Die Lanze Gottes (German Edition)
uns geschickt! Daher werde ich ab heute Eure Pflege übernehmen und von nun an, statt der Herrin, kommen«, raunzte die Magd und kniff ihre Augen leicht zusammen.
Valda war von kleinem Wuchs, sehr üppig gebaut und in ihrer Jugend sicherlich ein anziehendes Weib gewesen. Sie stemmte ihre Hände in die Hüften, wobei sie ihn forschend ansah.
»Ich glaube, es geht mir schon etwas besser«, murmelte Janus und zog sein Gewand über den Kopf.
Valda grinste und verließ kopfschüttelnd das Gemach. »Das dachte ich mir!«
Janus zog sich an, verließ die Kammer und stieg vorsichtig ein paar Stufen hinab ins Freie. Draußen angekommen, blinzelte er in das Sonnenlicht und sah die Gleiburg zum ersten Mal in ihrer ganzen Pracht. Die Vögel sangen und er genoss die Sonnenstrahlen auf seiner Haut. Die Luft war warm und er atmete tief ein. Etwas weiter unten bei den Pferden konnte er Johannes ausmachen. Als er vor ihm stand, lachte der Ältere ihn an und legte die Hand auf seine Schulter. »Da hat Adela ja doch recht gehabt!«
»Wie meinst du das?«
»Nun, die junge Gräfin war der Ansicht, dass ihre Pflege dich womöglich davon abhält, aufzustehen, um in die Welt zu treten. Daher hat sie Valda zu dir geschickt. Und wie ich sehe, hat die alte Magd wahre Wunderdinge bewirkt. Janus von Esken ist geheilt!«, lachte Johannes.
»Es war wohl vielmehr die nackte Furcht vor der Fürsorge der liebreizenden Magd, die mich veranlasste, mein Schlaflager zu verlassen.«
»Ja, Valda kann mit ihrer Freundlichkeit Berge versetzen. Aber sie ist eine gute Seele, wie du noch feststellen wirst, und Adelas Glück liegt ihr besonders am Herzen.« Johannes musterte ihn eingehend. »Beim Allmächtigen, Janus, du hast dich verändert.«
»Du siehst immer noch so aus wie früher, Johannes. Das Alter kann dir anscheinend nichts anhaben.«
»Du schmeichelst mir«, antwortete der Stallmeister, der die vierzig Jahre mittlerweile überschritten haben musste.
Janus schaute sich um. »Valda hat gesagt, Adela sei nicht da?«
»Nun, da hat sie gelogen, sie befindet sich im Garten der Burg.«
»Aha, und wo ist der Burggarten?« fragte Janus gereizt. Offenkundig schien jeder auf der Burg seine Gefühle für Adela zu durchschauen.
Johannes grinste, dann deutete er mit dem Finger nach oben. »Hinter der Motte führt der Weg in den Garten, kannst ihn gar nicht verfehlen.«
Janus nickte und erklomm die Stufen, die auf ihrem höchsten Punkt gleich wieder nach unten führten. Durch einen steinernen Torbogen am Ende der Treppe strahlte Sonnenlicht. Janus trat in das Licht. Es erstaunte ihn, wie weit man von hier aus über die untere Brustwehr in den Horizont sehen konnte. Er genoss diesen Ausblick, dann erblickte er eine weitere Treppe, die nach unten in den Garten der Burg führte. Er stieg sie hinab.
Adela saß neben ihrem Vater auf einer Bank. Hermann bemerkte ihn als erster. »Du bist wieder unter den Lebenden?«
Janus nickte. »Es geht mir besser.«
»Das ist sehr gut, denn wir haben viel zu besprechen. Heute Abend werde ich dir alles erzählen. Doch jetzt verzeiht bitte. Die Arbeit ruft. Adela kann dir die Burg zeigen.« Hermann verließ den Burggarten und ließ Janus mit Adela allein. Sie lächelte ihn an. »Graf von Esken, es freut mich zu sehen, wie gut es Euch heute geht.« Dabei strich sie eine Haarlocke aus ihrem Gesicht.
»Dank der guten Pflege.«
»Ja, Valda vermag Dinge zu bewirken, zu denen ich wohl nicht in der Lage war!«
»Es tut mir leid! Ich wollte Eure Gastfreundschaft nicht ausnutzen«, brummte Janus.
Adela lachte. »Das habt Ihr nicht, und jetzt zieht nicht so ein Gesicht.« Sie nahm ihn bei der Hand und zog ihn hinter sich her. Janus stieg mit ihr eine Leiter hoch zur Brustwehr. Oben angelangt, blickten sie beide in die Ferne.
Der Wind spielte mit ihrem Schleier und ihrem Haar, und als Janus sie von der Seite ansah und ihren verträumten Blick beobachtete, der Richtung Horizont schweifte, wurde ihm klar, dass er sie liebte. Er wusste nicht, warum. Es hatte nichts mit Vernunft zu tun. Dieses Gefühl überwältigte ihn, er kannte es nicht.
Es hatte immer wieder Frauen gegeben, die ihn stark angezogen hatten, doch dieses Mal war es anders, etwas Unbekanntes, Geheimnisvolles und etwas sehr Schönes. Janus versuchte, sich seine Gefühle und Gedanken zu verbieten. Adela von Gleiberg war sicherlich längst einem jungen, fränkischen Adeligen mit viel Geld
versprochen. Aufgrund ihrer Schönheit würde es, falls Hermann nicht längst
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