Die Lanze Gottes (German Edition)
setzt Euch wieder. Besonnenheit ist die Tugend der Erfolgreichen. Wir sollten den Kopf nicht verlieren. Langsam fügen sich die Steine zu einer wahrlich großen Mauer zusammen. Außerdem bin ich noch nicht fertig. Der Kodex scheint etwas sehr Gefährliches zu beschreiben und es deckt sich mit Euren Schilderungen.
Rudolf hob seine Stimme an: »Niemals darf dieser Kodex in die falschen Hände gelangen!«
»Es ist also die Wahrheit. Die Heilige Lanze, die ich erst vor einer Woche nach Köln habe bringen lassen, ist eine Fälschung. Sie ist nichts wert. Und Eure Bruderschaft hütet dieses Geheimnis seit ewigen Zeiten. Nun, es wäre ein Leichtes für mich, den Papst hierüber in Kenntnis zu setzen. Aber ich bin der Ansicht, das wäre nicht klug.«
»Was schlagt Ihr also vor?«
»Adam von Bremen wird zusammen mit Janus von Esken nach Dänemark aufbrechen. Sie werden am Hofe des Königs Sven Estridsson erwartet. Das kann nur eines bedeuten: Sie suchen die Heilige Lanze. Der Kodex allein reicht dem Bremer Bischof nicht als Beweis. Adalbert von Bremen könnte den Schwindel zwar auffliegen lassen, doch er würde alleine dastehen und außer einem Spielmann und einem Mönch hätte er kaum Zeugen. Ich würde am Hofe sofort argumentieren, der Kodex sei eine Fälschung. Das weiß Bischof Adalbert. Wenn allerdings die echte Heilige Lanze noch existieren sollte, und es Janus von Esken und Adam von Bremen gelingt, sie zu finden, die beiden darüber hinaus sogar noch Zeugen beibringen könnten, die die Behauptungen des Kodex stützen, dürfte die Mauritiusbruderschaft dem Untergang geweiht sein. Die Macht von Bischof Adalbert würde ungleich größer werden. Der Papst würde sich hinter ihn stellen und mit ihm die gesamte Kirche. Ich würde meine Macht verlieren und der Einfluss von Bischof Adalbert auf den König ins Unermessliche wachsen. Es muss verhindert werden, dass es diesem Mönch aus Bremen und dem Spielmann gelingt, die wahre Heilige Lanze finden. Wenn ihr Unternehmen von Erfolg gekrönt sein sollte, rollt Euer Kopf, Rheinfelden, und mit Eurem die Köpfe der gesamten Bruderschaft des Heiligen Mauritius, und am Ende auch der meine. Ihr seht also, ich habe zwei Möglichkeiten: Entweder ich mache gemeinsame Sache mit einem meiner größten Widersacher, Bischof Adalbert von Bremen, oder aber wir beide schließen einen Pakt. Da Ihr hier sitzt und mir euer Geheimnis anvertraut habt, wenn auch in der Beichte, wisst Ihr, welche Entscheidung ich getroffen habe. Und nun will ich von Euch wissen, Herzog von Schwaben, auf wessen Seite steht Ihr im Spiel der Macht?«
Rheinfelden stand auf, verbeugte sich. »Auf der Euren, Eminenz. Seid unbesorgt, ich werde zu verhindern wissen, dass der Sohn meines größten Feindes die Zukunft des Reiches zerstört.« Er verneigte sich vor Anno und verließ die Halle.
Als er die Tür hinter sich ins Schloss fallen hörte, ging der Bischof zurück zum Kamin. Er streckte seine Hände aus und wärmte sie am Feuer. Es war mehr ein symbolischer Akt, denn er fröstelte nicht mehr. Er starrte in die Flammen und murmelte: »Das hoffe ich für Euch, Rudolf von Rheinfelden, und für mich!«
XX
Janus wusste nicht, wie Adam es geschafft hatte, in so kurzer Zeit alles vorzubereiten. Nur wenige Tage später machten sie sich auf den Weg zum Hafen. Dort erwartete sie ein Schiff, dass sie nach Dänemark bringen sollte.
Wie jedermann kannte Janus natürlich die Geschichten, die man sich über die Nordmänner erzählte. Wahre Wunderdinge berichtete man sich von diesen Seefahrern. Es wurde erzählt, einige Wikingerschiffe hätten gar Byzanz erreicht. Die meisten von ihnen betätigten sich jedoch als Händler oder Söldner in den Diensten der Großen und Mächtigen dieser Welt, denn ihr Mut wurde überall gerühmt.
Als sie den Hafen erreichten, ging Adam gleich auf ein langes Schiff zu. Es trug ein großes weißes Segel und beide Seiten zierten Rundschilde von Kriegern. Das Schiff unterschied sich in Größe und Form erheblich von den Fischerbooten, die hier noch im Hafen lagen. Adam wurde von einem langhaarigen Nordmann begrüßt. Der Mann erschien Janus nicht besonders vertrauenerweckend und seine Besatzung noch weniger. Adam jedoch erklärte, es handle sich um Händler auf dem Weg nach Norwegen. Er kenne einige von ihnen und Janus solle sich nicht unnötig sorgen.
Janus wurde klar, dass Adam seine Reise in den Norden offenkundig von langer Hand vorbereitet hatte. Und die Herzlichkeit, mit welcher der große
Weitere Kostenlose Bücher