Die Lanze Gottes (German Edition)
König bleiben.
Janus´ Zweifel wuchsen. War der König wirklich im Recht? Anders als Heinrich, glaubte er an die Kraft der Heiligen Lanze, denn sie hatte ihn und sein Leben ein ganzes Stück lang begleitet. Und er wusste im Gegensatz zu vielen der Fürsten, dass es sich bei Rheinfeldens Lanze tatsächlich um die echte handelte. Janus behielt Recht. Zu einem Zusammentreffen der Könige im November auf dem Fürstentag kam es nicht. Ein Bote brachte ihm die Nachricht nach Gleiberg. Er legte Hermanns Schreiben missmutig weg. Der König hatte sich geweigert, mit Rudolf zu sprechen. Irgendwann musste es zur Entscheidungsschlacht kommen, das wusste Janus.
Am Fest der Geburt des Heilands wollte Janus mit Adela und seinen Kindern Ruger und Gertrud abends gemeinsam in die Kirche gehen. Konstanze war zu Gast auf der Burg. Janus fragte sie, ob sie ihn in die Kapelle begleiten wolle, doch sie lächelte und schüttelte den Kopf. »Es ist nicht mein Gott, der am heutigen Tage Geburtstag hat«, antwortete sie.
Nach dem Abendmahl stand Konstanze auf und begab sich nach draußen, um frische Luft zu schnappen. Janus folgte ihr.
Sie stand auf der Brustwehr und schaute gedankenverloren in die Ferne. Ihr Schleier wehte im Wind. Es war eisig, doch die Kälte schien ihr nichts auszumachen. Er trat zu ihr und legte seinen Mantel um ihre Schultern. Konstanze lächelte ihn an. Über die Tage in der Gewalt von Breydes sprachen sie nie, doch diesmal fragte Konstanze. »Hat Wilfried von Breyde dir in der Gefangenschaft ein Leid zugefügt, Janus?«
»Warum fragst du mich das?«
»Ich muss es wissen. Hat er dich … ?«
» … gefoltert? Nein, er hat mir nichts zuleide getan, außer mit meiner Furcht zu spielen«, entgegnete er.
Konstanze nickte. Janus blickte sie forschend an.
»Was ist geschehen, Konstanze?«, fragte er und merkte sogleich, dass sein Hass auf Wilfried von Breyde wieder aufloderte. Warum fragte sie ausgerechnet jetzt nach ihrem Erzfeind? Was hatte er ihr angetan? Konstanze erzählte von den Tagen der Gefangenschaft in der Hand Wilfrieds. Plötzlich gerieten ihre Sätze ins Stocken und eine Träne rann über ihr Gesicht. Sie schaute wieder in die Ferne.
Janus brannte eine Frage auf der Seele, aber er hatte sich nie getraut, sie Konstanze zu stellen, da er sich vor der Antwort fürchtete. »Hat er dir Gewalt angetan?«
Konstanze dreht ihren Kopf zu ihm hin. »Nein. Das brauchte er nicht«, antwortete sie knapp.
»Willst du damit sagen, du hast dich ihm aus freien Stücken hingegeben?« Ein eisiger Schauer lief Janus über den Rücken, als ihm klar wurde, dass Konstanze mit Wilfried von Breyde mehr verband, als nur die Abmachung, ihn gegen die Heilige Lanze auszutauschen. Er schüttelte den Kopf und sah sie fassungslos an.
Konstanze nickte und wollte seine Hand greifen, doch er schüttelte sie ab. Diese Wahrheit traf ihn wie ein Schwerthieb. Janus fühlte sich nicht in der Lage, etwas zu sagen, er schwieg einen kurzen Moment, alles in ihm schien sich aufzubäumen. »Du hast dich wie eine Hure meinem größten Feind an den Hals geworfen?«, schrie er. Wilfried von Breyde, es gab niemanden, den er mehr hasste. Er fühlte sich verraten und konnte gegen dieses Gefühl kaum ankämpfen. Was hatte Konstanze getan?
Sie schaute ihn an. In ihren Augen spiegelte sich gleichsam
Schuldbewusstsein und Trotz, dann sagte sie zornig: »Es gab keine andere Möglichkeit, dein Leben zu retten.«
»Und deswegen machst du für den größten Feind unserer Familie die Beine breit? Dieses Monster, welches unseren Vater auf dem Gewissen hat? Der unser Leben zerstört hat? Lieber wäre ich in Mathildes Kerker verreckt!«, brüllte Janus.
Konstanze wandte sich ab und schwieg einen kurzen Moment, dann flüsterte sie: »Du kennst Wilfried von Breyde nicht. Du bist verblendet in deinem Hass, genauso wie er.«
Sie schickte sich an zu gehen, doch Janus wollte sie nicht einfach ziehen lassen. Er packte sie bei den Schultern. »Und der Tod unseres Vaters? Der Verlust unserer Ländereien? Hast du daran gedacht, als du deine Schenkel für diesen Teufel geöffnet hast? Du hast deine Familie und unseren Vater verraten!« In diesem Augenblick wäre es ihm fast lieber gewesen, Wilfried hätte sie mit Gewalt genommen.
Konstanze befreite sich von ihm. »Du bist selbstgerecht, Janus. Ohne meine Hilfe würdest du schon nicht mehr unter uns weilen. Ich besaß niemals eine Familie, die ich hätte verraten können, denn du warst nicht da und Vater und Mutter
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