Die Lanze Gottes (German Edition)
schüttelte den Kopf. »Ich dachte es sei am besten, wenn du es ihm sagst.«
»Ja, das scheint mir auch so. Und was ist mit dir? Warum bist du nicht mitgegangen?«
Notgar atmete tief ein und seufzte. »Nun, ich will ehrlich zu dir sein, Janus. Ich kenne Otto von Northeim, wie du weißt. Ich gebe zu, die Versuchung mit Johannes zu reiten war groß, doch Gleiberg ist mein Zuhause geworden. Hermann und du, ihr seid mir teuer. Ich konnte nicht mit. Obwohl ich gestehen muss, dass ich nicht besonders gerne für König Heinrich in den Krieg ziehe.« Eigentlich konnte Janus Notgar sogar verstehen, denn auch er fand, dass der heraufziehende Krieg keiner Seite diente. Er würde nur unzählige Todesopfer fordern. Letzten Endes spielte es für Janus keine Rolle, wer im Reich die Krone besaß. Er konnte nicht behaupten, dass er für König Heinrich besondere Zuneigung empfand. Einen Großteil seines Lebens hatte er auf der Straße verbracht, und er vertrat die Überzeugung, ein Menschenleben sei ein Menschenleben, gleichgültig ob Bauer, Spielmann oder König. Diese Meinung führte ohnehin immer wieder zu Konflikten mit seinesgleichen, denn selbstverständlich war das nicht die standesgemäße Einstellung eines Adeligen. Lohnte es sich wirklich, für diesen König ein weiteres Mal in die Schlacht zu ziehen? War er es wert? Er dachte an Johannes, der ihm mehrfach das Leben gerettet hatte, schon als kleiner Junge, als er ihn über den Geheimgang aus der Eskeburg hinausbrachte. Johannes hatte sich jahrelang um Konstanze gekümmert, sie sah in ihm fast eine Art Vater. Janus konnte zwar verstehen, dass Johannes´ Herz für Sachsen schlug und dass er dem König nicht gerade zugetan war, doch das gab ihm nicht das Recht, all seine Freunde zu verraten.
Noch in derselben Nacht berichtete er Hermann davon und sah den mächtigen Grafen von Gleiberg niedergeschlagen wie nie zuvor. Der Verrat an seinem Halbbruder Hermann wog um ein Vielfaches schwerer, als der an Janus.
Am nächsten Tag brachen sie zum Heer des Königs auf. Janus verabschiedete sich von Adela und küsste seine Kinder zum Abschied auf die Stirn.
Als sie sich in der Ebene unterhalb von Gleiberg befanden, drehte er sich noch einmal im Sattel um. In der Morgendämmerung erschien die Burg so vertraut. Adela würde hinter ihren Mauern jeden Augenblick um ihn bangen. Ob er jemals zurückkehren würde, das wusste Gott allein, und das alles wegen der Eitelkeit und Machtbesessenheit zweier Männer, dachte Janus bitter.
Hermann schwieg fast die ganze Reise. In Gedanken versunken saß er auf seinem Pferd und überließ es Janus, die Befehle an die Männer zu erteilen. Das änderte sich erst, als sie beim Heer des Königs eintrafen. Dort schien er wieder der Alte zu sein. Er war bei seinem König. Das war sein Leben. Manchmal lag Janus nachts lange wach und überlegte, einfach davonzureiten, zurück zu Adela und seinen Kindern. Nicht aus Feigheit, er hatte keine Furcht vor dem Tod, der sein ganzes Leben lang ein Begleiter gewesen war, es war die Sinnlosigkeit dieses Krieges, die er kaum ertragen konnte. Er dachte wieder an Uhlmann. Der Spielmann hätte es getan, wäre fortgeritten an seiner Stelle, er hätte sich nicht geopfert. Er war frei.
Das Heer Heinrichs wuchs in den folgenden Monaten beständig an. Aber auch Rudolf von Rheinfelden vergrößerte seine Armee stetig. Und so kam es in der Folgezeit immer wieder zu kleinen militärischen Auseinandersetzungen zwischen ihnen und unterschiedlichen Rittern, die auf Rudolfs Seite kämpften.
Im März des Jahres 1078 wendeten sie sich gegen die Formbacher in Bayern. Der Feldzug lief erfolgreich und Janus war wieder einmal froh, mit dem Leben davon gekommen zu sein. Die Formbacher hatten dem riesigen Heer Heinrichs nichts entgegenzusetzen. Und Rudolf von Rheinfelden konnte ihnen nicht zu Hilfe zu kommen.
Auf jeder römischen Fastensynode wurde ein Vertreter der zwei Parteien eingeladen, um die Standpunkte zu erläutern. Die königlichen Vertreter versuchten eine Exkommunikation Rudolfs zu erreichen, ohne Erfolg. Immer wenn die Verhandlungsführer zurück zum Hofe kamen, konnte Janus beobachten, wie Hermanns Verbitterung zunahm. Der Papst hatte sich längst entschieden, auch wenn er mit seiner Entscheidung immer noch hinter dem Berg hielt, dachte Janus. Während die gegenseitigen Schuldzuweisungen auf den Fastensynoden weitergingen und der Papst sich neutral verhielt, drohte im August die Vereinigung der Heere aus Sachsen und denen der
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