Ohlsdorf raus. Marlies hatte sich diesmal angeboten, Käthchen mit ihrem neuen Polo zu fahren. Käthchens Gehhilfe wurde auf den Dachgepäckträger geschnallt und der Beifahrersitz für sie bis zum Anschlag nach hinten geschoben. Der Wagen neigte sich bedenklich zur rechten Seite, als man sie in dem Kleinwagen verstaut hatte. Es sah aus, als peilte der kleine Flitzer geduckt mit überhöhter Geschwindigkeit eine Rechtskurve an. Die Rückbank war bis unters Dach mit Blumen, Vasen, Kerzen, Eimer, Schaufel, Gießkanne und Harke voll gestopft.
     
    Gegen 11:00 Uhr hatten Käthchen und Marlies gut die Hälfte an Hermanns Grab schon geschafft: Das Unkraut war gejätet, die neuen Blumen gesetzt und die Ränder geharkt. Den Grabstein hatten sie gescheuert und gewaschen. Nun legten sie eine kleine Pause ein und setzten sich auf die Bank neben dem Grab. Marlies schenkte aus der mitgebrachten Thermoskanne Käthchen einen Früchtetee ein.
     
    „Also, ehrlich Marlies, langsam kann ich das Gesöff nicht mehr sehen! Wenn wir mit dem Grab fertig sind, dann lade ich dich zu Kaffee und Kuchen im Friedhofsrestaurant ein!“
     
    „Nichts lieber als das, Käthchen! Ich habe bloß Angst, dass ich wieder rückfällig werde und die Diät abbreche. Immerhin habe ich schon fünf Pfund geschafft!“
     
    „Eben, fünf Pfund sind doch eine Menge! Und das in zwei Wochen. Bei mir sind es immerhin auch schon drei. Meinst du nicht, wir hätten uns auch mal eine kleine Belohnung verdient!?“
     
    „Wir können ja nachher darüber sprechen, wenn wir fertig sind. Das habe ich aus meinem Diätberater gelernt: Wenn man merkt, dass man nahe dran ist, rückfällig zu werden, soll man die Entscheidung aufschieben und dem Impuls zu schlemmen, nicht gleich nachgeben!“
     
    „MEINE Entscheidung steht! Bei drei Pfund Gewichtsverlust darf man sich auch mal ein Stück Kuchen gönnen!“
     
    „Ist das nicht ein seltsames Gefühl, Käthchen“, versuchte Marlies abzulenken „dass auf dem Grabstein von Hermann auch dein Name schon steht? Es fehlt nur noch dein Sterbedatum!“
     
    „Finde ich nicht, mein Deern! Sterben müssen wir nun alle mal, da führt kein Weg dran vorbei! Und so weiß ich wenigstens schon, wo ich liegen werde. Ich will den Hermann auch nicht im Nachhinein heilig sprechen - er konnte schon ein Stinkstiefel sein, wenn er seine Tour hatte. Aber er war nicht der Schlechteste, das steht auch fest. Im Leben hatten wir zusammen unsere Schwierigkeiten, vielleicht passen wir im Tod besser zueinander! Und noch eins: da wir nun alle unseren Tod schon vor Augen haben, sollte man da nicht das Leben genießen, anstatt sich zu kasteien?!“
     
    „Wenn ich jetzt nachgebe, Käthchen, dann habe ich nachher ein ganz schlechtes Gewissen!“
     
    Gerade in diesem Augenblick zog eine Gruppe Gärtner in grünen Latzhosen den Hauptweg an ihnen vorbei. Und einer von ihnen war Hanif. Käthchen hatte ihn erkannt und rief seinen Namen. Hanif kam zu ihrer Bank geschlendert. „Was machst du denn hier, Hanif? Komm, setz´ dich

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