Die Lanze Gottes (German Edition)
Genauso wie du immer behauptet hast.« Adam nickte versonnen, konnte seinen Blick gar nicht mehr von der Reliquie lösen. Nach einer Weile fragte er: »Wie geht es nun weiter? Wirst du die Lanze dem König übergeben und versuchen, den Ruf deines Vaters wieder herzustellen?«
Janus schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht. Ich habe einen Eid geleistet, genauso wie der Mönch Nicolaus seinerzeit gegenüber dem Wikinger vor der Schlacht in Haithabu. Ich musste der Äbtissin versprechen, die Lanze niemals einem König auszuhändigen.«
Adam holte tief Luft. »Ja, ich kann das verstehen. Es ist nicht gottgefällig, sie im Kampf zu benutzen. Aber wirst du auf dein Recht verzichten?«
»Nein, ich versuche weiterhin, meinen Besitz zurückzuerlangen, aber die Lanze wird mir dabei nicht mehr von Nutzen sein.«
»Was soll mit ihr geschehen?«, fragte Adam und legte sie zurück auf den Tisch.
Janus wickelte sie wieder in das Leinentuch. »Ich möchte, dass sie vorerst bei dir in Bremen bleibt. Niemand weiß, dass ich die Lanze zu dir gebracht habe, und hier in der Domschule ist sie sicher.«
»Ja, vielleicht hast du recht«, stimmte Adam ihm zu.
Janus blieb ein paar Tage in Bremen und genoss das Wiedersehen mit seinem Freund. Doch eines Morgens erreichten sie besorgniserregende Nachrichten aus Schwaben. Der König sammelte ein Heer, um gegen die Sachsen zu ziehen. Janus musste fort. Es blieb ihm nicht einmal mehr Zeit, seine Familie zu sehen. Er verabschiedete sich von Adam und ritt auf direktem Wege Richtung Süden, denn er fühlte sich dem Eid seinem König gegenüber verpflichtet.
Des Königs Hof befand sich in Breitenbach beim Kloster Hersfeld. Es hieß, dort wolle er sein riesiges Heer zusammenziehen. Als Janus dort ankam, neigte sich der Herbst dem Ende zu und es fiel schon der erste Schnee. Er ritt in das Lager und es fiel ihm auf, dass sich dem König bereits zahlreiche Fürsten angeschlossen hatten. Unterwegs hörte er von Reisenden, die Sachsen hätten sich zurückgezogen und der König wolle nun zum Gegenschlag ausholen. Janus stieg vom Pferd und führte den Zelter an den Zügeln. Er blickte sich um. Zahlreiche Bauern aus der Gegend hatte man in Scheunen untergebracht. Deren Häuser wurden nunmehr vorübergehend von den Adeligen bewohnt. König Heinrich selbst residierte wohl im Kloster Hersfeld.
Janus meldete sich bei der Lagerwache und fragte nach Hermann von Gleiberg. Er nannte seinen Namen. Die Wache nickte und führte ihn zu einem größeren Bauernhaus. Vor dessen Tür erblickte er Notgar. »Janus, Gott sei Dank, du bist da!«
Janus ging mit Notgar zur Tür und klopfte sich den Schnee von den Schultern. »Die Nachricht erreichte mich unvorbereitet. Ich fand nicht einmal mehr Zeit, nach Gleiberg zu reiten.«
Der Söldner nickte. »Gräfin Adela wünscht dir alles Glück und wartet auf deine Rückkehr.«
»Wo ist Hermann?«, fragte er.
»Er ist drinnen.« Notgar schob die Tür auf.
Janus betrat das Bauernhaus und schaute sich um. Es war klein, längst nicht so komfortabel wie die Räume auf Burg Gleiberg, war aber immer noch besser, als in den zahlreichen Scheunen und Hütten zu schlafen, wie der größte Teil der Waffenknechte. Ein Feuer brannte in der Mitte des Hauses und er freute sich, der Kälte zumindest vorerst entronnen zu sein.
»Sei willkommen, Janus«, rief Hermann mit strahlendem Gesicht. »Welche Freude!«
Während Janus sich am Feuer die Hände wärmte, erzählte er seinem Freund von den Ereignissen. Staunend und kopfschüttelnd hörte Hermann ihm zu, dann sagte er leise: »Du hast sie tatsächlich gefunden. Dein Vater wäre stolz auf dich!«
Der Winter ging ins Land und Janus verbrachte die Tage und Nächte hauptsächlich mit dem verzweifelten Versuch, sich warm zu halten. Etwas Abwechslung in den tristen Alltag im Heerlager brachte lediglich ein Tag im Februar. Zwei Tage nach Sexagesima im Jahr 1075 wurde des Königs Sohn Konrad ein Jahr alt. Er war hier im Kloster Hersfeld geboren worden und der König hatte eine Wiege aus Gold für ihn anfertigen lassen. Zu diesem Ereignis kamen noch mehr Fürsten nach Breitenbach und es wurde ein großes Fest gefeiert.
Die Landbevölkerung indes litt unter dem kalten Winter. Es befand sich kaum ein Bauer in der Nähe, den man nicht aus seinem Haus geworfen hatte.
Rudolf von Rheinfelden, Wilfried von Breyde und verschiedenen anderen Fürsten der Mauritiusbruderschaft ging Janus möglichst aus dem Weg. Der König verbot Fehden untereinander. Er
Weitere Kostenlose Bücher