Die Lanze Gottes (German Edition)
gegenüberstehen.
Janus fröstelte, der Januar neigte sich dem Ende zu und es schneite. Er trat in das Bauernhaus, in dem die Besprechung der Fürsten stattfand. Das Feuer, das in der Mitte des Hauses brannte, spendete willkommene Wärme. Janus blickte sich um. Herzog Vratislav von Böhmen war ebenfalls zugegen. Ein kleiner dunkelhaariger, drahtig wirkender Mann. Der Herzog bat um das Wort.
»Einer meiner Spione hat von einem Gerücht berichtet, welches schon bei den Soldaten die Runde macht. Die Männer sagen, Rudolf von Rheinfelden besitze die echte Heilige Lanze und die Reliquie des Königs sei eine Fälschung. Man trug mir außerdem zu, der Papst lehne Heinrich nun gänzlich ab. Man munkelt, dass der Heilige Vater sich mit dem Gedanken trägt, Rheinfelden als König anzuerkennen.«
»Das ist nichts Neues. Wir wissen alle, dass der Papst König Heinrich nicht besonders wohl gesonnen ist«, sagte Hermann missmutig.
Herzog Vratislav ließ sich nicht beirren. »Letzten Endes ist es
gleichgültig, ob die Geschichte mit dieser angeblichen Lanze wahr oder falsch ist, aber viele unserer Männer glauben, dass sie stimmt, und deshalb bin ich in Sorge.«
Janus blickte auf Hermann, und obwohl der es besser wissen musste, winkte er ab. »Die Männer sind immer nervös vor einer solchen Schlacht!«
Vratislav runzelte die Stirn. »Ihr wisst so gut wie ich, dass der Glaube der Männer schon manche Schlacht entschieden hat, Graf von Gleiberg.«
»Was schlagt Ihr also vor?« Hermann gab seiner Stimme einen scheinbar gleichgültigen Klang.
Der Herzog lächelte triumphierend. »Angeblich trägt Rudolf von Rheinfelden in der morgigen Schlacht eine goldene Lanze, so wird es unter den Männern erzählt. Der Schwabenherzog hält sich für klug, doch wir werden ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen.«
Herzog Vratislav nickte einem seiner Ritter zu und der verließ das Bauernhaus. Wenige Augenblicke später kehrte er mit einer goldenen Lanze zurück. Vratislav hielt sie in die Höhe. »Ich habe sie anfertigen lassen und das Gerücht verbreitet, wir hätten sie Rudolf von Rheinfelden entrissen. Ich werde die Lanze in der morgigen Schlacht tragen.«
»Ihr wollt unsere Männer täuschen?«, fragte Hermann entsetzt.
Der Herzog grinste ihn an. »Graf von Gleiberg, Ihr seid doch gemeinhin als ein guter Taktierer bekannt, und Eure Erfahrung im Krieg hat Euch sicherlich gelehrt, dass die Moral der Männer wichtig für den Sieg ist. Wir wissen doch alle, dass die echte Heilige Lanze im Dom zu Speyer liegt und unserem König Heinrich zueigen ist.«
Janus klopfte das Herz bis zum Hals und der Schweiß brach ihm aus. Es stimmte, alle Männer in diesem Raum, abgesehen von Hermann und ihm, gingen davon aus. Er jedoch wusste es besser und bekam plötzlich Furcht vor Gott. Was, wenn er sie für diesen Frevel bestrafen würde? Sollte er die Wahrheit sagen? Er wusste doch, dass Rudolf die echte Lanze besaß. Irgendetwas musste er unternehmen, daher meldete sich Janus zu Wort und wandte sich direkt an den böhmischen Herzog. »Was ist, wenn Rheinfelden die Wahrheit spricht und er im Besitz der Heiligen Lanze ist?«
Vratislav schaute ihn verständnislos an und schüttelte den Kopf. »Rheinfelden ist ein Lügner, nichts weiter. Es ist gottgefällig, seine Gegner mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Rudolf mag mit dem Papst verhandeln, was er will. Wichtig ist, was unsere und seine Männer glauben. Ich habe mit dem König gesprochen und ihm die Lage erklärt, er hält von diesen ganzen Gerüchten um die Heilige Lanze nicht besonders viel und schenkt ihnen keinen Glauben. Er ist mit mir einer Meinung.«
»Habt Ihr nicht Furcht, Ihr zieht dadurch den Zorn Gottes auf Euch?«, fragte Hermann, dem die Sache nun ebenfalls unheimlich zu werden schien.
Janus kannte seinen Schwiegervater. Seine Königstreue ging weit, größer jedoch war seine Gottesfürchtigkeit. Doch auch Hermann brachte die Wahrheit nicht auf den Tisch. So war es entschieden und die Fürsten verließen das Haus. Janus blieb mit Hermann zurück, um allein mit ihm zu sprechen. »Glaubst du, Rudolf trägt morgen im Kampf tatsächlich die Heilige Lanze?«
Hermann winkte verächtlich ab. »Nein, so dumm wird er nicht sein. Er hat die Reliquie sicher verwahrt. Glaube mir, Janus, Rudolf ist ein gottesfürchtiger Mann und er weiß ganz genau, was sich da in seinem Besitz befindet, schließlich hat er lange genug gebraucht, sie zu bekommen. Ich bin sicher, das Einzige, was an der ganzen
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