Die Lanze Gottes (German Edition)
kroch hinüber zu dem Priester und fühlte seinen Hals, dann nickte sie ihr zu. Konstanze hatte gerade einen Menschen getötet, das wurde ihr plötzlich bewusst. Doch was hätte sie tun können? Dieser Mann wollte Asbirg
umbringen. Nach einer Weile bemerkte sie, wie Asbirg sie in die Arme schloss, ihr sanft über den Kopf strich.
»Es ist gut Kind. Es ist alles gut. Hab keine Furcht. Wir werden ihn im Wald verscharren. Niemand weiß, dass er bei uns war. Wir müssen nur schweigen.«
»Stimmt es, was der Dorfpriester gesagt hat? Wollte mein Vater diese Heilige Lanze der Christen vernichten?«
Asbirg schüttelte den Kopf. »Ganz bestimmt nicht, mein Kind. Dein Vater glaubte an seinen Christengott. Das hätte er niemals getan.«
XVI
Hermann und Janus gingen zum Zelt des Gleiberger Grafen, wo dessen Gefolge schon auf ihn wartete. Er führte Janus hinein und wies seine Dienerschaft an, alles zusammenzupacken, da sie morgen früh aufbrechen würden. Janus beobachtete ihn. Hermann hatte sich fast nicht verändert. Er war immer noch der große hagere Mann, gegen den er als Kind mit seinem Holzschwert gekämpft hatte. Verwundert saß Janus nach Jahren vor dem besten Freund seines Vaters und fragte sich, welch merkwürdiges Spiel Gott mit ihm spielte. Doch vielleicht spielte er gar nicht. Vielleicht meinte es Gott bitterernst und verfolgte einen Plan und Janus war eines seiner Werkzeuge.
Seine Gedanken wurden unterbrochen, als zwei Diener das Zelt betraten und Hermanns Wunden versorgten. Als sie ihr Werk beendet hatten, verschwanden sie wieder. Hermann stand auf, trat zum Tisch und goss sich einen Becher Wein ein, er blickte Janus an und schüttelte ungläubig den Kopf.
»Mein Gott Junge, du bist ein Mann geworden. Fast hätte ich dich nicht wiedererkannt.« Er musterte ihn von oben bis unten. »Du siehst tatsächlich aus wie dein Vater, bist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten.« Dann ließ er sich auf einem Schemel nieder, griff zum Weinschlauch und füllte Janus einen Becher. »Setz dich, Junge.«
Janus nahm ihm gegenüber Platz, griff nach dem Wein und sie stießen an. »Erzähle, Janus! Wie ist es dir ergangen? Johannes und ich haben dich im ganzen Reich gesucht. Ohne Erfolg. Was ist damals geschehen und wo warst du all die Jahre? Niemand hat für möglich gehalten, dass du noch lebst.«
Janus berichtete Hermann ausführlich über die Geschehnisse. Der hörte ihm erstaunt zu. »Und wie in Gottes Namen kommst du nach Kaiserswerth?«
Janus goss sich noch etwas Wein ein. So einen herrlichen Tropfen hatte er noch nie gekostet. Er nahm einen großen Schluck. »Als ich mich von Uhlmann trennte, zog ich einige Zeit durch die Lande. Spielte mal hier und mal da, schloss mich den unterschiedlichsten Gruppen an und traf schließlich auf zwei Vaganten, mit denen ich mich die letzten Wochen herumtrieb. Die beiden erzählten mir von Kaiserswerth. Der junge König und seine Mutter seien zu Gast und viele wichtige Fürsten des Reiches. Es würde ein großer Markt stattfinden und es gäbe sicher viel für uns zu tun.«
Hermann blickte zu Boden und Janus meinte, Trauer in seinem Gesicht zu sehen. »Wenn du ein paar Augenblicke später gekommen wärst, würden wir jetzt nicht hier sitzen und reden«, murmelte er.
Janus zog nachdenklich die Stirn in Falten. »Das mag sein.«
»Sei´s drum«, Hermanns Gesichtszüge erhellten sich wieder. »Gott hat es so gefügt und ich bin glücklich dich zu sehen, Janus. Ich reise morgen nach Gleiberg und möchte, dass du mich begleitest.«
Janus widersprach nicht, er musste an die vielen einsamen Nächte als Novize im Kloster denken. Wie oft hatte er davon geträumt, nach Gleiberg zu gehen. Als Page war er wohl ein bisschen zu alt, aber
vielleicht hatte Hermann eine andere Aufgabe für ihn. In Kaiserswerth gab es nichts, was ihn hielt. Seine Begleiter bedeuteten ihm kaum etwas. Sie waren nicht vergleichbar mit der Gruppe um Uhlmann. Und das harte Leben auf der Straße würde Janus sicher nicht vermissen.
Am nächsten Morgen brachen sie auf. Janus bekam einen Zelter, auf dem er sich mehr schlecht als recht halten konnte. Er hatte in den letzten Jahren vieles gelernt: Überleben, Messerwerfen und Sackpfeife spielen, die Huoras zu beschützen, seine Gefährten unter den Tisch zu trinken und notfalls auch einmal Gewalt anzuwenden. Das Reiten jedoch gehörte nicht zu den Dingen, die er besonders gut beherrschte. Es war Jahre her, dass Janus zum letzten Mal auf einem Pferd gesessen hatte.
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