Die Lanze Gottes (German Edition)
und den Königen dieser Welt vermittelte.
Zuletzt war ihm dies in Canossa geglückt. Sein Einfluss auf den Heiligen Vater war nach wie vor groß.
Hugo rieb an einer seiner grauen Schläfen und wippte ungeduldig mit dem Fuß. Er wartete nicht gerne. Warum beorderte ihn der Heilige Vater nach Rom?
Er dachte an Canossa zurück, schon da hatte er nicht geglaubt, dass sich der hitzköpfige König unterordnen würde. König Heinrich hasste Kirchenfürsten, die ihre Macht demonstrierten. Als Knabe hatte er Bischof Anno verachtet, der ihn seiner Mutter entrissen hatte. Hugo schüttelte versonnen den Kopf. Er konnte den Hass des Königs auf Kirchenmänner sogar ein wenig verstehen, auch wenn man den vor drei Jahren verstorbenen Bischof Anno von Köln keineswegs mit Papst Gregor vergleichen konnte. Der König machte diesen Unterschied wohl nicht. Hugo glaubte noch immer daran, dass der König ein ebenso guter und gottesfürchtiger Herrscher sei, wie sein Vater, Heinrich III., auch wenn vieles dagegen sprach. Hugos Rat war es zu verdanken, dass der Papst Heinrich in Canossa erhört hatte. Doch nun wendete sich der König abermals gegen den Heiligen Vater. Es wird immer schwieriger, dachte er.
Die Tür zur großen Audienzhalle öffnete sich und Papst Gregor schritt herein. Hugo ging auf die Knie und küsste den Ring des Papstes.
»Erhebt Euch, Hugo von Cluny!«, sagte der Papst und befahl mit einer Handbewegung den Kardinälen, Bischöfen und Dienern, die hinter ihm die Audienzhalle betreten hatten, sich zu entfernen. Der Papst wollte also mit ihm allein sprechen. Hugos Neugier wuchs.
»Eure Heiligkeit, Ihr habt mich rufen lassen. Nun, hier bin ich!«.
Der sonst so strenge Blick des hageren Papstes verwandelte sich in ein Lächeln. »Hugo, wir können das Förmliche weglassen. Wir beide sind ganz allein.«
»Du bist Gottes Stellvertreter auf Erden. Es widerstrebt mir, dich Hildebrand zu nennen«, sagte der Abt.
Der Papst lächelte ihn an und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ich verstehe, doch wir beide kennen uns schon seit so langer Zeit. Bitte setz dich. Ich habe etwas Wichtiges mit dir zu besprechen.«
Hugo setzte sich dem Papst gegenüber und sah diesen forschend an. »Ich glaube, ich weiß, warum du mich hast rufen lassen.»
Der Papst hob die Augenbrauen. »Das denke ich mir. Dir bleibt nichts verborgen, was bei den Mächtigen geschieht!«
»Es geht um König Heinrich und Rudolf von Rheinfelden«, bemerkte Hugo.
Der Papst nickte. »Es ist schwierig für mich, eine Entscheidung zu treffen.«
»Warum? König Heinrich ist der von Gott gesalbte und gewollte König des Reiches.«
Papst Gregor schüttelte den Kopf.
Hugo überlegte, wie weit er sich in diesen Streit einmischen sollte. In erster Linie lag ihm daran, die Reformen der Kirche, die in den letzten Jahren maßgeblich von seinem Kloster ausgingen, weiter voranzutreiben. Erst recht hatte er kein Interesse daran, den Konflikt weiter eskalieren zu lassen, doch das wurde allem Anschein nach immer schwieriger. »Du bist Gottes Stellvertreter auf Erden. Ich weiß, dass du so handelst, wie Gott unser Herr es will. Deswegen kannst du Rudolf von Rheinfelden als Gegenkönig nicht bestätigen. Es wäre nicht recht. Es ist nicht das, was Gott gefällt!«
Papst Gregor hob beschwichtigend den Arm. »Du kennst mich und weißt, dass ich Gottes Gebote achte und versuche, nach seinem Willen zu handeln. Auch wenn das zu Streit und Unstimmigkeiten mit den Herrschern dieser Welt führt, die manchmal an nichts anderes als ihr Reich und ihren irdischen Besitz denken. Es sind schwierige Zeiten für die Kirche.« Der Heilige Vater machte eine kurze Pause und atmete tief ein. »Es ist etwas geschehen, das mich an König Heinrich weiter zweifeln lässt. Ich glaube, dass Gott, der Herr, uns ein Zeichen gesandt hat.«
Hugo konnte sein Erstaunen nicht verbergen. »Was meinst du?«
Gregor schaute ihn ernst an. »Rudolf von Rheinfelden behauptet, er sei im Besitz der Heiligen Lanze.«
Hugo atmete tief durch. »Ja, ich hörte von meinen Mitbrüdern in Cluny so eine Geschichte, aber es scheint mir schwer möglich. Die heiligste aller Reliquien ist im Besitz von König Heinrich.«
Der Papst lächelte gequält. »Bisher ging auch der Stuhl Petri davon aus, die Heilige Lanze befinde sich im Reichskreuz zu Speyer beim deutschen König.«
Hugo stieß ein hastiges Lachen aus. »Beim Allmächtigen, Gregor. Rheinfelden will die Krone. Er hat eine Fälschung anfertigen lassen, also, was
Weitere Kostenlose Bücher