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Die langen Schatten der Erleuchtung

Die langen Schatten der Erleuchtung

Titel: Die langen Schatten der Erleuchtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirti Peter Michel , Klaus-Jürgen Leimann
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doch hierzulande ein bisschen tolerant sein und auch solche Leute bei sich bewirten!“
     
    In Wirklichkeit war Costas heilfroh, dass Gotti das Bei Costas zu seinem Hauptquartier erkoren hatte, denn die Szenegänger hatten in letzter Zeit merklich den Appetit an Giros verloren. Man bevorzugte zurzeit Sushi und Seetang. Diesen kulinarischen Spagat zwischen Griechisch-römisch und Japanisch konnte Costas mit seinen Köchen nicht mehr nachvollziehen. Man hatte sich schon oft im Laufe der vergangenen Jahre angepasst: Pizza, Nudeln, zwischendurch sogar mal Eisbein, Sauerbraten, aber mehr lag nun wirklich nicht drin!
     
    Der Raum war wieder bis auf den letzten Sitzplatz gefüllt, viele saßen auf mitgebrachten Meditationskissen. Einige fanden noch Platz auf den Fensterbänken. An der Stirnseite hatten ergebene Jünger eigens für Gotti, der sich für diese spirituelle Veranstaltung „Devian“ nannte, ein hölzernes Podest errichtet, vor dem jetzt eine schlanke Frau, eingewickelt in einen indischen Sari, ihre güldenen Sandaletten abstreifte, sich anmutig hinkniete und auf einem Meditationsbänkchen niederließ. Ihre langen, blonden Haare fielen ihr weit über die Schultern. In der Mitte ihrer Stirn funkelte ein aufgeklebtes Bindi ( Ein Bindi ist ein mittig auf der Stirn zwischen den Augenbrauen aufgemalter Punkt oder ein an dieser Stelle
    aufgeklebter Schmuck. Bindis werden in Indien von Mädchen und Frauen getragen. Während das Bindi früher anzeigte, ob eine Frau verheiratet ist oder nicht, ist das heute nicht mehr der Fall. Heute werden in Indien Bindis aller Art als Schmuck getragen. Auch im Westen kommen in ne uer Zeit Bindis mehr und mehr in Mode. )  im Lichte der Kerzen – ein kleines Schmuckstück aus farbig glitzernden Steinchen in Form einer Kerzenflamme, um ihr Drittes Auge zu betonen.
     
    Bei Haralds Feier hatte Gotti seine Hände um Elviras Hüften gelegt und sie wie eine Feder vom Tisch gehoben, als Costas, erschöpft vom Sirtaki, vom Tisch geklettert war und sich nass vor Schweiß und dampfend wie ein Nebelgranate auf einen Stuhl fallen ließ. „Du musst jetzt mit mir unbedingt einen Sherry trinken, sonst prügele ich mich noch auf der Stelle mit Costas! Man kann ja als Nichttänzer eifersüchtig werden bei deinem Anblick!“ Beim dritten Sherry hatte Gotti Elvira seine handgeschriebene Visitenkarte, eine kalligraphische Kostbarkeit mit der Einladung „Devian – erleuchtende Gespräche in der Präsenz Gottes“, zugesteckt: „Du mußt dabei sein! Es geht um die einzig entscheidende Frage – die Frage nach Leben und Tod!“ Diese dramatische Entschiedenheit gefiel Elvira, das hatte sie beim Autogenen Training und auch beim Pendeln immer so vermisst. „Und wenn ich nicht komme?“, kokettierte sie. Gotti beugte sich vor und knurrte ihr ins Ohr: „Du kommst, weil du kommen musst! Ich habe lange schon auf Dich gewartet! Vom ersten Augenblick an wusste ich, DU BIST ES!“
     
    Schon in den nächsten Tagen plante er mit Elvira den Ablauf der Veranstaltung. „Halte mich bitte nicht für unaufrichtig oder für einen Scharlatan, meine liebe Elvira, aber die meisten Leute sind so dümmlich, die hängen mehr am Ritual als an der Wahrheit, die ich vor ihnen ausbreite wie ein Scherenschleifer seine Messer. Die müssen wir zuallererst einmal zufrieden stellen mit ein bisschen Hokuspokus!“ Elvira hatte die Sache mit dem Gong vorgeschlagen. Gotti schlang begeistert seine Arme um sie.
     
    Es war nun dieser Gong, den sie betont langsam und bedächtig neben sich aufbaute, als handele es sich um eine geweihte Reliquie. Dann schlug sie dreimal mit einem Klöppel das wagenradgroße Metall an. Der Ton breitete sich wellenförmig aus, schien für eine kleine Ewigkeit im Raume zu schweben, bis er sich in der Ferne im Nichts auflöste. Die Gespräche an den Tischen verstummten, erwartungsvolle Stille breitete sich aus.
     
    Gotti betrat die Gaststube durch die Seitentür einer winzigen Kammer, auf der „Privat. Kein Zutritt“ stand. Dort stapelten sich die Kohlensäureflaschen für das Bier. Gotti trug eine lockere weiße Robe, deren Saum fast den Boden berührte. Auch das war Elviras Idee gewesen. Sie hatte sie ihm auf die Schnelle noch zurechtgeschneidert. Dazu eine fünfeckige Kopfbedeckung aus dem gleichen Stoff, die flach wie ein sternförmiges Spiegelei sein Haupt bedeckte. So etwas hatte man noch nie an „Devian“ gesehen, und ein Raunen ging durch die Reihen.
     
    Gotti ließ sich langsam im vollen

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