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Die langen Schatten der Erleuchtung

Die langen Schatten der Erleuchtung

Titel: Die langen Schatten der Erleuchtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirti Peter Michel , Klaus-Jürgen Leimann
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Handlungen Folgen haben für uns. Oder anders gesagt, man kann nichts Gutes oder Schlechtes tun, ohne irgendwann noch mal den Auswirkungen zu begegnen! Aber ich kenne Hanif! Er fängt sich auch rasch wieder nach so einem Schicksalsschlag. Wir sollten uns den Abend dadurch nicht verderben lassen! – Aber ich habe eine ganz andere Frage zu den Wachsfiguren: Wer war dieser so böse blickende Mann mit dem kleinen Schnurrbart? Er trägt nämlich ein Ornament am Arm, dass bei uns als Symbol für das Sonnenrad so manche Klosterwand verziert!“
     
     
    „Ein Glück…, bei Vera ist noch Licht!“, jammerte Hanif. Er hatte sich auf dem Heimweg zwar ein wenig gefangen, doch immer wieder brach er erneut in Tränen aus. Wie ein alter Mann, der eine Enkelin durch ein grausames Schicksal verloren hat.
     
    Er klopfte an Veras Tür, bekam aber keine Antwort. Er drückte vorsichtig die Türklinke herunter. Vera lag da mit gefalteten Händen. So hatte Hanif sie noch nie schlafen gesehen. Er rief ihren Namen. Nichts. Dann etwas lauter. Vera sah sehr blass aus. Hanif rüttelte sie am Arm. Vera reagierte nicht. Dann sah er die Flasche Rotwein und das Glas, in dem noch eine Tablette klebte.
     
    Er stürzte in den Flur zum Telefon. „Hoffentlich hat er jetzt keinen Kunden! Lass ihn jetzt bitte keinen Kunden haben!“
     
    Hanif kannte nicht die Rufnummer der Polizei. Auch nicht die von der Feuerwehr oder vom Notdienst. Die einzige, die er auswendig kannte, war Melindas Handynummer. Seine Hand zitterte beim Wählen. Freizeichen. Endlos. Dann plötzlich seine tiefe Stimme: „Jaaa?!“
     
    Eine viertel Stunde später fuhr der Notarztwagen vor. „Sagen Sie Ihren Leuten, dass wir die Frau erstmal in die Psychiatrie bringen. Das machen wir immer in solchen Fällen!“, klärte ihn einer der jungen Ärzte auf. „Das haben Sie sehr gut gemacht! Eine Stunde später …, und es wäre schon kritisch geworden!“ Hanif lächelte, wieder mit dem Schicksal versöhnt.
     
     
    Gegen Mittag des nächsten Tages näherte sich die WG wieder der heimatlichen Villa. Harald steuerte wie in alten Zeiten Käthchens Gefährt im Blindflug. Die Sicht wurde ihm durch zwei Yukka-Palmen, einen Holsteiner Katenschinken und eine Staude Bananen verdeckt. Er verließ sich bei der Navigation ganz auf die Anweisungen von Marlies. Hanif empfing sie strahlend vor Stolz über die gelungene Rettungsaktion an der Gartenpforte.
     
    „Na, alter Knabe“, lallte Harald, „hast du dich wieder erholt?“
     
    Hanif nickte und berichtete.
     
    Marlies kochte starken Kaffee, doch auch so waren sie alle wieder schlagartig nüchtern. Sogar Harald, der nur stumm den Kopf schüttelte: „Macht die einfach Selbstmord, und wir bekommen nichts davon mit!? Vera und Selbstmord – wer denkt denn an so ´was?!“
     
    „Aber warum bloß?“
     
    Hanif trug die Palmen in die Küche.
     
    „Natürlich hat uns der Tod von Käthchen alle mitgenommen. Aber deswegen macht man doch keinen Selbstmord!“
     
    „Wo soll der Schinken hin?“
     
    „Wahrscheinlich ist ihre Forschheit nur aufgesetzt. Und unten drunter ist sie ganz weich und sensibel!? Wer kennt einen anderen Menschen schon wirklich!“
     
    Hanif buckelte mit der Bananenstaude vorbei.
     
    Harald hob sein tränennasses Gesicht vom Tisch und stöhnte: „Ich pack’s nicht! Ich muss mich hinlegen!“

Wenn Menschen sich in dem, was kein Selbst ist,
    eine Selbstheit eingebildet haben,
    sind Glück, Leiden und Erkenntnis alles für sie Wirklichkeit.
                                                                                                      Nagarjuna

Veras Einweisung oder wie Jojo von der Insel des ewigen Frühlings erfährt.
    Zwei Tage später besuchte Hanif Vera in der Psychiatrie in Ochsenzoll. Die Stationsschwester Irmgard musterte Hanifs Cowboystiefel und dachte: „ Du landest auch noch mal hier, mein Lieber! “ Dann führte sie ihn zu Veras Zimmer. „Versuchen Sie, sie ein wenig aufzuheitern - das kann sie jetzt gut gebrauchen!“
     
    Vera war in einem Zweibettzimmer untergebracht. Ihre Nachbarin lag mit verbundenen Pulsadern im Nebenbett. Man hatte sie mit einem starken Sedativum ruhig gestellt, sodass sie den größten Teil des Tages und der Nacht verschlief.
     
    „Na, mein Herz“, begann Hanif und setzte sich auf die Bettkante von Vera, „was machst du denn da für Sachen?“ Er überreichte ihr eine Flasche

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