Die Lanze Gottes (German Edition)
Waren, Gewürzen und nach vielen Menschen. Ein Geruch der Enge, ein Geruch, den er immer verabscheut hatte. Janus fühlte sich im Wald, umgeben von klarer Luft, weitaus wohler als in den Städten, die in den letzten Jahren überall wuchsen. Die Zeiten änderten sich, aus einzelnen Weilern und Gehöften wurden Dörfer und aus ehemaligen Wallburgen und Motten steinerne Burgen. Handelsplätze um Burgen und Klöster herum wuchsen zu kleinen Städten. Auch Bremen erging es nicht anders.
Janus hielt sein Pferd an und blickte sich um. An dieser Stelle hatte er seinen Freund Adam zuletzt gesehen. Viel war seitdem geschehen. Ob Adam immer noch aussah wie früher? Er spürte ein vorfreudiges Kribbeln im Bauch, dann tastete er mit der rechten Hand nach der Lanze, die er als Bündel verpackt auf seinem Rücken trug. Das Suchen hat mir der Bischof verboten, das Forschen nicht.
Adams Worte von damals klangen noch in seinen Ohren. Es hat sich gelohnt, dass Adam weitergeforscht hat, dachte Janus, und beschloss, keine weitere Zeit mehr zu verlieren.
Vor dem Hauptportal der Bremer Domschule erkundigte sich Janus bei einem Novizen nach Adam. Der junge Mann musterte ihn neugierig, stellte jedoch keine Fragen. Er begleitete Janus durch die Domschule und blieb vor einer großen Tür stehen. »Wen darf ich dem Domscholaster melden?«
Janus überlegte, dann musste er grinsen. »Sage ihm, ein Freund König Estridssons bittet um Gehör.«
Verdutzt schaute ihn der Novize an, verschwand jedoch gehorsam hinter der großen Tür, die sich kurz danach öffnete. Adam trat hinaus und sein Blick fiel auf Janus, der sehen konnte, wie sich die Neugier auf Adams Gesicht in ein leuchtendes Lächeln verwandelte.
»Janus!«, rief er, trat auf ihn zu und umarmte ihn herzlich. Dann ließ er ihn los und schüttelte den Kopf, als könne er es nicht glauben, ihn wiederzusehen. »Beim Allmächtigen Gott, Janus! Wie lange ist das jetzt her? Du siehst gut aus, wie ein richtiger Adeliger, was ist bloß aus dem jungen Spielmann von einst geworden?«
Janus lachte und zwinkerte ihm zu. »Adam, mein Freund! Das Kompliment kann ich nur zurückgeben. Ich sehe, der Domscholaster von Bremen ist ein wenig fülliger geworden als zu seiner Zeit als Mönch. Gibst du dich allzu vielen Genüssen hin? Was ist aus dem asketischen Mann von einst geworden?«
Adam boxte ihn leicht in die Seite. »Janus von Esken, immer noch der gleiche freche Sackpfeifenspieler mit dem losen Mundwerk! Es gibt Dinge, die ändern sich wohl niemals!« Grinsend legte er Janus seinen Arm um die Schulter. »Komm herein, du hast sicher viel zu berichten!«
Janus folgte Adam in dessen Kammer. In dem großen, aber spärlich eingerichteten Raum lagen überall Schriftrollen herum. Adam bot Janus einen Platz an. Ihm fiel auf, dass sich Adams Augen mit Tränen füllten. Er schien genauso gerührt zu sein wie er selbst. »Janus, du ahnst gar nicht, wie ich mich freue, dich wiederzusehen. Ich habe gehört du hast ein Gemahlin und eine Familie?«
Janus nickte. »Meine Gemahlin ist die wunderbarste Frau, die sich ein Mann wünschen kann!«
»Das freut mich für dich. Das freut mich wirklich! Ich wusste immer, dass Gott unser Herr es gut mit dir meint. Aber erzähle, was führt dich nach Bremen? Wie lange wirst du bleiben?«
Janus erzählte Adam von seiner Begegnung mit der Äbtissin und konnte seinen Freund zum ersten Mal fassungslos sehen. »Du hast sie? Du hast sie gefunden? Sie hat sie dir übergegeben?« Adam schlug mit der Faust auf den Tisch, sodass einige der Pergamentrollen herunterfielen, doch er beachtete sie gar nicht. Dann sprang er auf. »Ich wusste es! Ich hatte recht mit meinen Vermutungen!«
Fast schien es Janus, Adam freue sich mehr darüber, das Rätsel gelöst zu haben, als über die Reliquie selbst. Aber das war typisch für ihn. Adam war ein Frager, ein Wissenschaftler, jemand der
tiefste Befriedigung darin fand, durch die Kraft seiner Gedanken den Dingen auf den Grund zu gehen und dem es unbändige Freude bereitete, wenn er dies auch schaffte. Janus holte die Heilige Lanze hervor, legte sie auf den Tisch und wickelte behutsam das Leinentuch auseinander. »Ja, du hattest recht. Wie so oft!«, antwortete er.
Adam betrachtete staunend die Reliquie, nahm sie ehrfürchtig und mit Tränen in den Augen in die Hände. »Ja! Gelobt und gepriesen sei der Herr! Das ist die Heilige Lanze aus dem Evangelium nach Johannes.«
Janus lächelte bei dem Anblick. »Und es ist ein römisches Pilum.
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