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Die langen Schatten der Erleuchtung

Die langen Schatten der Erleuchtung

Titel: Die langen Schatten der Erleuchtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirti Peter Michel , Klaus-Jürgen Leimann
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zurückkamen, hatten sie beschlossen, dass Jojo und Hanif in die Räumlichkeiten von Käthchen einziehen sollten. Schließlich ging der Sommer langsam seinem Ende zu, und man musste für Jojo wie für die Schwäne auf der Alster ein Winterquartier bereithalten.

Hier liegen meine Gebeine,
    ich wünschte, es wären deine.
    Unbekannt

Käthchens Beerdigung oder wie alles doch noch einmal gut endet.
    Selbst Olga Schäfer erzählte später gerne in der Nachbarschaft, es sei eine wunderschöne Beerdigung gewesen. „Ich habe direkt zweimal geweint! Und das will bei mir schon ´was heißen!“ Olga war die letzte noch lebende Klassenkameradin von Käthchen, der gleiche Jahrgang, jedoch von der Figur her das genaue Gegenteil: groß und hager, aber nicht weniger hungrig. „Und der Herr Pfarrer hat auch wirklich wunderbar gesprochen“, fuhr sie fort, „so natürlich! Nicht so abgehoben, wenn Sie verstehen, was ich meine! Sondern so richtig aus dem Leben! Und dann erst der Rotkohl zum Schweinebraten! Ich sag´ Ihnen, so ´was habe ich lange nicht mehr gegessen! Ich kann Ihnen das Restaurant «Letzte Einkehr» wirklich bestens empfehlen, …ist allerdings ein wenig weit draußen!“ Man war nach der Beerdigung noch essen gegangen. „Das sind wir unserem Käthchen schon schuldig“, meinte Jutta, „schließlich können wir ihr Fell nicht auf ihre Kosten im «Café Lindenblüte» versaufen!“
     
    Nur Marlies war noch einmal beim Essen in Tränen ausgebrochen. „Genau hier habe ich noch vor drei Wochen mit Käthchen gesessen, nachdem wir das Grab von ihrem Mann gepflegt hatten. Da drüben an dem Zweier-Tisch! Bei Kaffee und Kuchen!“
     
    D ie WG, einschließlich Olga Schäfer, war mit dem Bus zum Friedhof Ohlsdorf hinaus gefahren. „Du bist viel zu aufgeregt, um mit dem Wagen zu fahren, Marlies!“, hatte Harald alle Diskussionen abgebogen. „Und ich auch! Und außerdem würde der Platz nicht reichen! Wir fahren einfach mit dem Bus hin. Die Busse fahren doch durch den Friedhof bis zur Kapelle; der Ohlsdorfer Friedhof ist doch so riesig. Der größte in Europa, habe ich mal gelesen!“ Unterwegs hat Olga Schäfer noch einiges von Käthchen zum Besten gegeben: „Ob ihr’s glaubt oder nicht, das Käthchen war früher mal ´ne ganz Zierliche, und die Männer waren hinter ihr her, ich kann euch ´was flüstern. Ich will nun nicht sagen, dass sie ein Feger war, aber großartig ´was anbrennen lassen, hat sie auch nicht! Ihr erster Mann hieß, glaube ich, Manfred! Und der war von Beruf Schlachter. Hat auf dem Schlachthof in Schicht gearbeitet. Natürlich hat er nur das Beste vom Besten mitgebracht, - und das reichlich! Von da an war es mit der guten Figur bei Käthchen vorbei! Ihr zweiter Mann bekam schon die doppelte Portion von ihr!“
     
    Alle hatten sich einen Tag frei genommen, außer Hanif. „Bei mir geht es wirklich nicht“, hatte er versichert, „wir haben so viel Arbeit. Und wisst ihr wo? Auf dem Friedhof! Ich habe ja meinen Chef gefragt, aber der hat gesagt, dann siehst du deine Leute ja sowieso!“
     
    Notar Erwin Marmel hatte zur Erleichterung aller Beteiligten erklärt, dass Käthchen auch eine Sterbegeldversicherung abgeschlossen hätte. „Davon können Sie auch in der Kapelle ein kleines Orchester spielen lassen, denn ein Grabstein ist ja schon vorhanden, ... und den Sarg zum Grabe tragen lassen. Das sieht dann gleich ganz anders aus! Wenn Sie wollen, nehme ich das in die Hand und spreche das mit dem Beerdigungsinstitut Marquardt ab!“ Alle waren Erwin Marmel dankbar für dieses Angebot, und es versteht sich, dass auch er zur Trauerfeier hinzu stieß, etwas spät zwar wegen eines beruflichen Termins, versteht sich, aber noch gerade rechtzeitig zum Schweinebraten.
     
    Es war morgens noch ein wenig neblig gewesen, doch als man sich dann in der Kapelle auf dem Friedhof einfand, drang die Sonne durch und vertrieb die letzten Schwaden. Pastor Carlsen, der sich später im Restaurant als außerordentlich trinkfest erweisen sollte und eine halbe Flasche eiskalten Kümmel in stiller Andacht niedermachte, ließ noch einmal das Leben von Käthchen vorüberziehen. „Käthchen war auch eine kleine Schelmin“, meinte er versöhnlich, ziemlich zum Ende seiner Rede, „so wird sie Euch vermutlich auch verschwiegen haben, dass sie dreimal verheiratet war. Für gewöhnlich gab sie immer vor, es hätte nur einen Mann, ihren dritten Ehemann Hermann, in ihrem Leben gegeben. Käthchen hat das Leben geliebt und alles,

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