Die Lanze Gottes (German Edition)
widerstehen, das wusste sie. Und Mathilde konnte ihm ebenfalls nicht widerstehen, das machte ihn für die Arnesberger Gräfin noch anziehender als er ohnehin schon auf sie wirkte. Sie murmelte: »Sieh an, Janus von Esken ist im Besitz der Heiligen Lanze. Ein wahrhaft kostbares Unterpfand für seine Ländereien und die Eskeburg.«
»Täusche dich nicht, Graf von Esken ist nicht käuflich!«
»Den Gegner, den man nicht kaufen kann, muss man unschädlich machen«, flüsterte Mathilde, kniete sich ins Gras und zog ihren Begleiter zu sich hinab.
XXXVI
Am dritten Sonntag nach der Erscheinung des Herrn sollte in Worms der Reichstag stattfinden. Janus dachte sehnsüchtig an das letzte halbe Jahr zurück, das er friedlich mit seiner Familie in Gleiberg verlebt hatte. Nun ritten er und Hermann in die Stadt, die voll von Menschen aus den Gefolgen der unterschiedlichen Bischöfe und Fürsten war, die den Reichstag besuchten. »Denkst du, der König wird im Streit mit dem Papst klein beigeben?«
Hermann zuckte mit den Schultern. »Im Dezember hat Papst Gregor ein Schreiben an Heinrich gerichtet und ihn aufgefordert, die Bischofsernennungen in Mailand zurückzunehmen.«
Sie näherten sich dem großen Marktplatz und ritten langsam an einer Menschenansammlung vorbei, dann tauchte der Dom vor ihnen auf. Janus blickte zu dessen Spitze hinauf und murmelte: »Ein christlicher König muss Gehorsam gegenüber dem Papst zeigen.«
»Ja, da hast du recht«, erwiderte Hermann. »Das sieht der König jedoch anders. Der Papst hat ihm mit dem Kirchenbann gedroht. Sofort berief Heinrich die Reichsversammlung ein.«
Janus rümpfte die Nase. »Und deshalb sind wir jetzt hier.«
Am nächsten Tag begann der Reichstag in einer großen Halle in der Nähe des Doms. Die kirchlichen Würdenträger wurden von Siegfried von Mainz angeführt. Janus verstand nicht alle Zusammenhänge und blickte Hermann fragend an. Der schien seine Gedanken zu erraten, denn er erklärte: »Die Bischöfe sind keine Gegner der Kirchenreform, aber sie befürchten die Einschränkung ihrer Selbständigkeit, wenn der Papst sich durchsetzt, treibt sie das Heinrich in die Arme. Der Papst hat in einem Schreiben die Herzöge aufgefordert, die Messen ungehorsamer Kleriker zu boykottieren, sogar Gewalt sei als Mittel legitim, ließ er verlauten. Der Streit verschärft sich.«
Der König trat in die Mitte der anwesenden Fürsten und Bischöfe. Eine Weile blickte er ernst in die Runde, dann rief er: »Es ist ungeheuerlich, was der Heilige Vater sich herausnimmt! Ich will euren Rat. Wie soll ich darauf reagieren?«
Eine Weile herrschte betretenes Schweigen, niemand traute sich vorzutreten. Schließlich ergriff Hermann als erster das Wort. »Erlaubt mir die Wahrheit zu sprechen, mein König.«
»Hermann von Gleiberg, ich schätze Eure Königstreue, Euren Mut und Eure Liebe zur Wahrheit, sagt frei heraus, was Ihr denkt.«
»Einige Eurer Berater, mich eingeschlossen, sagten Euch, der
Zeitpunkt, die beiden Bischöfe in Italien zu ernennen, sei schlecht. Das Dictatus Papae spricht eine eindeutige Sprache. Nur er allein darf Bischöfe ab- und wieder einsetzen!«
Der König rümpfte die Nase. »Wie immer sind Eure Worte offen, Graf von Gleiberg, doch darf der Papst mich öffentlich demütigen? Ich bin der König!« Dann stapfte Heinrich wie ein wütender Löwe durch die Halle und verschränkte seine Arme auf dem Rücken. »Was bildet dieser Mönch sich ein? Er wagt es, mich zu ermahnen? Er wagt es, mich der Lächerlichkeit preiszugeben?«
»Er ist der Papst, mein König!«, sagte Siegfried, der Erzbischof von Mainz, unterwürfig.
Der König war ohne jeden Zweifel zu überzeugt von sich selbst, doch auch hitzköpfig und, abgesehen von Hermann, seit dem Tod Bischof Adalberts nicht immer von den besten Beratern umgeben. Hermann hatte Janus erzählt, Heinrich leide dauerhaft unter der Furcht, jemand könne die Oberhand über ihn gewinnen, wie seinerzeit Bischof Anno. Das Erlebnis in seiner Kindheit bestimmte immer noch sein Handeln. Wieder einmal wollte ein Kirchenfürst ihm sagen, was er zu tun, wie er sich zu verhalten habe, wieder einmal sollte er einem Gottesmann gehorchen. Er war aber nicht mehr der kleine Junge, der sich dem mächtigen Bischof Anno von Köln ausgeliefert sah, sondern der König.
Hermann raunte Janus zu: »Ich kenne ihn, er wird nicht noch einmal versuchen zu fliehen und über Bord springen, wie seinerzeit als Kind auf Annos Schiff. Er ist Heinrich, König der
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